Stark Mobility wurde lange Zeit für sein innovatives E-Board gefeiert. Jetzt hagelt es Kritik. Nutzer werfen dem Unternehmen sogar Betrug vor. Stimmt das? Wir haben uns auf die Suche nach Antworten gemacht – und dabei die ziemlich bewegte Geschichte eines Mobilitäts-Start-ups gefunden.
„Dieses Projekt ist ein Scam.“ „Leute, die werden uns nie ein fertiges Produkt schicken.“ „Es sieht so aus, als ob Starkboard zu viel Angst hat, um [für seine Fehler] geradezustehen. LOSERS!“
Derart scharf wird derzeit das Mobility-Start-up Stark Mobility im Netz beschimpft. Noch vor zwei Jahren sah es ganz anders aus.
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Das Unternehmen wollte ein neues Elektro-Skateboard entwickeln, das Starkboard. Dieses sollte nicht nur ohne Fernbedienung steuerbar sein, sondern noch dazu halb so günstig wie die E-Boards der Konkurrenten.
E-Board-Fans auf der ganzen Welt waren begeistert und unterstützten die Crowdfunding-Kampagne des Start-ups auf Indiegogo. Doch nur ein Jahr später wendete sich das Blatt. Nutzer und Unterstützer weltweit werfen Stark Mobility mittlerweile Betrug vor.
Was ist passiert?
Alles nur ein Déjà-vu?
Um alle Vorwürfe gegen Stark Mobility zu verstehen, muss man mit Laurens Laudowicz anfangen, dem Haupt-Gründer hinter dem Start-up.
Laudowicz ist kein Neuling, wenn es um Unternehmensgründungen geht. Vor Stark Mobility hatte der Geschäftsmann aus Honolulu verschiedene Start-ups ins Leben gerufen. Eines davon heißt Juices. Er gründete Juices gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Hannes Reichelt aus Bremen.
Juices vertreibt Ladekabel für Android, iOS, Windows und Blackberry, die vor allem durch ihr Design herausstechen sollen.
Auch hierfür startete Laudowicz 2011 eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter. Genauer genommen startete Laudowicz drei verschiedene Kampagnen für unterschiedliche Arten von Juices-Kabeln und sammelte dadurch insgesamt 344.386 US-Dollar von mehr als 10.000 Unterstützern ein.
Doch nachdem das Projekt auch in der Fachpresse positives Feedback bekam, ging es später bergab. Nutzer auf Instagram beschwerten sich zum Beispiel, dass sie die Kabel entweder nie erhalten hätten oder diese nach wenigen Monaten kaputt gegangen seien.
Was hat das alles mit Stark Mobility und dem Starkboard zu tun?
Es ist insofern bedeutsam, als sich nun das Gleiche mit dem Starkboard zu wiederholen scheint.
Starkboard: Hochgelobt, tief gefallen
2017 startet Starkmobility seine Crowdfunding-Kampagne für das Starkboard auf Indiegogo. Es gibt zunächst viel Lob für das coole E-Board, sowohl in verschiedenen Publikationen in der US-Presse als auch in deutschen Magazinen. Auch wir haben über das Start-up berichtet.
Die Indiegogo-Kampagne verläuft entsprechend erfolgreich und bis Dezember 2017 sammelt das Starkboard 244.341 US-Dollar von 367 Unterstützern. Doch nach anfänglicher Begeisterung bei Nutzern hagelt es auch hier nun seit gut sechs Monaten in den Kommentaren Beschwerden von allen Seiten.
Was jetzt eskaliert, fängt 2018, also nach dem Ende der Kampagne, zunächst mit Kritik an der verzögerten Lieferung und dem Produkt an.
In dieser Anfangsphase, in der erste Backer ihre E-Boards bekommen, werden erste technische Mängel sichtbar. Einige Akkus entzünden sich. Bei einigen funktioniert der Sensor für die Steuerung nicht ganz richtig. Bei anderen gibt es Probleme mit der Steuerung.
Zu diesem Zeitpunkt antwortet Stark Mobility noch auf fast alle Anfragen auf Indiegogo. Das Unternehmen entschuldigt sich und bittet die Nutzer um Geduld. Sie sollen zunächst ihre E-Boards zurückschicken.
Frustriert, aber noch einigermaßen geduldig, machen viele Unterstützer das und warten nun auf ein neues Board.
