60 Millionen Abonnenten nach einem Jahr: Dass Disney Plus so erfolgreich ist, haben nicht einmal die eigenen Manager erwartet. Doch trotz des Traumstarts steht der Streaming-Dienst im Herbst 2020 vor einer großen Entscheidung. Es geht ums Überleben. Eine Analyse.
Vor knapp einem Jahr – im November 2019 – ist Disney Plus als neuer Herausforderer für Netflix, Amazon Prime und Co. im US-amerikanischen Markt an den Start gegangen. Ein knappes halbes Jahr später – Mitte März 2020 – war es dann auch in Deutschland und anderen europäischen Märkten der Fall.
Obwohl es vielfach vermutet wurde: Der neue Streaming-Dienst von Disney hat Netflix bislang nicht ernsthaft gefährdet. Vielmehr scheint es so, dass das Angebot für viele Nutzer und Familien eine Ergänzung zum bisherigen Streaming-Konsum darstellt.
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Oktober und November 2020: Die Monate der Entscheidung
Das liegt auch daran, dass Disney selbst den eigenen Streaming-Dienst zu Beginn vielen Nutzern relativ preisgünstig oder sogar kostenlos zur Verfügung gestellt hat. So gab es beispielsweise in Deutschland eine Kooperation mit der Deutschen Telekom.
Der Deal dahinter: Deutsche-Telekom-Kunden konnten den neuen Service sechs Monate lang – also bis Ende September 2020 – kostenlos nutzen. Dafür mussten sie lediglich die entsprechende Option hinzubuchen.
Im US-amerikanischen Heimatmarkt gab es ähnliche Angebote. So konnten sich interessierte Nutzer beispielsweise noch vor dem offiziellen Start ein vergünstigtes Jahres-Abonnement sichern. Auch das läuft demnächst ab. Genauer gesagt ist es Ende Oktober 2020 soweit.
Ebenso konnten Verizon-Kunden in den USA ein Jahr kostenlos auf das Angebot zugreifen. Auch diese Frist läuft jetzt ab.
Obwohl es Disney also innerhalb des ersten Jahres gelungen ist, viele Kunden für seinen Dienst zu begeistern, stellt sich im Herbst 2020 das erste Mal die Frage nach dem eigenen Schicksal. Wie viele der 60 Millionen weltweiten Nutzer verlängern oder behalten ihr Abonnement, wenn es plötzlich kostenpflichtig wird?
Sind Mulan und „The Mandalorian“ reizvoll genug?
Damit möglichst viele Kunden ihre Mitgliedschaft um ein weiteres Jahr oder zumindest um einen Monat ausweiten, geht Disney im Spätsommer und Herbst 2020 in die Content-Offensive. Den Anfang hat dabei die Neu-Verfilmung von Mulan gemacht.
Der Film ist – und das ist eine Premiere – nicht in den Kinos erschienen, sondern direkt auf dem Streaming-Dienst Disney Plus. Und weitere Produktionen sollen während der Corona-Pandemie diesen Weg gehen.
So soll beispielsweise das Marvel-Werk „The Falcon and the Winter Soldier“ direkt und ohne Umwege über das klassische Fernsehen in die Streaming-Bibliothek wandern. Und auch die zweite Staffel der beliebten Star-Wars-Serie „The Mandalorian“ erscheint pünktlich zum Ablauf der Ein-Jahres-Frist für Abonnenten.
Selbstverständlich stellt sich die berechtigte Frage, ob diese Highlights genügen, um die Kunden dauerhaft zu binden. Die Antwort darauf werden wir vermutlich erst im November und Dezember 2020 erhalten.
Allerdings dürften vor allem jene Nutzer, die Disney Plus abonniert hatten, weil es kostenlos oder kostengünstig erhältlich war, vermutlich abspringen.
Disney spannt Apple, Google und Co. ein
Doch es gibt für Disney Plus durchaus auch positive Nachrichten. So kann sich der Streaming-Dienst der Unterstützung von den App-Store-Anbietern Apple und Google beispielsweise sicher sein. Warum ist das so?
Beide Plattformen partizipieren durch die Gebühren innerhalb der eigenen App Stores an allen getätigten Käufen. Wenn beispielsweise ein iPhone-Nutzer sein Jahres-Abonnement über den App Store von Apple abschließt, erhält Apple 30 Prozent des generiertes Umsatzes.
Und auch der Streaming-Stick-Anbieter Roku erhält auf diese Weise 20 Prozent der Einkünfte. Deshalb ist es für alle genannten Unternehmen – die Liste lässt sich noch erweitern – attraktiv, für Disney Plus auf den eigenen Plattformen zu werben.
Damit erhält Disney ein Milliarden-schweres Werbe-Budget, ohne selbst dafür tätig zu werden. Folglich sieht es – zumindest für einen Fortbestand mit einer soliden Anzahl an Nutzern – auch nicht schlecht aus. Die Wachstumsraten der vergangenen Monate dürften jedoch vermutlich erst einmal unerreichbar sein.
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