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Huaweis Strategie für 2021: Ein nachvollziehbarer Rückzug

geschrieben von Nicole Scott

Der Handelsstreit zwischen den USA und China hat Huawei schwer getroffen. Es ist deshalb kaum verwunderlich, dass während der HDC (Huawei Developer Conference) eine neue Richtung in Sachen Consumer Tech dafür aber kein neues Smartphone vorgestellt wurde.

Was die Verkaufszahlen für Smartphones angeht, überholte Huawei im vergangenen Quartal sogar Samsung – doch das hat der Hersteller vor allem den Folgen der Coronakrise zu verdanken. Samsungs wichtigste Märkte waren nämlich stärker betroffen als China – und Huawei verbucht ganze 70 % seiner Umsätze in der Volksrepublik. Der Hersteller sagt dazu Folgendes:

„Wir haben in diesen schwierigen Zeiten außergewöhnliche Ausdauer bewiesen“, sagt Huawei gegenüber The Verge. „Inmitten einer Zeit beispielloser globaler wirtschaftlicher Einbrüche und Herausforderungen können wir weiterhin ein Wachstum verzeichnen und unsere Führungsposition noch weiter ausbauen, indem wir Verbrauchern innovative Produkte und Erfahrungen bieten.“

Während der HDC wurde aber kein neues Smartphone vorgestellt – stattdessen möchte sich Huawei mit den vorgestellten Produkten auch in anderen Produktkategorien einen Vorsprung erarbeiten. Vorgestellt wurden: die Huawei Watch GT 2 Pro, die Huawei Watch Fit, die Huawei Freebuds Pro und mehrere Matebooks.

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Huawei Watch GT 2 Pro

Die Huawei Watch GT 2 Pro steht in direkter Konkurrenz zu Garmin und Polar. Die Huawei Freebuds Pro sind eine flexible Alternative zu den Apple Airpods – sie lassen sich systemübergreifend nutzen und bieten ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis. Huawei folgt hierbei demselben Ansatz wie auf dem Smartphone-Markt: erstklassige Features, die unterstreichen, dass Huawei Premium-Hardware und hilfreiche Software entwickeln kann.

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Huawei Freebuds Pro

Huawei beweist, dass es durchaus in der Lage ist, auch in anderen Produktkategorien erstklassige und innovative Produkte zu produzieren. In den Premium-Geräten kommt oft KI-Technologie zum Einsatz, sofern das sinnvoll ist. Die Huawei Watch GT 2 Pro besteht aus Titan, bietet Offlinekarten und kann mehr als 100 Aktivitäten erkennen und aufzeichnen. Und die KI kann euch sogar bei Golfschlägen helfen. Die Ohrhörer haben ein Feature, das ähnlich wie die optische Bildstabilisierung einer Smartphone-Kamera funktioniert – es sorgt dafür, dass der Sound auch beim Sport konstant bleibt.

Die Tatsache, dass auf der HDC kein neues Smartphone vorgestellt wurde, zeigt, dass Huawei den globalen Smartphone-Wettbewerb verloren hat. Und obwohl der Hersteller seinen Einfluss nun auch auf andere Produktkategorien ausweitet, fühlt sich dieser Schritt wie ein Rückzug an. Huawei wird sich fürs Erste auf den chinesischen Markt verlassen und abwarten – denn anders lässt sich die Sache mit den Sanktionen kaum überwinden.
Diese Strategie könnte durchaus funktionieren. Die neuen Produkte erinnern die Verbraucher daran, dass Huawei fortschrittliche und branchenführende Produkte entwickelt. In der Zwischenzeit wird sich der Hersteller auf den Export von Smartphones konzentrieren und mit den überschüssigen Komponenten, die noch vor dem Handelsstreit bezogen wurden, Smartphones für den chinesischen Markt bauen.

Was ich immer noch nicht ganz verstehe: Wieso können Matebooks mit Windows von Microsoft ausgeliefert werden, wenn die Smartphones kein GMS von Google bekommen dürfen?

Der Hersteller macht deutlich, dass er immer noch erstklassige Produkte produzieren kann, obwohl er seine Rolle auf dem Smartphone-Markt aufgeben musste. Mir hätte es gefallen, wenn Huawei trotz der US-Sanktionen ein neues Smartphone vorgestellt hätte – wenn auch nur, um den USA eins auszuwischen. Doch wenn man sich die Gesamtsituation ansieht, lässt sich nachvollziehen, warum das nicht passiert ist.

Qualcomm verhandelt mit Huawei über den Kauf von Snapdragon-Prozessoren. Das könnte der Schlüssel sein, um Huawei-Smartphones auch mit GMS in den USA zu verkaufen – Gerüchten zufolge wird es schon am 15. September Neuigkeiten zu diesem Thema geben. Sollte das tatsächlich Realität werden, sichert sich Qualcomm damit den ersten Platz im globalen Wettstreit der Smartphone-Prozessoren.

Wir haben bereits erlebt, dass Qualcomm nicht davor zurückscheut, seine Führungsposition auszunutzen. Im Rechtsstreit zwischen Apple und Qualcomm lautete das Urteil, Apple müsse die geschuldeten Lizenzgebühren bezahlen – auch wenn diese sehr hoch sind. Das Gericht wies Qualcomm jedoch an, seine Preisstruktur zu überdenken.

Egal, was ihr von diesem Urteil haltet – wenn Qualcomm und Huawei tatsächlich einen Deal schließen, wird Qualcomm noch mächtiger als es ohnehin schon ist. Und Monopole sind nie eine gute Sache.
Trotz allem wünsche ich mir, Huawei hätte ein neues Smartphone vorgestellt – einfach um zu zeigen, welche Innovationen der Marktwettbewerb hervorbringen kann.

Nämlich bessere Produkte für Verbraucher.

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Nicole Scott