Sollte man Kindern das Programmieren beibringen? Ein Programmierer behauptet: nicht in Form von Programmiersprachen! Damit bringe man Kindern die falschen Grundlagen bei.
Java, Python, C++: Wer programmieren kann, spricht diese Sprachen. Während Programmiersprachen lange als seltsame Beschäftigung für Computerfreaks galten, haben viele im „Zeitalter der Geeks“ erkannt: Sie sind wichtig, zukunftsorientiert und sogar hip.
Kein Wunder, dass viele Eltern darum ihren Kindern das Code-Schreiben beibringen wollen – und das so früh wie möglich. Programmierstunde statt Märchenstunde, Code-Syntax statt ABC lernen – so wollen Eltern ihren Kindern sozusagen das Programmieren mit in die Wiege legen.
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Doch Programmierer und Vater Joe Morgan sieht das skeptisch. Er sagt: „Ich bin Programmierer und bringe meinen Kindern das Programmieren nicht bei.“
Programmieren: Kreativität statt auswendig lernen
Seiner Meinung nach ist es verständlich, warum Eltern auf Programmiersprachen setzen. Wenn schon künftig alles automatisiert wird und Künstliche Intelligenz unser Leben steuert, warum sollte dann nicht das eigene Kind wissen, wie man all das programmiert?
Gleichzeitig findet Morgan das Mantra „Programmieren ist die neue Alphabetisierung“ auch „lächerlich“. Und zwar nicht deshalb, weil Programmieren nicht wichtig sei, sondern weil Eltern ihren Kindern das Konzept nicht richtig beibringen.
Denn Programmiersprachen sind zwar die Syntax fürs Codieren. Gleichzeitig lernen Kinder damit aber nicht die wahren Grundlagen, die man wirklich fürs Programmieren braucht, sagt Joe Morgan.
Das Schreiben von Codes habe wenig mit Auswendiglernen und viel mit Kreativität, Erfindergeist und Neugierde zu tun. Denn wer Software entwickelt, schreibt nicht einfach nur ein Programm, das dann sofort perfekt funktioniert.
Vielmehr läuft der Prozess nach dem Versuch-und-Irrtum-Prinzip. Du schreibst Code. Du probierst ihn aus. Es gibt Fehler. Du versuchst sie auszubügeln. Du probierst erneut. So beschreibt es Morgan.
Um so am Ende ein schönes und gut funktionierendes Programm zu erhalten, sei also nicht die Programmiersprache das wichtigste, sondern eher das tiefere Verständnis für komplexe Probleme und sowohl der Wille als auch die Geduld und der Einfallsreichtum diese zu lösen.
Genau das bringe man Kindern aber nicht über Java oder Python bei, sondern über lösungsorientiertes Denken: Aufgabe, Lösungsversuch, Analyse, Verbesserung.
Dieses Vorgehen können alle Eltern ihren Kindern beibringen – unabhängig von Programmiersprachen und egal, ob sie etwas von Software-Entwicklung verstehen oder nicht, etwa beim Fahrrad reparieren oder beim Kuchenbacken.
Wie hilfreich sind solche Ratschläge?
Morgans Ratschlag ist teilweise nachvollziehbar, zugleich aber auch etwas banal.
Es ist einerseits verständlich, wenn er sagt, dass zum Programmieren mehr gehöre als Programmiersprachen lernen. Das gilt aber auch für Mathematik, Literatur oder Sport.
Du verstehst keine mathematischen Prinzipien, wenn du auswendig lernst, dass zwei Mal zwei vier ist. Auch wirst du kein Buchautor, weil du Wörter korrekt schreiben kannst. Und aus dir wird auch kein Leistungssportler, nur weil du beim 100-Meter-Lauf mitmachst.
Andererseits: Ohne diese Grundlagen geht es auch nicht. Wer in die Tiefe gehen will, muss aber natürlich darüber hinausgehen und Zusammenhänge verstehen. Andernfalls kann man nie Lösungen finden, egal ob bei einem Software-Problem oder bei einem Rohrbruch.
In diesem Sinne wirkt Morgans Ansatz auch ein wenig banal. Denn was er vorschlägt, gilt sicherlich fürs Programmieren, genauso aber eigentlich für alles im Leben. Man kann es aber vielleicht als Anregung dazu nehmen, Programmieren stärker ins Schulsystem sowie ins alltägliche Lernen einzubinden.
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