Wer sich für sein Unternehmen im Social Web bewegt, braucht Regeln. Diese gibt es meistens in Form von Social Media Guidelines. Dabei begehen viele Verantwortliche jedoch gravierende Fehler. Schließlich geht es dabei nicht um Kontrolle, sondern um Freiheit.
Ein junger Mann arbeitet sich öffentlich an Greta Thunberg ab. An einem 16-jährigen Mädchen, das zum Klimaschutz aufruft.
Ihre Reise mit dem Segelschiff nach New York wird anhand von Halbwahrheiten in einem Video als Klimasünde verkauft, das in Schnitt, Ton und Darstellung stark an das öffentlichkeitswirksame Video „Die Zerstörung der CDU“ von Youtuber Rezo erinnert.
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In dem von mir beschriebenen Fall handelt es sich um das Video der CSU mit dem Titel „NEU! #CSYOU – Episode 1“. Dieses Video ging viral. Allerdings waren die Reaktionen überwiegend negativ, dass es für Jahre als Lehrstück für ein versautes Community Management in Seminaren und Weiterbildungen herhalten wird.
Warum? Weil das Video populistisches Stammtisch-Gegröle beinhaltet, kritische Kommentare gelöscht wurden und ein Community Management nicht stattfand. Kurzum: Es wurden alle Fehler gemacht, die ein Unternehmen, eine Partei oder sonst eine Initiative nur machen kann.
Stellen wir uns nun vor, ein solches Video zu einem beliebigen Thema würde der Mitarbeiter eines Unternehmens machen. Im „besten“ Fall nennt er auch noch seinen Arbeitgeber. Worst Case.
Social Media Guideslines geben einen Rahmen vor
Die Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann ich mir lebhaft vorstellen. Genau so entstehen Shitstorms – die größte Angst deutscher Unternehmen. Social Media Guidelines können effektiv helfen, solche Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen und dem Worst Case zuvorzukommen.
Die Voraussetzung dafür ist Vertrauen in die Mitarbeiter. Natürlich setzt ein solches Video eine Freigabe voraus. Irgendjemand hat dem Inhalt und der Veröffentlichung zugestimmt. Der Fisch stinkt immer vom Kopf her.
Aber gehen wir davon aus, dass in Unternehmen ehrenwerte und denkende Köpfe sitzen, die ihren Mitarbeitern eine Leitlinie geben, wie sie sich im Netz zu verhalten haben. Dann sind Social Media Guidelines eine echte Hilfe.
Wie diese aussehen können, zeigt beispielsweise Tchibo. Bereits vor Jahren hat das Unternehmen festgelegt, welche Werte der Organisation wichtig sind und was das Unternehmen online von seinen Mitarbeitern erwartet. Mit der Figur von Herrn Bohne schrieb Tchibo Netz-Geschichte.
Viele andere Unternehmen machen es ähnlich. Mit dem Ergebnis, dass sich inzwischen viele Best-Practice-Beispiele im Web tummeln, die zeigen, wie Mitarbeiter aktiv in die Unternehmenskommunikation eingebunden werden können.
Wichtig ist meiner Meinung nach, dass solche Guidelines kurz, aber klar formuliert sind. Das heißt: Es sollte nur wenige Vorgaben seitens der Unternehmensführung geben. Diese sollte sie aber sehr deutlich formulieren.
Dazu gehört eine klare Abgrenzung zu persönlichen Meinungen, die rassistisch oder diskriminierend sind. Wer sich online zu Inhalten seines Unternehmens äußert, sollte sich als Mitarbeiter oder Mitarbeiterin zu erkennen geben.
Es braucht einen Ansprechpartner, der bei Fragen oder Unsicherheit kontaktiert werden kann. Außerdem braucht es klare Anweisungen, wie sich im Netz verhalten werden soll, wenn kritische Kommentare und Inhalte zum Unternehmen oder Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gesehen werden.
Auch sollten Unternehmen das Wording vorgeben, wie die Nennung des Unternehmens online erfolgen soll – zum Beispiel YX AG oder XY Gruppe.
Gute Social Media Guidelines bieten maximale Freiheit
Sehr gut hat das meiner Meinung nach die Westfalen AG umgesetzt. Das Technologie-Unternehmen aus Münster hat acht Go’s und fünf No-Go’s definiert, die den Mitarbeitern eine Richtung vorgeben.
Darin enthalten ist beispielsweise je ein Hinweis dazu, dass sich Mitarbeiter niemals negativ über Wettbewerber oder deren Produkte äußern sollen oder dass keine Betriebsgeheimnisse verraten werden dürfen.
Dabei hilft ein Hinweis auf die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag und dass man nichts schreibt, das man Außenstehenden nicht auch sagen würde. Ein weiterer Punkt in den Guidelines macht klar, dass jeder die Verantwortung für seine Postings trägt.
Hier appelliert das Unternehmen deutlich an das Verantwortungsgefühl des Mitarbeiters. Grundsätzlich unterscheidet die Westfalen AG dabei nochmals zwischen Privatpersonen und Personen, die die Social-Media-Kanäle inklusive Blog bespielen.
Insgesamt bestehen die Social Media Guidelines aus vier Seiten mit nur wenigen Bulletpoints. Pro Bulletpoint gibt es jeweils einen klar verständlichen Satz. Kurz, knapp, präzise und leicht nachzulesen beziehungsweise zu merken.
Gute Social Media Guidelines bieten Mitarbeitern Orientierung und Regeln sowie Arbeitgebern eine Sicherheit. Sie bieten den Mitarbeitern größtmögliche Freiheit, sich im Netz zu bewegen.
Wahrscheinlich hätte das der CSU auch geholfen. Und sehr wahrscheinlich sitzt irgendwo in der Parteizentrale ein fähiger Social-Media- und Community-Profi weinend in der Ecke, der oder die die Reaktionen hat kommen sehen.
Aber wie das so ist: Den Propheten im eigenen Laden hört man nicht. Macht es einfach besser als die Verantwortlichen von CSYou.
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