Netflix setzt normalerweise auf spannende Serien und Filme. Doch seit Kurzem probiert die Streaming-Plattform ein neues Format aus: Reality Shows. Die Shows sind nicht nur unterhaltsam, dahinter steckt auch Methode.
Wer sich einmal bei den Netflix Neuerscheinungen der vergangenen Monate umschaut, stellt fest: Netflix goes Reality TV. Die Streaming-Plattform, eigentlich für Serien und Filme bekannt, probiert sich gerade im Reality-Genre aus – und das nicht nur erfolgreich, sondern auch überraschend sehenswert.
Mehr Freiheit als im TV, hochwertigere Reality Shows
Da wäre zum Beispiel „Liebe macht blind“ (Im Original: „Love is blind“). Das ist eine Dating-Show, bei der sich Singles ineinander verlieben – und miteinander verloben – sollen, ohne dass es dabei um das Aussehen geht.
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Eine weitere neue Reality Show bei Netflix ist „Rhythm + Flow“, eine Art Hip-Hop-Version von „Deutschland sucht den Superstar“. Doch zu den größten Reality-Show-Erfolgen bei Netflix gehört „The Circle“, ein strategischer Wettstreit zwischen Teilnehmern um ein hohes Preisgeld.
Anders als bei TV-Formaten solcher Shows, wie etwa Big Brother oder Dschungelcamp, bei denen man sich fast durchgehend fremdschämt, sind die Netflix-Reality-Shows wirklich gut gemacht. Das liegt auch daran, dass die Streaming-Plattform ein größeres Budget und weniger Einschränkungen als viele TV-Sender hat.
Man muss eine Folge nicht um knappe Sendezeiten oder stark getaktete Werbepausen herum aufbauen. Das ermöglicht interessantere Spannungsbögen und hochwertigere Produktionen.
Das sehen nicht nur die Zuschauer so. Die Formate erhalten auch viel Lob von Kritikern. „Liebe ist blind“ wurde im US-Magazin New Yorker als ein „unmittelbarer Klassiker zwischen den Hochzeit-Reality-Shows“ genannt.
Das ist in etwa so, als würde das Feuilleton der FAZ die Sendung „Germany’s Next Top Model“ als sehenswerte Feminismus-Show bezeichnen. All das ist natürlich nicht nur Zufall. Hinter den neuen Reality-Formaten bei Netflix steckt eine Strategie.
Netflix will alle Fernsehformate ersetzen
Dafür hat das Portal auch eine eigene „Unscripted“-Abteilung, die sich um den Aufbau der Reality-Formate kümmert. Sie wird von Brandon Riegg geleitet.
In einem Interview mit dem Magazin Vulture sagte Riegg zu den neuen Shows: „Wir sind noch nicht einmal am Ende mit dem, was wir unsere Phase Eins der Strategie nennen.“
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Netflix sich in diesem Bereich noch sehr viel mehr vorgenommen hat. Doch warum eigentlich? Bislang waren Reality Shows ein klassisches Fernsehformat, also eigentlich genau das, wovon sich Netflix distanzieren will.
Der Grund ist recht simpel. Weil Netflix eben nicht nur anders sein möchte als lineares Fernsehen. Der Streaming-Service will das klassische TV komplett ersetzen. Mit allen Formaten. Und dazu gehören eben auch die Reality Shows mit ihrem breiten Anklang. Riegg drückt es gegenüber Vulture so aus: „Teil des Ziels ist es, etwas für alle anzubieten.“
Dafür experimentiert Netflix sogar erstmals mit neuen Erscheinungsformeln. Anstatt wie gewohnt eine komplette Staffel auf einmal zu veröffentlichen, kommen die Episoden der Reality Shows tröpfchenweise zum Zuschauer.
Die Zuschauer bekommen also beispielsweise einmal vier, dann wieder vier und dann zwei Folgen zu sehen – mit einigen Wochen Abstand dazwischen. Man will sehen, ob man mit diesem Ansatz die Zuschauer besser bei der Stange halten kann.
Bislang scheint die Strategie aufzugehen. Und für alle, die Reality Shows mögen, brechen jetzt bei Netflix definitiv goldene Zeiten an. Es gibt jedoch eine nennenswerte Ausnahme: Talkshows.
Obwohl Netflix bereits mehrmals versucht hat, Talkshows zu bringen, konnten diese die Zuschauer nie überzeugen. Das Format verliert derzeit aber auch im TV an Beliebtheit – insbesondere bei Zuschauern unter 50 Jahren. Doch Netflix sieht dies nicht als Entmutigung, sondern vielmehr als eine Herausforderung.
Man darf also gespannt sein, was sich die Plattform dazu in Zukunft überlegt. Bis dahin kann man sich ja mit den aktuellen Reality Shows vergnügen.
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