Das Coronavirus hat dafür gesorgt, dass wohl so viele Menschen wie noch nie gleichzeitig im Home Office waren. Die Auswirkungen der Pandemie auf unsere Arbeitswelt und die Zukunft der Arbeit dürften aber deutlich tiefgreifender sein.
Im letzten Teil meiner Kolumne, erschienen am 11. März, hatte ich mich mit der Kommunikation von Unternehmen zum Coronavirus beschäftigt. Tatsächlich schrieb ich dort, ich hätte „als Nachrichten-Konsument weitestgehend auf Durchzug geschaltet.“
Aus heutiger Sicht ein naiver Reflex auf ein Thema, das mir damals auf die Nerven ging, dessen weitere Entwicklung ich aber nicht absehen konnte. Seitdem ist so vieles geschehen, dass es wahrlich keine Übertreibung ist, wenn man behauptet, dass unsere Welt knapp drei Monate später eine andere ist.
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Ob Gesellschaft, Politik, Privatleben: Für all diese Bereiche stellt Corona eine harte Zäsur dar. Jeder von uns bekommt sie zu spüren. Möglicherweise waren die letzten Wochen auch ein Vorgeschmack davon, wie wir in Zukunft arbeiten werden.
Im Folgenden drei zentrale Erkenntnisse zur Zukunft der Arbeit, die aus dieser Zeit mitnehme.
New Work – mehr als nur Zukunftsvision
Spätestens nachdem die Bundesregierung am 22. März bundesweite Kontaktsperren beschlossen hatte, mussten auch die letzten Arbeitnehmer – wo es denn möglich war – zum Arbeiten an den heimischen Esstisch ausweichen.
Das gilt zumindest sofern sich Produktivität irgendwie sicherstellen ließ. Schließlich kam für die Allermeisten mit Nachwuchs noch die Kinderbetreuung in den eigenen vier Wänden hinzu.
Nach anfänglicher Verzweiflung und Überforderung stellten viele irgendwann fest: Das Ganze ist mit guter Organisation schon machbar. Allerdings nicht acht Stunden am Tag und schon gar nicht am Stück.
Doch die straffe Taktung führte bei mir beispielsweise zu einer deutlich bewussteren Einteilung meiner verfügbaren Zeit für bestimmte Aufgaben und strengere Priorisierung meiner Aufgaben.
Obwohl sich Corona in einem Ausmaß, das wir noch nicht absehen können, auf die globale Wirtschaft auswirken wird, haben wir gelernt, dass wir mit Hilfe technologischer Errungenschaften in der Lage sind, selbst einer globalen Pandemie die Stirn zu bieten.
Unternehmen sollten diese Erkenntnis nutzen und auch weiterhin auf das Verantwortungsbewusstsein ihrer Mitarbeiter vertrauen. Seit Corona ist das, was wir „New Work“ nennen, nicht mehr mehr nur eine Zukunftsvision, sondern für viele die letzte Option, um den Laden irgendwie am Laufen zu halten.
Home Office war gestern, Freiheit ist die Zukunft
„Wenn unsere Beschäftigten in einer Rolle und Lage sind, die es ihnen erlaubt, von zu Hause aus zu arbeiten, und sie für immer damit weitermachen wollen, werden wir das möglich machen.“ Das verkündete Twitter Mitte Mai.
Dass Unternehmen die aktuelle Situation für PR-Zwecke nutzen würden, war zu erwarten. Aber wollen wir das überhaupt, den Rest unseres Lebens von zuhause aus arbeiten?
Ich für meinen Teil weiß sehr genau: Home Office ist manchmal notwendig, aber sicher nicht mein absolutes Wunsch-Szenario. Neben der Tatsache, dass ich mich auf absehbare Zeit auch wieder Face-to-Face mit Menschen austauschen möchte, ist mir vor allem wichtig, frei entscheiden zu können, wo ich arbeite.
Ob nun im Büro, zuhause, im Coworking Space, im Feriendomizil – oder auch in der Nähe eines Familienmitglieds oder Freundes, der gerade Hilfe braucht.
Die Corona-Krise hat uns in vielerlei Hinsicht gelehrt, dass Gewissheit ein Geschenk ist. Beherrscht werden wir in diesen Tagen allerdings von Unsicherheit in allen Lebensbereichen, die selbst mittelfristige Zukunftsplanung immer noch schwierig macht und jedem von uns ein hohes Maß an Flexibilität abverlangt.
Die Freiheit, angemessen auf diese Umstände zu reagieren, sollte nicht nur ich als Selbstständiger haben – sondern in Zukunft jeder Einzelne.
Statt mit der Aussicht auf Home Office Mitarbeiter zu locken, sollte dort, wo es möglich ist, jedem Einzelnen die Freiheit zugestanden werden, sein Arbeitsumfeld selbst zu bestimmen – situationsabhängig und flexibel.
Nur wer „work from home“ zu „work from anywhere“ weiterdenkt, schafft eine ernstzunehmende Grundlage, für das, was sich „Work-Life-Balance“ schimpft.
Achtsamkeit – nicht nur sich selbst gegenüber
So bitter es ist: Corona hat es geschafft, die globale Bevölkerung auf gewisse Weise miteinander zu vereinen.
Die Disziplin zum Verzicht, das Gefühl von Leere nach Wochen ohne soziale Kontakte, die Ungewissheit, was in einem Monat, nächste Woche, morgen sein wird. Nicht nur unsere Nächsten, sondern auch Menschen am anderen Ende der Welt können diese Emotionen nachfühlen.
Entsprechend war zumindest die Frage nach dem Wohlbefinden des Gegenüber fester Bestandteil eines jeden Gesprächs in den letzten Wochen – egal ob es sich dabei um einen Kollegen, einen Kunden oder einen flüchtigen Kontakt handelte.
Und auch wenn ein beruflicher Alltag ohne Corona inzwischen zumindest im Ansatz wieder denkbar ist, sollten wir diese Form des Zugangs aufeinander in jedem Fall beibehalten.
Wenn wir im Kontext von New Work über Achtsamkeit sprechen, sollten wir aufhören, immer nur uns selbst zu meinen.
Unseren Job konnten wir in den letzten drei Monaten auch deshalb halbwegs vernünftig weitermachen, weil wir verantwortungsbewusst miteinander umgegangen und Respekt wie Verständnis füreinander aufgebracht haben.
Diese Form der Empathie sollte selbstverständlich sein, blieb in der Vergangenheit aber viel zu häufig auf der Strecke.
Wenn wir also das nächste Mal genervt sind, meckern und motzen, weil irgendwas nicht so läuft, wie wir es gerne hätten, sollten wir der folgenden Devise folgen. Wir sollten einfach mal kurz innehalten und hinterfragen, woran es vielleicht liegen könnte.
Die Zukunft der Arbeit: Das Wesentliche zählt
Das Ausmaß der Corona-Krise hat uns alle überrascht. Die Wochen und Monate, in denen das Virus unseren Alltag diktiert hat, haben uns nachhaltig geprägt. Diese Zeit hat uns ebenso für das Wesentliche im Leben sensibilisiert. Sie hat uns bewusst gemacht, dass das Ungewisse auf nicht absehbare Zeit unser ständiger Begleiter sein wird.
Meine Learnings sind entsprechend als Essenz des Moments zu betrachten und nicht als hochtrabende Prognosen zur Zukunft der Arbeit.
Dennoch glaube ich, dass Vertrauen, Verantwortungsbewusstsein und Empathie in der derzeitigen Situation gute Begleiter sind – gerade um den Weg durch die Krise, die jeden von uns in irgendeiner Form trifft und betrifft, zu meistern.
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