Die Freude war groß – und kurz
Zu diesen Unterstützern gehören auch einige Starkboard-Fans aus Deutschland wie Amir Farhang Gharagozlou und seine Frau Maria aus Bremen. Ihr Fall ist exemplarisch für das, was viele andere erleben.
Im September 2017 kauft Maria Gharagozlou das Starkboard als Geschenk für Ihren Mann auf Indiegogo. Der versprochene Liefertermin ist Februar 2018. Das Board kommt schließlich einige Monate später, im Juli, an.
„Die Freude war groß, leider jedoch nur sehr kurz”, schreibt Amir Fahang Gharagozlou in einer E-Mail an Mobility Mag. „Nach weniger als insgesamt 80 Kilometern hat der Sensor aufgehört zu funktionieren.“
Amir Farhang Gharagozlou schickt also, genau wie andere Käufer, das Starkboard zurück und wartet.
Tage.
Wochen.
Monate.
„Bis zum Februar 2019 wurden wir regelmäßig vertröstet, dass sie weiterhin an einer Lösung arbeiten“, beschreibt er die Situation gegenüber Mobility Mag.
Ein Blick auf den Blog von Stark Mobility zeigt, dass das Start-up bis März 2019 sehr regelmäßig Updates und Informationen veröffentlicht.
Seitdem herrscht völlige Funkstille und auch Amir Farhang Gharagozlou hört nichts mehr vom Unternehmen. „Im April und Mai dann wurde die Ungeduld langsam zu Missmut und die E-Mails wurden weiterhin nicht beantwortet.“
Stark Mobility schickt T-Shirts statt E-Boards
Mittlerweile haben aber nicht nur Indiegogo-Backer, sondern auch andere E-Board-Fahrer das Starkboard über die Website von Stark Mobility bestellt.
Dazu gehört auch Christin Kobs aus Nordrhein-Westfalen. Ihr Ehemann findet das Starkboard über einen gesponserten Link auf Facebook. Als begeisterter Skateboarder hat es ihm das E-Board ohne Fernbedienung sofort angetan und er bestellt es im April 2018 über die Website von Stark Mobility.
Inklusive Ersatzakku und Versand zahlt er 868,95 US-Dollar per Paypal an Stark Mobility. Doch das E-Board kommt und kommt nicht an. Auf mehrere Nachfragen hin, wo das Board denn bleibe, werden sie bis Juli 2018 immer weiter vertröstet.
„Die letzte Mail, die wir geschickt haben und welche beantwortet wurde, war am 15. Juli 2018“, erzählt Christin Kobs gegenüber Mobility Mag. „Danach wurde nur noch auf die Updates der Indiegogo-Seite verwiesen. Man wurde immer auf die lange Bank geschoben und es gab danach nie eine ordentliche Aussage, wann was versendet wird.“
„Auch die versprochene Trackingnummer gab es nie. Um die Kunden bei Laune zu halten, gab es dann ein Shirt, was erstaunlicher Weise sogar den Weg zu uns gefunden hat.“
So geht es Hunderten Menschen weltweit. Das Stark-Mobility-Shirt ist eine Art Witz unter den gefrusteten Käufern und Unterstützern geworden.
Viele von ihnen, wie Christin Kobs oder Amir Farhang Gharagozlou, haben bis heute weder ein Board, noch eine Erklärung, geschweige denn ihr Geld zurück erhalten. Entsprechend genervter und wütender werden die Kommentare im Netz.
„Starkboard-Opfer“ verbünden sich
Es existiert sogar eine Facebook-Gruppe mit dem bezeichnenden Namen „Starkboard Opfer“. Dahinter steckt eine Art Chat, in der sich frustrierte Nutzer aus aller Welt austauschen und mittlerweile selbst auf die Suche nach Antworten gemacht haben. Denn sie verstehen nicht, was mit ihren E-Boards passiert ist.
Einige haben Kontakt zur Produktionsfirma in China aufgenommen, andere fahren zum „Firmensitz“ von Stark Mobility nach Berlin – nur um dort festzustellen, dass Stark Mobility hier kein Büro mehr hat.
All das ist alles andere als vertrauenserweckend. Kein Wunder, dass viele vermuten, Stark Mobility sei ein einziger Scam.
Ist Stark Mobility ein Betrug?
In einem Reddit-Thread – wo natürlich gerne und oft Verschwörungstheorien im Internet entstehen – glauben Nutzer, dass die Masche von Laurens Laudowicz Methode habe.
