Impfgegner verbreiten ihre Halbwahrheiten und Lügen vor allem über soziale Netzwerke. Mittlerweile jedoch gehen Facebook und Co. aktiv dagegen vor – mehr oder weniger erfolgreich.
Man mag es als Spinnerei abtun, aber Impfgegner sind kein Rand-Phänomen. Wenn du bei Google etwa das Wort „impfen“ eingibst, sind unter den ersten automatisierten Vorschlägen Begriffe wie „nein danke“ oder „ja oder nein“.
Obwohl seit etwa 200 Jahren nachweislich belegt ist, dass Impfungen wirken, Infektionen verhindern und Leben retten, halten sich im Internet seit geraumer Zeit hartnäckig Gerüchte, Lügen oder auch Halbwahrheiten, die das Impfen infrage stellen.
Die Zweifel dieser Impfgegner sind mittlerweile so sehr Teil der öffentlichen Debatte geworden, dass etwa das Robert-Koch-Institut eine FAQ-Website zum Thema erstellt hat.
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Doch die Diskussion zur Frage, „Impfen – ja oder nein?“, findet vor allem in den sozialen Medien statt. Auf Facebook, Twitter oder auch Pinterest teilen Nutzer mitunter zweifelhafte Berichte zum Thema, die falsche oder fehlerhafte Informationen verbreiten.
Um das Verbreiten solcher Falschmeldungen zu unterbinden, haben Social-Media-Seiten verschiedene Ansätze.
Facebook blockt Anti-Impf-Werbung, aber…
Insbesondere Facebook hat mit einer Vielzahl von Inhalten von Impfgegnern zu kämpfen. Dazu gehören sowohl persönliche Posts, Facebook-Gruppen, Facebook-Seiten aber auch Werbung.
Auch wenn diese Inhalte offenbar von einigen wenigen Personen und Organisationen gesponsert werden, sind sie in ihrer Masse – und damit natürlich auch im Einfluss, den sie auf Nutzer ausüben – durchaus beachtlich und bedenklich.
Denn lange Zeit konnte sich so der Content der Impfgegner relativ einfach und schnell auf der Plattform verbreiten. Nach vermehrten Beschwerden hat Facebook Anti-Impf-Werbung als „politischen Inhalt“ eingestuft und somit offiziell geblockt.
Das gilt zwar für sehr offensichtliche Anti-Impf-Propaganda. Subtilere Botschaften schaffen es aber offenbar dennoch durch die Filter.
Dazu gehörte auch eine Werbung des US-Unternehmens Earthley. In einer Werbe-Kampagne behauptete das Unternehmen zum Beispiel fälschlicherweise, die Keuchhusten-Impfung in den USA enthalte schädliches Aluminium.
Nach Facebooks eigenen Richtlinien zu Fehlinformationen wäre dieser Inhalt eigentlich nicht zulässig. Denn er enthält Aussagen, die bereits mehrmals von Experten entkräftet wurden. Dennoch war die Werbung nach Informationen von Buzzfeed noch im Dezember 2019 auf Facebook zu sehen.
Das Problem dabei: Die Anti-Impf-Aussagen standen so explizit nicht in der Facebook-Kampagne, sondern nur auf einem in der Kampagne verlinkten externen Dokument. Es ist also relativ einfach Facebooks Impf-Richtlinien zu umgehen. Das gilt insbesondere für Seiten und Gruppen.
Impfgegner umgehen Verbote kreativ
Eine Stichprobe von BASIC thinking hat etwa ergeben, dass beim Suchwort „impfen“ auf Facebook gleich zwei der ersten fünf Ergebnisse auf Inhalte von Impfgegnern oder -zweiflern führen.
Dazu gehört beispielsweise die Seite „Leben ohne Impfung“ von Andras Bachmair. Der Heilpraktiker macht darin Werbung für seine Bücher und Seminare. Diese drehen sich allesamt darum, warum Impfungen kontrovers sind und wie man auch ohne Impfungen gesund leben kann.
Sobald man auf die Seite geht, bekommt man dann von Facebook auch noch Vorschläge für andere Seiten, die sich sogar noch sehr viel offensichtlicher gegen Impfungen positionieren.
Neben der Seite von Bachmair ist ein weiteres Suchergebnis die Gruppe „Impfung – ja! Impfzwang – Nein, danke!“ Hier taucht immerhin ein Warnhinweis von Facebook auf, dass man vorab die Informationen der Weltgesundheitsorganisation WHO zum Thema „Impfungen“ lesen sollte.
