Wirtschaft

So wirkt sich die Corona-Pandemie auf die deutsche Gründerszene aus

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Die Corona-Pandemie hat die deutsche Start-up-Szene schwer getroffen. (Foto: Pixabay.com / cromaconceptovisual)
geschrieben von Carsten Lexa

Der achte „Deutsche Startup Monitor“ steht unter den besonderen Zeichen der Corona-Pandemie. Wie wirkt sich die Krise auf die wirtschaftliche, politische und persönliche Entwicklung der Start-ups aus? Diese und weitere Fragen klären wir.

Der achte „Deutsche Startup Monitor“ (DSM) des Bundesverband Deutsche Startups e.V. ist erschienen. Wie derzeit fast alles steht auch er unter dem Zeichen der Corona-Pandemie.

Corona beeinflusst die befragten Start-ups stark, auch wenn diese sich, wie Christian Miele, Präsident des Bundesverbandes im Vorwort des DSM schreibt, „mit aller Kraft“ den Auswirkungen der Corona-Krise entgegenstellen. Welche Erkenntnisse der DSM 2020 bringt, das fassen wir nachfolgend zusammen.


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Mehrheitlich Verlierer, einige Gewinner und dennoch Grundoptimismus

Zuerst sei gesagt: So viele Start-ups wie nie zuvor sind in diesem Jahr in den DSM eingearbeitet. In Zahlen ausgedrückt: 1.946 Start-ups, mit 4.745 Gründern und Gründerinnen sowie 25.966 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Die Corona-Pandemie ist für die Mehrheit der befragten Start-ups spürbar. Rund 75 Prozent der befragten Start-ups spüren negative Auswirkungen der Pandemie.

In der Tourismusbranche lag die Zahl sogar bei nicht verwunderlichen 91,7 Prozent, in der Medien- und Kreativwirtschaft bei rund 85 Prozent und im Bereich Human Resources ebenfalls bei 85 Prozent.

Insbesondere diese Branchen mussten mit hoher Flexibilität auf die Pandemie reagieren. Sie nutzten die Zeit zur Produktentwicklung (56,2 Prozent) oder passten ihre Produkte der gegebenen Situation an.

Zusätzlich agierten sie mit einem straffen Sparplan und verschoben bereits geplante Investitionen (50 Prozent). Fast keines der befragten Start-ups allerdings will Personal entlassen (11,4 Prozent).

Doch es gibt auch Gewinner. Hierzu zählen Branchen, die von der Notwendigkeit profitieren, dass Menschen nun von zu Hause aus arbeiten und einkaufen. Ebenso gibt es Profiteure der Online-Konferenzen und digitalen Veranstaltungen.

Dazu gehören insbesondere alle Branchen, die mit Online-Netzwerken, E-Commerce oder Online-Plattformen zusammenhängen.

Dennoch blicken auch die negativ betroffenen Start-ups insgesamt positiv in die Zukunft. Das unterscheidet sie von etablierten Unternehmen und liegt, so der DSM, an der Start-up-Mentalität. Denn vom Ansatz her sind Start-ups Problemlöser.

Sie lassen sich von überraschend auftauchenden Problemen nicht so leicht aus der Bahn werfen. Für Start-ups ist grundsätzlich fast alles neu. Es gibt noch keine Routine. Hinzu kommt, dass ohne einen stark ausgeprägten Grundoptimismus kein Gründer wohl die Unternehmensgründung jemals gewagt hätte.

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Finanzierungen

Auch im Rahmen der Finanzierungsmöglichkeiten ergaben sich durch Corona Auswirkungen. Die durch Umsatz-Einbußen verursachten schlechteren Bilanzzahlen der befragten Start-ups hielten externe Kapitalgeber in vielen Fällen von Investitionen ab.

Nach dem DSM sind die Wagniskapitalinvestitionen im ersten Halbjahr 2020 um 20 Prozent zurückgegangen. Weiter steht im DSM, dass insbesondere befragte Business Angels weniger Erstinvestments tätigen wollen.

Zufriedenheit der Start-ups mit den getroffenen politischen Maßnahmen

Aus dem DSM ergibt sich, dass die allgemein ergriffenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen in Zusammenhang mit der Corona-Krise von den befragten Start-ups mit der Note 2,7 bewertet wurden.

Es herrscht also durchaus Zustimmung und eine gewisse Zufriedenheit. Ähnlich wurde die Geschwindigkeit, mit der die unterstützenden Maßnahmen ergriffen wurden, mit der Note 2,9 bewertet.

Schlechter, nämlich mit der Note 3,7, wurden die speziell auf Start-ups bezogenen Maßnahmen bewertet. Dies liegt wohl daran, dass sich die Auswirkungen der Start-up-Hilfsprogramme erst zeigten, nachdem die Maßnahmen allgemeinwirtschaftlicher Art eine positive Wirkung entfaltet hatten.

Ein Wirkungsvorlauf war also notwendig. Darüber hinaus standen auch teilweise die auf Start-ups spezialisierten Hilfsprogramme zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht zur Verfügung.

Wünsche der Start-ups an die Politik

Es verwundert nicht, dass sich fast die Hälfte aller Start-ups (49,6 Prozent) eine Vereinfachung der Verwaltungsdienstleistungen wünschen. Rund 40 Prozent verlangen den Ausbau von staatlichen Venture-Capital-Finanzierungsangeboten. Beispiele sind die Programme des HTGF, Zukunftsfonds und KfW Capital.