Wie vor acht Jahren bei Juices, so die Vermutung, habe Laudowicz auch mit dem Starkboard erst eine große Crowdfunding-Kampagne gestartet, Nutzer mit Versprechen gelockt und am Ende das Geld eingesteckt, ohne jemals etwas Handfestes – oder ein funktionierendes Produkt – an seine Backer zu schicken.
Ein Nutzer aus der Facebook-Gruppe hat mittlerweile sogar eine Strafanzeige beim LKA in Berlin eingereicht.
Auch Christin Kobs und Amir Farhang Gharagozlou haben schon über rechtliche Schritte nachgedacht, auch wenn sie bislang noch nicht so weit gehen wollten.
Doch stimmt das alles überhaupt? Ist Laurens Laudowicz wirklich ein Betrüger? Steckt hinter Stark Mobility ein großer Scam? Warum gibt es das Berlin-Büro nicht mehr?
Wir haben bei Laudowicz selbst nachgefragt. Dieser äußert sich damit bei Mobility Mag erstmals öffentlich zu allen Vorwürfen.
Start-up hat kein Geld, ist aber nicht pleite
In einem langen Telefongespräch im August 2019 mit Mobility Mag hat Laudowicz sich nun erstmals öffentlich zu all diesen Vorwürfen geäußert.
Er klingt aufrichtig um Aufklärung bemüht. Wir erreichen ihn in Berlin, wo das Stark-Mobility-Team mittlerweile nur noch aus ihm und einem weiteren Mitarbeiter bestehe, sagt er. Der Rest habe das Unternehmen verlassen. Kein Wunder!
Wenn man Laudowicz glauben darf, ist das Bankkonto von Stark Mobility leer und wird derzeit vor allem von ihm privat finanziert. Löhne gibt es nicht mehr. Dennoch, und darauf besteht er: Stark Mobility sei nicht pleite und habe auch nicht Insolvenz angemeldet.
Doch außer dem Geld, das Laudowicz und einige seiner Mitgründer in das Unternehmen gesteckt haben, gebe es keine andere Finanzierung.
Aus diesem Grund habe man auch das Berliner Büro im Juli 2019 geschlossen. „Es hat keinen Sinn ein großes Büro für 20 Leute zu unterhalten, wenn du nur noch zwei oder drei Mitarbeiter hast. Ich möchte lieber einen Unterstützer entschädigen als 2.000 US-Dollar für ein Büro auszugeben“, sagt Laudowicz.
Tatsächlich habe Stark Mobility auch nie ein Gewerbe in Berlin angemeldet, sagt er, sondern lediglich ein Büro für Mitarbeiter gemietet. Eine kurze Nachfrage beim Gewerbeamt Berlin bestätigt das: Stark Mobility hat nie offiziell ein Gewerbe in Berlin angemeldet.
Stark Mobility ist echtes Unternehmen
Doch das Unternehmen scheint tatsächlich zu existieren und seinen offiziellen Firmensitz im US-Steuerparadies Delaware zu haben. Das bestätigt auch Hannah Boomgaarden, Pressesprecherin bei Start-up-Autobahn, gegenüber Mobility Mag.
Start-up-Autobahn ist ein Stuttgarter Event, das große Konzerne wie Daimler mit Start-ups zusammenbringt. Genau hier war Stark Mobility noch im August 2019 vor Ort, um Investoren für sein neuestes Projekt – eine Carsharing-Plattform – zu suchen.
Laut Hannah Boomgaarden hat es diese auch unter einem großen deutschen Autobauer gefunden. Mehr wollte Boomgaarden dazu nicht sagen. Dennoch ist sie sich ganz sicher, dass Stark Mobility kein Fake-Unternehmen ist, sagt sie am Telefon gegenüber Mobility Mag.
„Ich kann bestätigen, dass Stark Mobility ein echtes Unternehmen ist. Es ist gar nicht so unüblich für Start-ups aus dem Ausland, dass sie in Deutschland zum Beispiel nur in Coworking-Spaces arbeiten und kein offizielles Gewerbe anmelden“, sagt sie. Der Grund? Die deutsche Bürokratie!
Das mag natürlich sein. Doch das erklärt natürlich nicht, was mit den Starkboards passiert ist.
Anfangs läuft alles nach Plan
Das ist für Laudowicz ähnlich frustrierend wie für seine Backer. Denn beim Starkboard scheint so ziemlich alles schief gelaufen zu sein, was mit einem neuen Produkt schieflaufen kann.
Hier ist seine Sicht der Ereignisse.
