Manche Grundschulen wollen laut einem Medienbericht verbieten, dass Kinder mit dem Fahrrad kommen – der Verkehrssicherheit wegen. 2018 gab es nämlich fast 10.000 Unfälle von Rad fahrenden Kindern. Doch wäre ein grundsätzliches Verbot überhaupt die richtige Lösung? Ein Kommentar.
Das Statistische Bundesamt hat 2018 ganze 9.629 Unfälle von Rad fahrenden Kindern zwischen sechs und 15 Jahren registriert.
Die meisten davon sollen sich morgens vor neun Uhr oder nachmittags nach 15 Uhr ereignet haben. Also genau dann, wann die Kinder sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem Hinweg zur, beziehungsweise auf dem Rückweg von der Schule befinden.
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Ab wann sollten Kinder Fahrrad fahren?
Das Statistische Bundesamt gibt an, dass 7.045 der fast 10.000 Unfälle auch tatsächlich auf Fehler der Kinder zurückzuführen sind.
Sie sollen nämlich etwa auf der falschen Fahrbahn gefahren sein oder Probleme beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren und Anfahren gehabt haben.
Das legt im Umkehrschluss natürlich die Vermutung nahe, dass viele Kinder im Grundschulalter – oder zumindest in der ersten Klasse – noch nicht bereit sind, mit dem Rad zu fahren.
Viele gefährden offenbar die Verkehrssicherheit im Straßenverkehr. Deshalb finden in Grundschulen auch oft Lehrstunden zum Radfahren und richtigen Verhalten im Straßenverkehr statt – inklusive Prüfung und Fahrrad-Führerschein.
Fahrrad fahren und Federball spielen
Der Zeit gegenüber erklärt Martin Kraft von der Deutschen Verkehrswacht, dass ein Kind dann Fahrrad fahren kann, wenn es auch Federball spielen kann.
Dazu müsse man schließlich auch mehrere Reize gleichzeitig wahrnehmen, auf sie reagieren und einen Schritt im Voraus denken können – wie im Straßenverkehr eben.
Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten spielen also die entscheidende Rolle. Schließlich müssen Kinder auf dem Rad nicht nur das Gleichgewicht halten und Handzeichen geben können, sondern auch den Bremsweg einschätzen und auf andere Radfahrer, Fußgänger und gegebenenfalls Autofahrer reagieren können.
Laut Kraft sind Kinder deshalb frühestens ab einem Alter von acht Jahren bereit, mit dem Rad am Straßenverkehr teilzunehmen. Das entspricht in der Regel einem Drittklässler.
Es wäre nicht richtig, ein grundsätzliches Verbot auszusprechen
Und das ist vielleicht auch genau der Punkt, warum es nicht richtig wäre, ein grundsätzliches Verbot auszusprechen.
Die Sicherheit steht natürlich an erster Stelle. Aber nicht die Grundschulen sind verantwortlich einzuschätzen, wie weit die geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines Kindes schon entwickelt sind, sondern die Eltern.
Vielleicht ist ein Kind zum Beispiel schon in jungen Jahren viel Fahrrad gefahren und hat von seinen Eltern das richtige Verhalten im Straßenverkehr gelernt, obwohl es gerade einmal sieben Jahre alt ist.
Wäre es dann nicht unfair, dass dieses Kind aufgrund eines grundsätzlichen Verbotes nicht mit dem Rad zur Schule kommen darf?
Und wenn wir das Szenario mal auf die Spitze treiben: Was, wenn dieses Kind keine andere Möglichkeit hat, als mit dem Fahrrad zu kommen, weil zum Beispiel kein Bus am Zuhause vorbeifährt und die Eltern kein Auto haben? Würde man dann eine Sondergenehmigung einholen können?
Kein Kind entwickelt sich wie das andere. Deshalb würde es keinen Sinn ergeben, eine grundsätzliche Regelung aufzustellen.
Verkehrssicherheit trainieren
Verkehrssicherheit steht natürlich an erster Stelle. Deshalb sollten Eltern selbst entscheiden, wann sie ihr Kind mit dem Fahrrad fahren lassen können und wann nicht.
Vielleicht wäre es sogar kontraproduktiv, Kindern das Radfahren zur Grundschule zu verbieten. Gerade wenn sie schon etwas älter sind, dürften schließlich ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten entsprechend entwickelt sein.
Denn irgendwann müssen die Kleinen schließlich lernen, wie man sich im Straßenverkehr verhält – wenn sie Rad fahren wollen, eben auch als Radfahrer.
Und das geht auf einem Weg, den die Kinder in und auswendig kennen, wohl nun mal am besten.
Zum Weiterlesen:
Was wäre denn die Rechtsgrundlage für so ein Verbot?
Ich ja nur Jurist, aber ich halte es für ziemlich ausgeschlossen, dass die Grundschule so in das Privatleben der Schüler eingreifen kann. Und solange das Kind der Schulpflicht unterliegt, muss die Schule es unterrichten, egal ob es mit Fahrrad, zu Fuß oder im Panzer angefahren kommt.
Die Grundschule kann höchstens Fahrräder auf ihrem Gelände verbieten, aber dann binden die Kinder das Fahrrad halt am Baum im Park davor an.
Rechtlich gibt es natürlich keine Grundlage für so ein Verbot. In Bayern – so berichtet ein Leser – haben viele Schulen es trotzdem eingeführt und Eltern halten sich wohl überwiegend auch daran.
Wie weit dürfen Schulen in das Privatleben eingreifen? Ich hoffe nicht so weit.
Ich sehe hier die Eltern in der Pflicht die Kinder richtig einzuschätzen. Nur sie können beurteilen, ob ihre Kinder schon genügend Fähigkeiten erreicht haben, um am Straßenverkehr teilzunehmen.
Ich sehe auch die übrigen erwachsenen Verkehrsteilnehmer in der Pflicht, besonders auf die jüngsten und schutzlosesten Rücksicht zu nehmen.
Mein Fazit: ich halte ein Verbot dieser Art kontraproduktiv. Hilfreich wäre es, den Schulunterricht auszuweiten und dem Thema Verkehrssicherheit einen höheren Stellenwert zu geben.