In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: Öklo.
Start-ups. Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.
Dabei gibt es sie durchaus: Die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Öklo aus Wolkersdorf im Weinviertel in Österreich.
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Wer steckt hinter Öklo?
Sonne, Party und Musik satt – Sommerzeit ist Festivalzeit! Und genau die könnte so schön sein, wenn da nicht die mobilen Chemietoiletten wären. Sie schlagen nicht nur als olfaktorischer Albtraum auf das Gemüt der Besucher, sondern befinden sich noch dazu meist in einem fragwürdigen Zustand.
Ein Problem, das auch Niko Bogianzidis kennt. Gemeinsam mit seinen Freunden veranstaltet er jedes Jahr das „Rise and Shine“ Reggae-Festival im niederösterreichischen Falkenstein.
Nachhaltigkeit spielt für die Veranstalter eine wichtige Rolle. Deshalb waren ihnen die gängigen Plastikkabinen ein Dorn im Auge.
Die enthaltenen chemischen Komponenten sind nicht nur schädlich für die Umwelt und eine Geruchsbelastung. Noch dazu ist die Entleerung und Reinigung mit entsprechenden Fahrzeugen umständlich.
Die Lösung: Eine mobile Trockentoilette aus Holz, die ohne Chemikalien und Spülwasser auskommt. Die Toilettengänger bedecken ihre Hinterlassenschaften lediglich mit Sägespänen. Der Inhalt wird im Anschluss unter strengen Auflagen kompostiert und entsorgt.
Was ursprünglich die Toilettensituation auf dem Festival verbessern sollte, kam bei den Besuchern so gut an, dass die Jungs beschlossen, Öklo zu gründen. Veranstalter können die mobilen Toiletten mieten oder kaufen.
Für ihre Idee erhielten die Gründer 2017 den Preis für den besten Businessplan beim I2b-Businessplan-Wettbewerb der Wirtschaftsbank und der Erste Bank & Sparkassen.
Öklo nahm außerdem an der österreichischen Puls4-Show „2 Minuten 2 Millionen“ teil – und das mit großem Erfolg. Investor Hans Peter Haselsteiner holte sich 2017/2018 25,1 Prozent der Firmenanteile für 250.000 Euro.
Vor kurzem legte er mit 600.000 Euro nach. Zusätzliche 70.000 Euro sicherte sich das Start-up durch die Teilnahme am internationalen Climate-KIC-Accelerator-Programm für „grüne“ Geschäftsideen.
Inzwischen zählt Öklo 17 Mitarbeiter. Zu den Kunden zählen Unternehmen wie die Asfinag, die Wiener Bezirksverwaltung sowie diverse Festival-Veranstalter. Zuletzt gingen 120 Miet-Klos zum Skifliegen am Kulm. Diesen Sommer soll außerdem der Surf-Weltcup am Neusiedlersee mit den Trockentoiletten bestückt werden.
Kein Wunder also, dass das Start-up im vergangenen Jahr 500.000 Euro Umsatz erwirtschaften konnte. Am Ende des Jahres war es sogar trotz hoher Sonderausgaben – beispielsweise für ein ISO-Zertifikat – noch knapp in den schwarzen Zahlen.
Im nächsten Schritt will Öklo weitere 200 Toiletten für die Vermietung bauen. Zudem stehen ein neuer Standort in Linz auf dem Plan sowie der Ausbau des zweiten Geschäftsfeldes, dem Verkauf der Toiletten. Als langfristiges Ziel haben sich die Gründer den Aufbau eines Franchise-Systems gesetzt.
Was macht Öklo?
Öklo hat eine ökologische Alternative zu gängigen mobilen Chemietoiletten entwickelt.
Anstatt Wasser schaufelt der Toilettengänger einfach Hobel- oder Sägespäne über seine Hinterlassenschaften. Diese trocknen die festen Stoffe aus und überdecken so den Geruch. Sie binden außerdem den Ammoniak und die Harnsäure. Diese sind für den Geruch verantwortlich.
Aufgefangen werden die Fäkalien von einem Fass mit 60 Litern Fassungsvermögen, in dem in etwa 150 Toilettengänge Platz finden. Im Fass selbst wird durch ein Lochgitter Fest von Flüssig getrennt. Auf diese Weise lässt sich der Inhalt besser entsorgen und kompostieren.
Der Aufbau der Toilettenhäuschen gestaltet sich durch die modulare Bauweise unkompliziert. Er ist innerhalb von zehn Minuten erledigt. Die Häuschen stehen trotzdem sehr stabil, sind daher kranbar und können nicht umgeworfen werden. Das erfreut den einen oder anderen Festival-Besucher mit Sicherheit.