Die Starkboards werden von Anfang an in China produziert. Obwohl es genau hier schon Probleme bei der Produktion mit den Kabeln von Juices gab, setzt Laudowicz wieder auf China als Produktionsstätte.
Warum? „Es gibt einfach Produkte, die ausschließlich in China hergestellt werden. Würden sie außerhalb produziert werden, könnte niemand sie sich leisten“, sagt er dazu trocken.
Auf den dezenten Hinweis hin, dass viele Konkurrenten genau deshalb die Produktion ihrer E-Boards zumindest teilweise nach Europa oder in die USA verlegt haben, hat er folgenden Kommentar übrig: „Die sind alle nicht profitabel.“
China blieb daher die erste Wahl als Produktionsstandort für Stark Mobility. Die Starkboards sollen in drei verschiedenen Serien produziert werden. So könne man – falls es Probleme mit einer Fuhre gebe – das Produkt für die nächste Serie nachbessern.
„Willkommen in China!“
Anfangs läuft auch alles noch nach Plan. Wie bei einer neuen Serienproduktion üblich gibt es vor der ersten Serie zunächst einige Sample-Produkte des Starkboards. Die Qualität dieser ersten Testfuhre soll ein Team vor Ort testen.
Das Team prüft diese ersten E-Boards auf Herz und Nieren und stellt kein einziges Problem fest. So beschreibt es zumindest Laurens Laudowicz.
Die eigentlichen Serienprodukte, die im Detail natürlich von den getesteten Sample-Boards abweichen können, habe man aber nicht getestet, sondern erstmals an etwa 50 „Botschafter“ herausgeschickt mit dem Hinweis, dass es noch Probleme geben könnte.
Auch das ist erstmal nicht ungewöhnlich. Wir haben ebenfalls schon ein E-Bike in einem solchen Frühstadium der Produktion getestet.
Doch anders als bei den Sample-Boards, die das Team getestet hat, sind viele dieser ersten E-Boards für die Botschafter defekt. Entweder gibt es Probleme am Sensor, am Motor oder mit der Steuerung.
Wie können die Serienprodukte aber so stark von den getesteten Sample-Boards abweichen? „Willkommen in China!“, sagt Laurens Laudowicz dazu nur mit einem leicht bitteren Lachen.
Zu diesem Zeitpunkt sieht das Team diesen Stolperstein noch als eine der üblichen Anfangsschwierigkeiten, die man regeln kann. Nach monatelanger Arbeit glaubt Stark Mobility sogar alle Probleme der ersten Serie des Starkboards gelöst zu haben und gibt die zweite Serie der Produktion in Auftrag.
Der „Holy-Shit-Moment“
Diesmal will man aber auf Nummer sicher gehen.
„Wir haben aus der zweiten Serie jedes einzelne Board getestet. In einem unserer Blog-Updates [#26] erklären wir, dass genau darum einige der verschickten E-Boards Staub an den Rädern haben. Wir wollten einfach sicher sein, dass das Produkt diesmal funktioniert.“
Alles scheint in Ordnung zu sein und die nächste Ladung Starkboards geht heraus. Das sind die E-Boards, die die meisten Indiegogo-Unterstützer Mitte 2018 aus den USA und Europa erhalten.
Doch nach einigen Monaten gibt es eine neue Schreckensmeldung von Starkboard-Nutzern: Auch hier versagt der Sensor, diesmal ist es ein anderer, gravierenderer Defekt als bei den Botschafter-Boards. Laudowicz nennt das den „Holy-Shit-Moment“.
„Das war etwas, das sich erst nach Monaten im Gebrauch herausgestellt hat und wir wirklich nicht hätten testen können. Das Problem war, dass die Gewichts- und Bewegungserkennung beim Sensor ausfiel. In diesem Moment war klar, dass wir keine weiteren E-Boards mehr herausschicken konnten, da du hier wirklich mit dem Leben von Leuten spielst.“
Die Produktion wird also unmittelbar eingestellt. Für Kunden aus dem Pazifik-Raum, die zu diesem Zeitpunkt noch auf ihre Lieferungen warten, bedeutet das: Sie haben bislang noch kein Starkboard bekommen und werden wohl nie eins sehen.
Die anderen Nutzer aus den USA und Europa, wie Amir Farhang Gharagozlou, die mittlerweile die Probleme dieser zweiten Fuhre selbst bemerken, schicken ihre defekten Boards zurück.
Während sie auf Updates warten, beginnt hier laut Laudowicz das große Rennen um die Lösung – und das große Schweigen.
