In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: Waste Buddy.
Start-ups. Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.
Dabei gibt es sie durchaus: Die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Waste Buddy aus München.
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Wer steckt hinter Waste Buddy?
Biomüll – da denke ich automatisch an Kompost, Mülltrennung und irgendwie auch ein bisschen an Natur gemischt mit Nachhaltigkeit. Leider stimmt dieses Bild nicht ganz mit der Realität überein.
Denn wer seinen Biomüll in der dazugehörigen Tonne entsorgt, handelt zwar richtig, übersieht aber oft das eigentliche Problem: die Müllbeutel. Die meisten, für den Biomüll vorgesehenen Tüten lassen sich nicht vernünftig in den Recycling-Zyklus einbinden und belasten daher die Umwelt.
Das Münchner Start-up Waste Buddy rund um die Gründer Charlotte Franke (Produktentwicklung) und Ingmar Klein (Marketing) haben sich diesem Problem gewidmet und die ersten voll abbaubaren, biologischen Müllbeutel entwickelt.
Der Prototyp ist bereits fertiggestellt. Die offizielle Markteinführung plant das junge Unternehmen für Ende August. Die Beutel lassen sich dann zunächst über den Online-Shop beziehen und werden bis vor die Haustüre geliefert.
Zudem spricht das Unternehmen aktuell mit Transition e. V., um die Bio-Müllbeutel vor Ort in Münchner Bioläden anzubieten. Mit diesem Proof of Concept sollen im nächsten Schritt Großhändler wie beispielsweise die Drogeriemarktkette Dm angesprochen werden.
Die Münchner finanzierten die Entwicklung der Beutel mit geringfügigem Eigenkapitalanteil sowie mit dem Preisgeld des Generation-D-Wettbewerbs. Dort belegte Waste Buddy den zweiten Platz und sicherte sich damit einen Scheck in Höhe von 5.000 Euro.
Die Team-Mitglieder selbst arbeiten aktuell ehrenamtlich. Alle Marketing-Leistungen stammen aus der von Ingmar Klein gegründeten Agentur Young & Digital, die er hauptberuflich betreibt.
Was macht Waste Buddy?
Natürlich gibt es mittlerweile zahlreiche Anbieter, die Müllbeutel für die Biotonne herstellen. Tatsächlich ist es aber so, dass viele Tüten in den Verwertungsanlagen aufwendig aussortiert werden müssen, obwohl sie mit „bio“, „kompostierbar“ oder „abbaubar“ gekennzeichnet sind.
Der Grund: Die Beutel brauchen für die Zersetzung und Kompostierung länger als die vorgegebene Lagerzeit. Diese beträgt in der Regel sechs Wochen, die meisten Tüten benötigen jedoch ungefähr zwölf Wochen. In diesem Fall werden die Beutel samt Inhalt aussortiert und verbrannt.
Bei dieser Art der Verbrennung gibt es keine Energieproduktion. Stattdessen geht ein enormes Energiepotenzial verloren. Außerdem entstehen giftige Gase. Um die Müllbeutel also samt Inhalt in den Recycling- und damit auch in den Energie-Zyklus einzubinden, ist es essenziell, die vorgegebene Kompostierzeit einzuhalten.
Waste Buddy hat deshalb einen „echten“ Biomüllbeutel entwickelt, der die Mülltrennung für den Nutzer komfortabler macht und obendrein den Energie-Aspekt erfüllt.
Der Beutel von Waste Buddy besteht aus zweilagigem Altpapier – dem sogenannten Kraftpapier. Er ist so extra reißfest, weicht weniger durch als herkömmliche Papierbeutel und fasst 30 anstelle der üblichen zehn Liter. Ein praktisches Zuzieh-Band minimiert die Geruchsbildung.
Mit den neuen Tüten richtet sich Waste Buddy an alle Haushalte, die keinen eigenen Kompost haben. Aber auch für Nutzer, die Biomüll in Zeitungspapier wickeln, ist Waste Buddy eine praktische Alternative.