Da Facebook weder private Posts noch Seiten oder Gruppen rund ums Thema „Impfung“ kontrolliert oder gar aufgrund ihrer Inhalte sperrt, können Impfgegner relativ einfach dort ihre Propaganda verbreiten.
Ähnlich lückenhaft ist die Kontrolle auf Instagram. Auch hier hat Facebook sehr offensichtliche Anti-Impf-Hashtags wie etwa #vaccineskill (deutsch: Impfungen töten) geblockt. Doch das umgehen Nutzer einfach, indem sie alternative Hashtags mit kreativer Schreibweise wie etwa #vaççineskillandinjure verwenden.
YouTube demonetarisiert Anti-Impf-Videos
Natürlich sind Facebook und Instagram nicht die einzigen Social-Media-Plattformen, die mit dem Thema zu kämpfen haben. Auf YouTube beispielsweise stellte Buzzfeed fest, dass sich Inhalte von Impfgegnern relativ einfach verbreiten.
Denn obwohl – anders als auf Facebook – Suchbegriffe rund ums Thema „impfen“ zunächst zu seriösen Kanälen führten, bekam man im Anschluss Vorschläge von YouTubes Algorithmus, bei denen man dann doch bei dubiosen Videos landete.
Was noch erschwerend hinzukam, war die Tatsache, dass diesen Videos teilweise Werbung von ernstzunehmenden Gesundheitsunternehmen vorgeschaltet war, ohne deren Wissen oder Zustimmung. Als sich diese bei YouTube darüber beschwerten, griff die Plattform ein – und demonetarisierte Videos von Impfgegnern.
Das heißt: Die Videos sind zwar weiterhin auf YouTube zu finden, doch die Erzeuger können keine Werbung mehr davor schalten und damit auch kein Geld mehr damit verdienen.
Pinterest sperrt Suchanfragen
Noch viel drastischer geht das Foto-Netzwerk Pinterest gegen Impfgegner vor.
Nach einer Studie der Virginia Commonwealth University fanden sich bei Pinterest nämlich unter dem Suchbegriff „impfen“ bei rund 75 Prozent der Ergebnisse Inhalte, die das Impfen als „negativ“ einstufen. Daraufhin änderte Pinterest seinen Nutzer-Leitfaden und sperrt seitdem aktiv alle Suchbegriffe zum Thema.
Auch diese Methode ist nicht perfekt. Ein Faktencheck der Tagesschau ergab, dass es immer noch viele Impf-Suchbegriffe durch den Filter von Pinterest schaffen und dann auf entsprechend fragwürdige Seiten oder Inhalte verweisen.
Pinterest sei derzeit aber auf der Suche nach einer besseren Lösung, sagte ein Pinterest-Sprecher. Einige Experten zweifeln aber daran, dass das Blocken von Inhalten langfristig wirklich hilft.
Wahres Problem: Die Daten-Leere
Schließlich wird es irgendwann auch für jeden Algorithmus oder menschlichen Mitarbeiter ein Ding der Unmöglichkeit, sämtliche fragwürdigen Inhalte zu sperren. Schließlich gibt es über das Impfen hinaus auch viele andere problematische Themen.
Auch scheint es eine Sisyphusarbeit, Hashtags zu bannen, nur damit sich die Nutzer neue Hashtags suchen. Was kann man also gegen das Verbreiten solcher Lügen und Halbwahrheiten im Internet tun?
Ein aktueller Daten-Report legt nahe, dass das wahre Problem nicht (nur) die Inhalte der Impfgegner oder das Vorgehen der sozialen Netzwerke sei, sondern vielmehr ein „Data-Void“, also eine „Daten-Leere“ oder Informationslücke.
Mit anderen Worten: Dem Internet fehlen alternative (seriöse) Daten oder Inhalte zum Thema.
Denn die Algorithmen von Google, Facebook und Co. sind überwiegend darauf programmiert, aktuelle Inhalte zu bevorzugen oder Inhalte, die besonders häufig geteilt werden. Die meisten neuen Inhalte zum Impfen kommen aber derzeit von Impfgegnern. Und die sorgen auch dafür, dass diese kräftig verbreitet werden.
Schließlich gab es bis dato auch keinen wirklichen Grund für Experten, eine eigentlich wissenschaftlich belegte Tatsache im Internet zu diskutieren.
Das Problem dabei: Wenn einerseits die Impfgegner fleißig posten, demgegenüber aber nur sehr wenige Ärzte und Organisationen ständig neue und fundierte Inhalte zum Thema veröffentlichen, hat es das Internet schwer die Fehlinformationen der Impfgegner einzudämmen.
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