Mitarbeiter verlassen sinkendes Schiff von Stark Mobility
Zu diesem Zeitpunkt sei es nahezu unmöglich und viel zu teuer gewesen, einen neuen Produktionsvertrag mit einem anderen Hersteller auszuarbeiten, sagt Laurens Laudowicz.
Das Geld der Investoren von Indiegogo steckt aber schon beim chinesischen Hersteller. Dieser wiederum zahlt angeblich nur einen Teil der Produktionskosten an Stark Mobility zurück. Davon erhalten laut Laudowicz viele Käufer, die das Board über die Website bestellt haben, ihr Geld zurück.
Darüber hinaus stecken jetzt Laudowicz, Mitgründerin Carrie Shuler und ein weiterer Mitgründer in China eine beachtliche Summe aus ihrer eigenen Tasche ins Unternehmen, um damit so viele Unterstützer wie möglich entschädigen zu können.
Die meisten Mitarbeiter verlassen spätestens jetzt das sinkende Start-up-Schiff, während Laudowicz verzweifelt versucht eine Lösung zu finden. Er glaubt tatsächlich immer noch, dass er das Starkboard irgendwie retten kann.
Als das mit seinen persönlichen finanziellen Mitteln aussichtslos erscheint, versucht er, neue Finanzquellen aufzutun. Vergeblich. „Ich habe versucht, neue Investoren für Stark Mobility zu finden. Doch es ist sehr viel einfacher, Investoren für eine Idee zu begeistern als für ein existierendes Produkt mit Problemen“, sagt er.
Doch von alldem wissen die Nutzer nichts.
Was hätte man den Backern sagen sollen? Irgendetwas!
Es gibt keine Updates, keine Kommunikation, keine Erklärung mehr. Es sickern nur ein paar Gerüchte durch. Wieso schweigt sich Stark Mobility aus? „Die Kundenkommunikation war bis dahin nicht mein Aufgabenfeld“, sagt Laudowicz dazu.
Er habe an so vielen anderen Fronten zu kämpfen gehabt, dass er den Unmut der Nutzer erst spät bemerkt habe. Wirklich? Es stimmt, dass vor allem Carrie Shuler für die Kommunikation nach außen zuständig ist. Wir haben Shuler ebenfalls kontaktiert, bislang aber keine Antwort erhalten.
Dennoch ist es schwer zu glauben, dass Laudowicz – so beschäftigt er auch gewesen sein mag – von dem Ärger der Kunden so gar nichts mitbekommt. Gerade weil viele ihn auch auf seinen persönlichen Social-Media-Profilen anschreiben.
Zudem habe sich das Start-up in einem Pivot-Moment befunden, sagt er. Es sei nicht klar gewesen, in welche Richtung es weitergehen sollte. Was hätte er seinen Backern sagen sollen?
IRGENDETWAS, würde man meinen.
Das sei ihm jetzt im Nachhinein auch klar, sagt Laudowicz. „Ein beschissenes Update wäre besser gewesen als gar kein Update.“
In der Tat! Es scheint schon erstaunlich, dass ein Start-up, das in der Anfangsphase eher zu viel als zu wenig kommuniziert, gerade in einer kritischen Phase gar nicht mehr ansprechbar ist.
Auch wenn der Gründer sich nicht primär um die Außenkommunikation gekümmert hat, fällt es schwer zu glauben, dass er gerade in diesem Moment keine drei Zeilen für seine Unterstützer übrig hat.
Wo blieb die Offenheit?
Wenn dazu gleichzeitig noch durchsickert, dass Stark Mobility, wie etwa bei der Start-up-Autobahn, mit einer Carsharing-Plattform, schon wieder ein neues Projekt antreibt, hat das zudem einen bitteren Beigeschmack für enttäuschte Nutzer.
Selbst wenn es aus geschäftlicher Sicht vielleicht sogar Sinn ergibt, neue Investoren für ein neues Projekt zu gewinnen und somit das Unternehmen an sich über Wasser zu halten, fragen sich sicher viele: Wieso bewirbt Stark Mobility eine neue Idee, wenn ein altes Problem noch nicht gelöst ist?
Ehrlichkeit und Offenheit auch über das eigene Versagen zu sprechen, wären hier sicherlich eher angebracht gewesen, als in der Versenkung zu verschwinden.
Gerade weil Laudowicz aus seiner vorigen Erfahrung mit Juices weiß, dass geprellte Nutzer sich lautstark beschweren und das Internet diese Beschwerden nicht vergisst!
