Seit über einem Jahr streitet sich das Land Niedersachsen vor Gericht über den Streckenradar. Die Technologie soll Raser besser erfassen. Doch es gab Bedenken um den Datenschutz. Nach einer Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht ist nun klar: Der Streckenradar kann kommen.
Der Kampf gegen Raser ist mühsam. Stationäre Blitzer helfen nur punktuell. Irgendwann weiß jeder, wo der Blitzer steht. Autofahrer, die zu schnell unterwegs sind, müssen so nur kurz vorher abbremsen, um einer Strafe zu entgehen.
Nach dem Blitzer kann man dann wieder aufs Gas drücken. Raser lassen sich so nur schwer erwischen. Mobile Blitzer sind etwas effektiver. Sie helfen aber auch nicht, wenn jemand geschickt ist und im richtigen Moment vom Gas geht.
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Genau hier sollen Abschnittskontrollen – Streckenradare oder manchmal auch Section Control genannt – helfen.
So funktioniert der Streckenradar
Diese Abschnittskontrollen messen die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Fahrzeugs über eine längere Strecke. Dazu gibt es zwei Kontrollpunkte, mit jeweils einer Kamera. An jedem Kontrollpunkt macht die Kamera ein Foto von allen vorbeifahrenden Fahrzeugen.
Die Kennzeichenfotos speichert das System anonymisiert bis zur zweiten Kamera.
Hier lässt sich dann anhand des Zeitabstandes zwischen den zwei Fotos die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnen. Wer in der gemessenen Strecke zu schnell unterwegs ist, wird so erwischt. Die Kennzeichen der Raser werden weitergeleitet und du bekommst ein Bußgeld.
Die zwischengespeicherten Kennzeichen der Fahrzeuge, die im angemessenen Tempo fahren, werden dann wiederum sofort gelöscht.
Das System kann dabei Fahrzeugtypen unterscheiden und misst auch über Spuren hinweg. Ein Spurenwechsel bringt also nichts, genauso wenig wie kurzes Abbremsen, da die Geschwindigkeitskontrolle über mehrere Kilometer reicht. Der Streckenradar kann so Raser besser erfassen.
Der erste Streckenradar in Deutschland wurde in Niedersachsen am 19. Dezember 2018 auf der B6 zwischen Gleidingen und Laatzen in Betrieb genommen. Erste Bußgelder wurden schon verteilt. Doch relativ schnell meldeten Datenschützer Bedenken an, unter anderem auch die Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel aus Niedersachsen.
Streit um Datenschutz
Das Problem beim Streckenradar ist das erste Foto. Denn dabei werden ausnahmslos alle Fahrzeuge fotografiert, egal ob sie sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten oder nicht.
Schließlich kann das System beim ersten Foto noch nicht wissen, ob ein Fahrzeug rast oder nicht. Das klärt sich erst mit der zweiten Kamera. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch werden alle Fahrzeug-Kennzeichen und die damit verbundenen Daten zwischengespeichert.
Genau das finden Datenschützer problematisch. Ein Kläger beschwerte sich beim Verwaltungsgericht Hannover. Er sah sein Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung verletzt. Das Verwaltungsgericht Hannover teilte diese Ansicht.
Entsprechend musste das Land Niedersachsen erst wenige Monate nach Inbetriebnahme den Streckenradar wieder abschalten.
Doch Niedersachsen bekam schließlich im weiteren Rechtsstreit vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg Recht. Die Richter hier fanden, der Streckenradar sei rechtens.
Ein Antrag des Klägers auf Revision ist nun vor dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert. Das bedeutet: Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist ab sofort rechtskräftig.
Niedersachsen darf also den Streckenradar wieder einsetzen. Entsprechend freudig zeigte sich Boris Pistorius, der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport. „Der Einsatz von Section Control kann einen wesentlichen Beitrag für mehr Verkehrssicherheit leisten.“
Ziehen andere Bundesländer nach?
Die Gerichtsentscheidung aus Niedersachsen könnte jedoch auch Signalwirkung für den Rest des Landes haben. Schließlich wollten auch andere Bundesländer Streckenradare einführen, hatten aber zur Rechtssicherheit auf die Entscheidung aus Niedersachsen gewartet.
Nun steht dem Streckenradar damit nichts mehr im Wege.
So könnte die Abschnittskontrolle nun deutschlandweit gegen Raser eingesetzt werden.
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