YouTube hat seine Richtlinien auf Kosten der Macher verschärft. Ein Algorithmus entscheidet nun, welche Videos für Gewalt stehen und welche nicht. Dabei trifft es oft die Falschen. Die Initiative Fairtube geht nun gegen die Google-Tochter vor – und fordert Fairness und Transparenz. Ein Überblick.
Hinter der Initiative Fairtube stecken die IG Metall und YouTuber Jörg Sprave. Die IG Metall ist mit 2,27 Millionen Mitgliedern die größte Einzelgewerkschaft in Deutschland und ebenfalls die weltweit größte organisierte Arbeitnehmervertretung.
Sprave zeigt auf seinem Kanal The Slingshot Channel, was man alles mit verschiedenen Steinschleudern anstellen kann – und genau hier liegt das Problem.
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Der 54-Jährige kann heute nicht mehr von den Werbe-Einnahmen seines Kanals leben, obwohl er 2,3 Millionen Abonnenten zählt. YouTube hat 2018 nämlich seine Richtlinien geändert, weil Unternehmen ihre Werbung nicht mehr in Videos mit Gewalt und anderen extremen Inhalten publizieren wollten.
Sein Kanal wurde vom Brand-Safety-Algorithmus der Google-Tochter in der Kategorie Waffen eingeordnet. Eine Maschine hat also über sein Schicksal entschieden und kein menschlicher Ansprechpartner. Das prangert Fairtube an.
Fairtube fordert Fairness und Transparenz
Die Initiative hat eine Homepage eingerichtet, auf der sie neue Informationen veröffentlicht und Interessierte auf dem Laufenden hält. Dort listet sie auch ihre Forderungen auf: Fairtube will wissen, wie Videos in bestimmte Kategorien einsortiert werden. Der Algorithmus alleine scheint sich dabei schließlich zu vertun.
Das hat natürlich seinen Preis: Creator wie Sprave verlieren durch solche Fehleinschätzungen ihre Einnahmen. Fairtube kritisiert außerdem, dass YouTube teilweise ohne nachvollziehbaren Grund Kanäle sperre. Deshalb fordert die Initiative menschliche Ansprechpartner und Beteiligung durch beispielsweise einen Beirat.
Zusammenfassend kämpft Fairtube also für Fairness und Transparenz für alle YouTube-Creator. Das hat seinen Grund: Sprave steht mit dem Ausfall seiner Einnahmen nicht alleine da.
Bevor er sich mit der IG Metall zusammenschloss, gründete er die Facebook-Gruppe The YouTubers Union. Darin versammelt er aktuell über 24.000 Mitglieder aus aller Welt. Weitergeholfen hat die Gruppe allerdings nicht.
Fördert YouTube die Scheinselbstständigkeit der Video-Creator?
Mit der Gewerkschaft im Rücken scheint Sprave nun mehr Erfolg zu haben: Für den 22. Oktober 2019 ist ein Treffen von Vertretern von Fairtube, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und Verdi mit Google angesetzt.
Fairtube hatte den Konzern aus dem kalifornischen Mountain View zuvor kontaktiert und ihm eine Deadline gesetzt. Gut acht Stunden vor Ablauf des Countdowns hatte sich Google mit einer Einladung in die Berliner Zentrale gemeldet.
Google muss sich beim Treffen vielleicht auch direkt mit der Frage auseinandersetzen, ob YouTube nicht gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstößt. Die Plattform legt nämlich nicht offen, welche personenbezogenen Daten sie sammelt und verarbeitet.
Falls das so sein sollte, könnte YouTube bis zu vier Prozent des weltweiten Umsatzes des vergangenen Geschäftsjahres als Strafe zahlen müssen. Da die Plattform Milliardenumsätze erzielt, würde die Strafe drastisch hoch ausfallen.
Unklar ist auch, ob YouTube möglicherweise die Scheinselbstständigkeit der Video-Creator fördert. Der Arbeitsrechtler Thomas Klebe erklärt nämlich, dass YouTuber in gewisser Weise von der Plattform als Vertragspartner abhängig seien.
„Zum Beispiel arbeiten sie als Partner nach genauen Regeln und Weisungen von YouTube“, sagte er dem Portal Netzpolitik.org. „Sie werden ständig gerated und in ihrer Arbeit kontrolliert. Und schließlich erfolgt die gesamte Akquise, die Kundenverwaltung, die Werbung über YouTube und nicht über den YouTuber.“
So stehen die Chancen auf Erfolg
Fairtube kann beim Verhandlungsgespräch in Berlin auf die langjährige Erfahrung der IG Metall vertrauen. Aber Google ist schlau.
In ihrem Einladungsschreiben an Fairtube steht laut eigener Aussage geschrieben, dass Google über „die Zukunft der Arbeit“ sprechen will – nicht aber über die gestellten Forderungen, wie die Initiative der Presse entnommen habe.
Sprave erwartet „handfeste Zugeständnisse von YouTube“, und auch, dass diese „schnell umgesetzt werden“. Wenn Google nicht mit Fairtube zusammenarbeiten wolle, so der YouTuber, müsse sich der Konzern einer gerichtlichen Auseinandersetzung stellen.
Fairtube macht also mächtig Druck. Ein Rechtsstreit könnte extrem teuer und verheerend für YouTube enden. Deshalb stehen die Chancen in den Verhandlungen auf Erfolg gar nicht mal schlecht.
Sprave spekuliert auch, dass das Unternehmen sich nur deshalb während der gestellten Deadline bei der Initiative gemeldet habe. Ansonsten wären wohl schon längst stressige Tage für die Google-Tochter angebrochen.
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