Geliefert wird jede Toilette mit Toilettenssitz, verschließbarer Tür, zwei Fässern mit je 60 Litern Fassungsvermögen, einem Solarlicht mit Bewegungsmelder, einem Streukasten mit Sägespänen, Toilettenpapier, Desinfektionsmittelspender, Spiegel, Schaufel und Kehrblech sowie einem Abfalleimer für Hygieneartikel.
Die mobile, barrierefreie Toilette gibt es mittlerweile in der Klassikversion zu einem Kaufpreis 4.500 Euro. Die Miniversion für den nächsten Campingurlaub kostet 299 Euro.
Die Gründer haben mittlerweile aber auch ein Urinal, eine Waschstation und sogar Duschen im Portfolio. Diese funktionieren über Wassertanks, können aber auch an die Kanalisation angeschlossen werden.
Veranstalter profitieren außerdem von einem Rundum-Service. Öklo liefert, kümmert sich um den Auf- und Abbau und entsorgt die Fäkalien fachgerecht. Personal kümmert sich bei Veranstaltungen um die regelmäßige Reinigung, Kontrolle und den Tausch der Fässer.
Was macht Öklo so besonders?
Die ökologischen Toiletten haben tatsächlich viele Vorteile. Sie lassen sich genauso schnell und einfach auf- und abbauen wie ihre Plastik-Kollegen. Im Vergleich ist jedoch weder Strom, Wasser oder Chemie nötig, was das Öklo für Veranstaltungen zu einer nachhaltigen, umweltfreundlichen Alternative macht.
Dass diese Rechnung aufgeht, zeigt sich vor allem beim Wasserverbrauch. Pro Toilettengang spart Öklo fünf Liter Trinkwasser. Außerdem kommt der Vorteil hinzu, dass sie Gerüche effizienter binden können und damit freundlicher zur Nase sind.
Das eingebaute Solarlicht, die Desinfektionsspender sowie die regelmäßige Reinigung sorgen für mehr Komfort bei der Benutzung.
Ein weiteres Plus: Die Gründer von Öklo legen großen Wert auf eine nachhaltige Fertigung in Österreich. Dort liegt das Maximum der Wertschöpfungskette. Ein großer Teil der Wirtschaftsleistung fließt außerdem in heimische Forschungsinstitute und lokale Partnerbetriebe.
Gibt es Kritikpunkte?
Die Gründer hatten bereits von Anfang an mit ordentlich Gegenwind zu kämpfen, allen voran durch den österreichischen Marktführer Pipibox, der Öklo sogar verklagte.
Der Grund: Sägespäne würden die gängigen Hygiene-Standards für den Betrieb von mobilen Toiletten nicht erfüllen. Eine Klage, die vom Gericht abgewiesen wurde. Trotzdem geht es nun in die Berufung.
Die Gründer reagierten gelassen und gingen in die Informationsoffensive. Laut Öklo werden alle Hygiene-Standards erfüllt. Alleine das Holz entzieht Feuchtigkeit und damit die Grundlage für eine erhöhte Bakterienbelastung.
Die Platten im Innenraum sind zudem mit einem speziellem Harz beschichtet. Das lässt sich genauso gut reinigen und desinfizieren wie Plastik. Eine gründliche Reinigung und biologisches Desinfektionsmittel sind für die Gründer ebenfalls selbstverständlich. Auch während des Fasstausches kommt niemand in direkten Kontakt mit Fäkalien.
Gerade für Veranstalter, die Wert auf Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit legen, sind die Ökotoiletten also eine super Alternative zu den üblichen chemischen Miettoiletten.
Wenn es um den Privatgebrauch geht, habe ich so meine Zweifel. Die Toiletten sind hier recht teuer. Es gilt also abzuwägen, ob sich die Investition wirklich lohnt.
Noch dazu birgt die Entsorgung eine weitere Hürde. Die Überbleibsel dürfen nämlich nicht in den Ökokreislauf eingebracht werden. Das Kompostieren ist zwar nur gewerblich verboten. Allerdings ist der Vorgang sehr komplex und erfordert einiges an Fachwissen und Aufmerksamkeit.
Öklo hat aber auch hier eine Lösung gefunden und bietet einen Service ähnlich der Müllabfuhr. Nach Absprache werden die Fässer abgeholt und gegen frisch Gereinigte getauscht.
Fazit
Wer hätte gedacht, dass man sich so ausgiebig mit dem Thema Toiletten beschäftigen kann. Ich bin wirklich froh, dass es die Jungs von Öklo getan und eine umweltfreundliche und hygienische Alternative zu den üblichen Chemietoiletten entwickelt haben. Der Festival-Sommer kann kommen!
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