Ein Aufruf des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM) war übrigens ausschlaggebend für die Gründung des Start-ups. Der AWM gab selbst Impulse zum Umdenken und brachte eigene Müllbeutel in Umlauf, produzierte diese jedoch nicht. Die Aktion galt ausschließlich der Bewusstseinsschaffung.
Genau das ist auch das Ziel von Waste Buddy, denn nur jeder zweite Deutsche trennt seinen Müll überhaupt richtig. Viele Verbraucher wissen nicht einmal, dass die aktuell am Markt als kompostierbar angebotenen Folienmüllbeutel sich viel zu langsam zersetzen.
Was macht Waste Buddy so besonders?
Mit den biologisch abbaubaren und praktischen Mülltüten hat das junge Start-up tatsächlich eine Nische entdeckt. Hersteller wie Papstar oder Tütle produzieren entweder nur für den B2B-Bereich oder verkaufen primär einlagige und weniger robuste Tragetüten, die dann zur Mülltüte umfunktioniert werden können.
Die Beutel von Waste Buddy hingegen bestehen zu 100 Prozent aus Altpapier, sind vollständig kompostierbar und dabei praktisch und leicht in der Handhabung.
Die Münchner denken außerdem noch einen Schritt weiter. Das neue Team-Mitglied Nicolae Cobasnean ist Produktionstechniker und tüftelt zudem an einer eigenen Biomüll-Recyclinganlage.
Die Idee dahinter: Künstliche Intelligenz nutzen, um organischen von anorganischem Müll zu trennen. Der AWM bekundete laut Aussage von Waste Buddy bereits Interesse daran, bestehende Verwertungsanlagen umzurüsten.
Gibt es Kritikpunkte?
Das Konzept, das hinter Waste Buddy steckt, hat durchaus Potenzial. Die Beutel bestehen zu 100 Prozent aus Altpapier. Damit halten sie die vorgeschriebenen Zersetzungszeiten ein und sind noch dazu super praktisch – Durchweichen und Reißen gehört damit der Vergangenheit an.
Waste Buddy hat es mir außerdem einmal vorgerechnet: Wenn die Mülltüten ihren Weg in jeden deutschen Haushalt finden würden, könnten jährlich rund 1,2 Millionen Menschen mit der aus den Verwertungsanlagen gewonnenen Energie versorgt werden.
Das ist eine beeindruckende Zahl und ein wichtiger Schritt in Richtung saubere Energie.
Was jedoch schade ist: Die Mülltüten lassen sich aktuell nur über den Online-Shop beziehen. Bedenkt man die Lieferwege und rechnet die CO2-Belastung mit dazu, muss man fast wieder den Zeigefinger heben. Aber auch nur fast, schließlich spricht Waste Buddy aktuell in München über Transition e. V. mit den Bioläden vor Ort.
Aus unternehmerischer Sicht sollte man außerdem im Hinterkopf behalten, dass sich das Projekt schnell rentieren muss. Das gilt alleine schon deshalb, weil derzeit alle Team-Mitglieder ohne Bezahlung arbeiten und schon weitere Projekte für die Zukunft geplant sind.
Fazit
Ich bin sehr gespannt, wie sich das junge Unternehmen zum Marktstart schlägt, wie die Beutel ankommen und ob sie über kurz oder lang ihren Weg in die großen Ketten finden.
Zu wünschen wäre es den jungen Gründern. Schließlich steckt ein großartiges Konzept dahinter, das über Mülltrennung aufklärt und damit ein ökologisches Bewusstsein schafft.
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Erstmal zur Mülltüte, das klingt stark. Man muss sich mal überlegen wie viele Plastikbeutel jährlich für den Biomüll verwendet und dann weggeschmissen werden. Der Umstieg auf stabile Papiertüten würde eine riesige Menge an Plastik einsparen.
Auch super finde ich „Die Idee dahinter: Künstliche Intelligenz nutzen, um organischen von anorganischem Müll zu trennen.“ Das ist eine tolle Idee, die neuen technologischen Möglichkeiten gewinnbringend zu nutzen!