James Watt ist eine der prägenden Personen innerhalb und für die internationale Craftbeer-Szene. Seine Erfahrungen als Gründer hat er im Buch „Business for Punks“ niedergeschrieben. Wir haben das Werk für dich gelesen. Eine Rezension.
Man kann es sich inzwischen gar nicht mehr vorstellen. Aber es ist noch gar nicht so lange her, da gab es die Craftbeer-Szene mit ihrer Vielzahl an individuell gebrauten Bieren nicht. Es dominierten vielmehr die großen Konzerne mit dem industriell hergestellten Bier.
In Großbritannien änderte sich dies mit dem Unternehmen Brewdog. Der Mitgründer James Watt beschreibt in seinem Buch* „Business for Punks“, was er erlebt hat und gibt Tipps für Gründer. Lohnt sich das Buch?
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Die Geschichte von Brewdog
Vor 2004 gab es in Großbritannien, wenn überhaupt, nur eine kleine Anzahl privater Brauereien, die individuelles Bier herstellten. Eine Craftbeer-Szene, wie es sie heute nahezu weltweit gibt, existierte nicht.
Das änderte sich mit James Watt und Martin Dickie. Sie brauten 2004 bei sich zu Hause ihr erstes Bier. In der Folge gründeten sie nach gutem Zureden der Bier-Ikone Michael Jackson im Jahr 2007 das Unternehmen Brewdog.
Das Unternehmen hat in der Folge diverse Male Aufsehen erregt. So wurde nicht nur Bier produziert. Seit 2009 gibt es auch Bars – inzwischen sogar weltweit unter anderem auch in Berlin. Außerdem haben die Gründer ihre Bierrezepte kostenlos jedermann zur Verfügung gestellt.
Daneben erfanden die Gründer eine innovative Art der Finanzierung: das Programm „Equity for Punks“. Dahinter steckt eine Art Crowdfunding. Nicht zuletzt machten sie immer wieder mit kontroversen Marketing-Aktionen auf sich aufmerksam.
Inzwischen hat das Unternehmen über 1.000 Mitarbeiter und gilt nach eigener Aussage als der am schnellsten wachsende Craftbeer-Produzent im Vereinigten Königreich.
Darüber hinaus wird das Unternehmen als die treibende Kraft hinter einer Gesetzesänderung in Großbritannien im Jahre 2011 angesehen, durch die die typischen Standardmengen an Bier in Biergläsern, das man in Pubs kaufen konnte, geändert und flexibilisiert wurden.
Der Inhalt des Buches
Im Buch „Business for Punks“ geht der Autor auf eine Reihe wichtiger Themen ein, die für jeden Gründer interessant sind. So geht es um den Start eines Unternehmens, die Finanzierung, das Marketing, den Verkauf und Vertrieb, Teambuilding, Schnelligkeit bei der Umsetzung von Ideen und das Mindset eines Gründers.
Besonders spannend für mich waren dabei die Kapitel über die Finanzierung, das Marketing und das Mindset. Hier kommt meiner Ansicht nach der Ansatz des Gründers und Autors James Watt am besten herüber. Es geht ihm darum, als „Punk“ althergebrachte Traditionen umzuschmeißen.
Kritik am Inhalt von „Business for Punks“
Ich muss gleich vorweg sagen: Ich liebe Geschichten von Unternehmen, die mit originellen Ideen etablierte Märkte aufrütteln. In Deutschland ist deswegen das Unternehmen Einhorn bekannt. Ihm ist es gelungen, die Art des Kondomverkaufs zu revolutionieren. Und: Die Gründungsgeschichte ist mit der von Brewdog vergleichbar.
Was den Stil des Buches angeht, so dreht sich letztendlich alles um das Mantra „Break the rules“. Und das ist meiner Ansicht nach auch richtig, denn meistens schaffen Gründer mit ihren Unternehmen keine neuen Märkte oder neue Kategorien. Vielmehr verändern sie Elemente bereits bestehender Märkte.
Im vorliegenden Fall ist es ähnlich. Brewdog produziert Bier, das sich – zumindest den Gründern nach – durch die Qualität und die Exklusivität vom massenhaft hergestellten Bier unterscheidet.
Aus diesem Grund habe ich erwartet, dass in „Business for Punks“ anhand von Beispielen dargestellt wird, was genau die Gründer getan haben, um sich zu positionieren und um erfolgreich zu sein. Und genau hier hat das Buch meiner Ansicht nach seine Schwächen.
„Business for Punks“ fehlt die inhaltliche Tiefe
Die meisten Kapitel lassen sich zusammenfassen mit: „Mach alles anders als die Etablierten und du wirst Erfolg haben. Brich alle Regeln!“ Das klingt schön und passt zum aktuell vorherrschenden Zeitgeist. Es fehlt aber an Details, was für ein Buch mit immerhin rund 250 Seiten schon etwas enttäuschend ist.
So lautet beispielsweise die Überschrift eines Kapitels „Bringe die Menschen dazu, dich zu hassen.“ Das klingt aufregend und auf drei Seiten wird dann kurz angerissen, warum es Sinn ergibt, nicht „everybody’s darling“ zu sein.
Warum das aber Sinn ergibt, wann man dazu entsprechende Schritte unternimmt und wie man dann mit den Anfeindungen umgeht – das kommt nicht heraus.
Auf der anderen Seite spricht das Buch in der beschriebenen Kürze Themen an, die nicht nur für Gründer extrem wichtig sind, sondern auch meiner Erfahrung nach immer wieder nicht ausreichend bedacht werden. So geht es in mehreren Kapiteln um die Themen Geld, Verkaufspreis und Marge.
Gerade hierüber spreche ich immer wieder mit Gründern, die diesen Themen nicht genügend Aufmerksamkeit schenken. Deshalb geraten sie dann in Schwierigkeiten, wenn sich beispielsweise die Liquidität immer weiter verringert.
Vereinzelt gibt es auch Kapitel, die richtig gut sind. Dazu zählt zum Beispiel das Kapitel über Preisgestaltungen. Ich hätte mir zwar ein wenig mehr Hintergrundinformationen gewünscht, aber für den Anfang sind die Ausführungen nicht schlecht. Gründer können sich ja im Anschluss selbst in dieses Thema einarbeiten.
Für wen ist das Buch geeignet
Ich tue mir letztendlich etwas schwer mit der Einordnung des Buches bezüglich seiner Relevanz. Auf der einen Seite ist es mir an einigen Stellen zu oberflächlich geschrieben. Bei mehren Themen hätte ich mir mehr Hintergrund oder weitere Ausführungen zu Folgen von bestimmten Handlungen gewünscht.
Auf der anderen Seite spricht der Autor in „Business for Punks“ viele für Gründer relevante Themen an. James Watt schafft es auch mit seinem Schreibstil, andere interessierte Gründer sehr deutlich auf diese Themen hinzuweisen.
Ich würde das Buch Gründern empfehlen, die noch nicht viele Portraits von Unternehmen oder Gründern gelesen haben. Es ist spannend geschrieben und überfordert den Leser nicht mit zu komplexen Inhalten.
Insbesondere wer noch nicht viel zum Thema „Regeln brechen“ gelesen hat, wird am Buch seine Freude haben. Wer dagegen schon viele Gründer-Stories kennt, erfährt nicht viel Neues . Allerdings ist die Geschichte von Brewdog und ihren Gründern durchaus interessant.
Und verkehrt ist es ja nicht, die Themen, die James Watt anspricht, sich immer mal wieder vor Augen zu führen. Insofern wird man mit der Lektüre zumindest seine Zeit nicht völlig verplempern.
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