In dieser Woche hat der für die Luftfahrtindustrie verantwortliche IT-Anbieter SITA Medienvertreter und Fachleute der Luftfahrtbranche nach Lissabon eingeladen, um über die aktuellen Fortschritte von diversen Projekten zu berichten. Auch ich durfte teilnehmen und habe in den 1,5 Konferenztagen einige neue Einblicke in die Digitalisierung der Luftfahrtbranche erhalten. Eins vorab: Sowohl Flug, als auch Unterkunft wurden von SITA übernommen. Dies hatte aber zu keinerlei Zeit Einfluss auf den Inhalt dieses Artikels.
Aber zunächst möchte ich für all diejenigen, die noch nichts von SITA gehört haben, eine kurze Zusammenfassung zum Anbieter schreiben. SITA kann man sich einfach gesagt als IT-Dienstleister für die Luftfahrtbranche vorstellen. Das Unternehmen arbeitet dabei mit (fast) allen Fluggesellschaften und Flughafenbetreibern der Welt zusammen, um eine einheitliche Vorgehensweise in der Flug-IT zu ermöglichen. Angestellt sind 4.700 Mitarbeiter in 197 Ländern.
Eine der Technologien, die SITA zur Verfügung stellt, ist ein System, durch das Passagiere mittels ihrer Bordkarte und einem digitalen Gesichtscan vom Check-in bis in das Flugzeug kommen. Konkret wird dieses schon in Miami und auf einem Flughafen in Griechenland eingesetzt. Hier findet ihr unsere Berichterstattung dazu.
In den verschiedenen Veranstaltungen der Konferenz wurde vor allem eins deutlich: Der aktuelle Fokus liegt schwerpunktmäßig auf die weitere Digitalisierung des Betriebs, um noch mehr Kundenzufriedenheit zu erreichen. Dazu investierten Fluggesellschaften und Flughäfen 2018 rund 50 Milliarden US-Dollar. Bisher zeigte diese Maßnahme tatsächlich das gewünschte Ziel: Die Kundenzufriedenheit stieg laut einer Umfrage im Vergleich zum vorherigen Jahr um 20 Prozent.
Und das ist noch längst nicht alles. Sowohl die Fluggesellschaften, als auch die Flughäfen investieren einen immer größeren Anteil ihrer Umsätze in die IT-Infrastruktur. Lagen die Ausgaben im Jahr 2016 noch bei 28 Milliarden US-Dollar (was ungefähr 4,39 Prozent des Umsatzes der Flughäfen ausmacht), steigen diese in diesem Jahr voraussichtlich auf 61 Milliarden US-Dollar (entspricht 6,26 Prozent des Umsatzes). Vor allem in die Bereiche Cloud Services, Cybersecurity und Business Intelligence (also das Erheben, die Aufbereitung und Nutzung von Daten) stehen im Vordergrund.
Der Begriff, den ich während meines Aufenthalts am häufigsten gehört habe, war dabei die Kundenzufriedenheit. Schließlich möchte man, dass Urlauber, Pendler oder andere Flugreisende möglichst bald und in kurzen Abständen wiederkommen. Da sich Flughäfen aber nicht beliebig vergrößern lassen (beispielsweise aufgrund des Platzmangels), sieht man ein großes Potenzial in der Digitalisierung ebendieser. So soll in Zukunft der Live-Standort von jedem Gepäckstück, die Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen oder beim Boarding und die Besucherströme minutengenau erfasst werden. Kunden können diese Informationen dann über Apps abrufen und so ihren Aufenthalt optimal planen.
Aber nicht bei jedem findet die Digitalisierung am Flughafen ein offenes Ohr. Gerade nicht technikaffine Reisende sind meist unzufriedener mit ihrer Reise, als Menschen, die sich mit der Materie auskennen. So schwankt die Zufriedenheit je nach Prozess um 0,7 Prozent (bei der Abgabe des Gepäcks) bis zu unglaubliche 8,6 Prozent (bei der Abholung des Gepäcks). Was ich persönlich schade fand, war, dass die „älteren“ Gruppen (also die Menschen, die die 40-50 überschritten haben) kaum Thema waren. Der Fokus lag ganz auf der jüngeren Generation.
Denn was bringt es, wenn Opa mit 75 Jahren vor einem digitalen Gesichtscan-Check-in steht und am Touchscreen verzweifelt? Es mag sein, dass die Digitalisierung für viele einen deutlich einfacheren Prozess parat hat, trotzdem sollten aber auch Menschen außerhalb der Hauptzielgruppe beachtet werden.
Das und gerade das Thema Datenschutz konnte ich im persönlichen Interview mit Michael Urbaner, Vice President Sales für Zentraleuropa, ansprechen. Dieses findet ihr im Laufe der kommenden Woche in einem gesonderten Artikel auf unserem Blog.
Fazit: Die Digitalisierung an Flughäfen weltweit bringt sowohl Chancen, birgt aber auch Nachteile und Risiken. Was gibt es schöneres, als schnell und unkompliziert vom Check-in zum Flugzeug zu kommen und immer über den aktuellen Status des eigenen Gepäcks auf dem Laufenden zu sein? Die Vernetzung bringt dabei nicht nur mehr Komfort, sondern auch deutlich mehr Hygiene (bspw. durch Sensoren in sanitären Anlagen) mit.
Auch für die Fluggesellschaften erschließen sich neue Potenziale. Triebwerke werden vernetzt und bringen neben einem geringeren Verbrauch, der sich positiv auf Kosten der Gesellschaft und die Umwelt auswirkt, auch neue Daten mit, die die Bodenkontrolle für die Abwicklung des Folgeverkehrs nutzen kann. Besonders der Aspekt Cyber Security wird hier in den kommenden Jahren eine immer größere Rolle spielen.
Trotzdem sollte man nicht nur die digitale Vernetzung im Blick haben, sondern auch stärker die positiven Aspekte hinterfragen. Was passiert, wenn das Internet temporär ausfällt? Was passiert, wenn Opa nicht mit dem Automaten zurechtkommt? Was passiert, wenn ein Angreifer Zugriff auf die Infrastruktur hat? Denn neben dem Best Case sollte es immer einen Plan B geben, wenn mal etwas nicht planbar und vernetzt verläuft.
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