Rund 28 Prozent verlangen die Schaffung von Investitionsangeboten für Privatanleger in Start-ups. Hier besteht somit ein deutlicher Wunsch nach einer breiteren Palette sowohl an staatlichen Finanz-Unterstützungsprogrammen, wie auch nach Erleichterungen von finanzieller Unterstützung durch Privatpersonen.

Dieser Wunsch ist nachvollziehbar, mangelt es doch gerade in der Startphase bei vielen Start-ups an finanziellen Mitteln.

Darüber hinaus stehen oben auf der Wunschliste der befragten Start-ups der schnellere Ausbau des Gigabit-Netzes (Breitband und 5G), was fast ein Viertel der Befragten nennen.

Aber auch die Reduzierung von Steuern nennen rund 29 Prozent sowie die Auflegung von Programmen zum Austausch zwischen etablierter Wirtschaft und Start-ups seitens des Staates. Das wünschen sich ebenfalls 29 Prozent.

Wahlverhalten

Interessant ist das Ansehen der Parteien bei den befragten Start-ups. Bündnis 90 / Die Grünen sind immer noch die Partei, die Start-ups am häufigsten wählen würden. Die Partei hat aber an Zustimmung verloren. Ihr Wert fiel von 43,6 Prozent (2019) auf 37,0 Prozent im aktuellen DSM.

Der Wert der CDU/CSU hat sich mehr als verdoppelt – von 11,7 Prozent (2019) auf 28,1 Prozent.

Die vorgenannten Zahlen könnten daher kommen, dass in Krisensituationen wie der Corona-Pandemie das Vertrauen in deren Bewältigung eher bei konservativ-etablierten Parteien gesehen wird, die schon über einen längeren Zeitraum mit wirtschaftlicher Stabilität und Expertise punkten konnten.

Nichtsdestotrotz spielen ökologische Gesichtspunkte bei Start-ups weiterhin eine große Rolle.

Internationalität

Start-ups denken immer öfter international – sowohl bei der Zusammensetzung ihrer Mitarbeiter als auch bei der Sprache am Arbeitsplatz. Bei jedem dritten Start-up (30,3 Prozent) wird Englisch als „Bürosprache“ gesprochen. Das gilt insbesondere in Berlin und München.

Dies spiegelt die Tatsache wider, dass innerhalb von Start-ups oft viele unterschiedliche Nationalitäten zusammenarbeiten. Der DSM hat ergeben, dass über 20 Prozent der Gründerinnen und Gründer einen Migrationshintergrund haben und zu 26 Prozent ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen.

Schaffung von Arbeitsplätzen

Weiter angestiegen – zumindest bis zum Zeitpunkt der Befragung – ist die Zahl der Arbeitsplätze, die durch Start-ups generiert werden. 14,3 Personen werden im Durchschnitt bei einem der befragten Start-ups beschäftigt. Im Vorjahr lag diese Zahl bei 13,3.

Anteil der Gründerinnen

Frauen als Gründerinnen sind nach wie vor mit rund 16 Prozent unterrepräsentiert, auch wenn ihre Zahlen stetig ansteigen.

Gesa Miczaika, Co-Founder von Auxxo und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Start-up-Verbands äußerte sich im DSM insoweit, dass sich hieran „schleunigst etwas ändern“ muss und dass insbesondere „Vorbilder sichtbarer gemacht werden müssten.“

In ihrem Grußwort zum DSM 2020 bringt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Ausdruck, dass sie sich eine höhere Zahl von Gründerinnen wünscht. Die Bundesregierung hat hier die Initiative „Frauen unternehmen“ aufgelegt und möchte damit „in jungen Frauen den Gründergeist wecken.“

Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit

Für zwei Drittel der befragten Start-ups übt die Digitalisierung einen sehr großen Einfluss auf ihr Geschäftsmodell aus. Knapp 43 Prozent sehen diesen großen Einfluss auf ihr Start-up auch im Hinblick auf Künstliche Intelligenz.

Eine ähnlich große Rolle bei Start-ups spielt das Thema Nachhaltigkeit, das sich bei den Zahlen zur Green Economy (43,4 Prozent) und dem Social Entrepreneurship (42,6 Prozent) widerspiegelt. Damit bleibt der Trend, dass Umwelt- und Sozialthemen eine große Rolle bei den befragten Start-ups spielen, bestehen.

Fazit

Die befragten Start-ups sind durch die Corona-Pandemie stark belastet. Die Pandemie trifft diese Unternehmen insbesondere in der Gründungsphase, die ohnehin zu einer der schwersten Phasen im Laufe eines Unternehmerlebens zählt.

Über 90 Prozent sahen sich bereits Ende März 2020 „durch die Krise in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt.“ Im Umfragezeitraum des DSM 2020 (11. Mai 2020 bis einschließlich 21. Juni 2020) wurde die befürchtete Beeinträchtigung von rund drei Viertel der befragten Start-ups bestätigt.

Es bleibt deshalb für die Start-ups zu hoffen, dass das im Grußwort der Bundeskanzlerin angesprochene „zwei Milliarden Euro schwere Hilfspaket für Start-ups“ sowie der in Aussicht gestellte verbesserte Zugang zu Wagniskapital und die Kooperation mit dem Europäischen Investitionsfonds schnellstmöglich seine Wirkung zeigen.

Co-Autorin: Rechtsanwältin Friederike Ebert

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.

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