Keine Rückzahlungen an Indiegogo-Investoren
Können die enttäuschten Starkboard-Käufer überhaupt noch mit einer Entschädigung rechnen? Daran glauben weder Amir Farhang Gharagozlou noch Christin Kobs so richtig. Sie haben mehr oder weniger mit Stark Mobility abgeschlossen und haben sich damit abgefunden, dass ihr Geld weg ist.
Rechtlich wird es sicherlich auch sehr schwierig hier noch eine Entschädigung zu bekommen. Indiegogo-Investoren steht dies ohnehin nicht zu. Die Regelungen der Crowdfunding-Seite ist klar: Geld zurück gibt es nur vor dem Ende einer Kampagne. Danach? Sind die Investoren auf den guten Willen (oder das schlechte Gewissen) der Kampagnen-Initiatoren angewiesen.
Auf Nachfrage von Mobility Mag, was Investoren im Fall „Starkboard“ erwarten können, hat Indiegogo sich bislang nicht geäußert.
Und die Website-Käufer?
Theoretisch haben diese ein Recht auf die Rückzahlung ihres Kaufpreises. Doch woher soll das Geld kommen, wenn das Konto von Stark Mobility wirklich leer ist?
Kann Laurens Laudowicz nachvollziehen, dass seine Investoren und Käufer so sauer sind?
„Natürlich!“ Allerdings – das schiebt er sehr schnell hinterher – habe Stark Mobility seine Verpflichtungen gegenüber den Investoren weitestgehend erfüllt.
Er sieht das Starkboard sogar als erfolgreiches Projekt. „Wir haben an 90 Prozent unserer Backer auf Indiegogo ein E-Board, zum Teil sogar mehrere E-Boards, geliefert. Als es nicht funktioniert hat, haben wir es zurückgenommen.“
Mit anderen Worten: Die Backer haben in ein Produkt investiert und sie haben ein Produkt erhalten, auch wenn es nicht funktioniert hat. Damit sieht Laudowicz seine Pflicht erfüllt, zumindest was die Indiegogo-Investoren betrifft.
Das verlorene Geld der Investoren? Das ist weg! Eine Rückzahlung werde es hier nicht mehr geben, sagt Laudowicz. „Das ist eines der Risiken, die mit Crowdfunding einhergehen“, sagt Laudowicz. Das klingt hart, ist aber tatsächlich etwas, das immer wieder bei Crowdfunding-Projekten passiert.
Vorsicht ist besser als Nachsicht
Für die Website-Käufer dagegen bemühe er sich noch um die ausstehenden Rückzahlungen, bekräftigt Laudowicz. Seiner Aussage nach habe er sogar bereits die meisten Käufer entschädigt.
Wenn man der wütenden Masse im Internet glauben darf, ist das bislang aber bei den wenigsten passiert. Auch Christin Kobs und ihr Mann haben schließlich ihr Geld noch nicht bekommen.
Hier kann man daher an den Versprechen von Laudowicz durchaus Zweifel anmelden. Doch ob man das alles wirklich einen Scam nennen kann? Viel Pech, schlechte Geschäftsentscheidungen und katastrophale Außenkommunikation – ja! Aber Betrug? Fraglich!
Dennoch schadet es sicher nicht, wenn Investoren in Zukunft bei neuen Projekten von Laurens Laudowicz besondere Vorsicht walten lassen.
Lieber ein Board aus Holz
Doch was passiert nun mit den E-Boards?
Es wird keine weitere Starkboard-Version mehr geben. Die Produktion ist endgültig eingestellt und wird auch nicht mehr aufgegriffen. Das hat Laudowicz gegenüber Mobility Mag bestätigt. Auch auf der Website des Unternehmens lassen sich keine E-Boards mehr bestellen.
Das ist vor allem bitter für Käufer wie Christin Kobs oder Amir Farhang Gharagozlou, die nun, abgesehen vom verlorenen Geld, auch kein E-Board mehr erhalten werden.
Gharagozlou möchte trotzdem weiter den Markt beobachten und hofft, dass er vielleicht bei einem neuen Produkt künftig mehr Glück haben wird.
Auch Christin Kobs blickt schon weiter in die Zukunft: „Wenn wir das Geld von Stark Mobility zurückbekommen, könnte man sich überlegen, das in ein neues E-Board zu stecken. Zum jetzigen Zeitpunkt bleiben wir jedoch lieber bei unseren regulären Boards aus Holz.“
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