Wenn Mitarbeiter sich in kritische Gespräche einklinken und Vorurteile aus dem Weg räumen, ist das eigentlich lobenswert. Das gilt aber nicht, wenn der Arbeitgeber für verlogene Aussagen bezahlt. Genau das macht Amazon wohl gerade – und lässt Amazon FC Botschafter auf Twitter los. Ein Kommentar.
Amazon FC Botschafter heißen die acht deutschen Amazon-Mitarbeiter, die alle seit September oder Oktober 2018 mit ihren Vornamen bei Twitter registriert sind. Sie stehen dort für ihren Arbeitgeber ein und überschütten ihn mit Lob.
Der Name klingt erstmal wie der eines Fußballvereins und irgendwie sollen die Arbeitnehmer das Image von Amazon auch wie ein kleiner Club in den sozialen Medien aufpolieren.
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FC steht nämlich für „Fulfillment Center“, was übersetzt soviel wie Logistikzentrum heißt. Alle acht Botschafter arbeiten beziehungsweise arbeiteten in dieser Abteilung bis sie ihre Stelle als Amazon FC Botschafter antraten. Aber dazu später mehr.
Amazon FC Botschafter: Die schlechten Influencer
Die Twitter-Botschafter haben alle kaum eigene Follower, setzen gelegentlich lobende Tweets über Amazon ab und klinken sich vor allem in kritische Diskussionen ein, um vermeintliche Gerüchte und Vorurteile aus der Welt zu schaffen.
Sie reagieren dabei überzogen freundlich und gerne auch mit unverhältnismäßig vielen Emojis, die man als normaler Nutzer fast schon als Provokation werten kann. Eigentlich benehmen sie sich wie schlechte Influencer.
Auf Tweets, die auf sensible Themen wie die Kritik an ungerechten Löhnen abzielen, antworten die Amazon FC Botschafter sogar mit nackten Zahlen und Fakten. Ob die so stimmen, sei mal dahingestellt.
Wofür werden Amazon FC Botschafter bezahlt?
Natürlich steckt hinter den Amazon FC Botschaftern eine Marketing-Maßnahme. Amazon möchte sein Image wieder verbessern, nachdem immer wieder Medienberichte über erbärmliche Arbeitsbedingungen aufgetaucht waren – und es immer noch tun.
Die Botschafter wirken wenig authentisch, weil sie Amazon in allen Diskussionen verteidigen und schlichtweg in den Himmel loben.
Ob Amazon die Mitarbeiter für ihre Kommunikation auf Twitter bezahlt, hat das Unternehmen bislang nicht direkt bestätigt. Botschafterin Carol aus der US-amerikanischen Stadt Kent twitterte aber einmal, sie werde dafür bezahlt, ihre Arbeitseindrücke auf der Plattform zu teilen.
Trotzdem darf man sich die Frage stellen, wofür die Botschafter ihr Geld erhalten. Geht es darum, dass zufriedene Mitarbeiter ehrlich über ihren Arbeitgeber twittern? Oder geht es tatsächlich darum, mit verlogenen Aussagen das Image von Amazon zu retten?
Letzteres scheint zumindest denkbarer, denn die ausschließlich positiven Tweets der Amazon FC Botschafter stehen gegen etliche kritische Medienberichte.
Nichts als Lügen?
Es scheint zudem, als hätte Amazon die Botschafter-Accounts fest unter seine Fittiche genommen.
Botschafter Nico antwortete nämlich einmal damit auf einen Tweet, dass die Arbeit ihm Spaß mache und seine Kollegen „wie eine zweite Familie“ für ihn seinen – mit der abschließenden Grußformel „Liebe Grüße Andrea“.
Und als das Wirtschaftsmagazin T3n im Februar 2019 über die Amazon FC Botschafter berichtete und ebenfalls auf den vermeintlichen Fauxpas von Nico aufmerksam machte, hieß dieser noch Marco.
Offenbar werden die Botschafter nach einiger Zeit also ausgetauscht – oder die Namen der Accounts einfach geändert. Das lässt darauf schließen, dass die Profile nicht den Mitarbeitern selbst gehören, sondern Amazon.
Authentizität? Fehlanzeige!
Mit Authentizität hat das Marketing-Konzept demnach wenig zu tun. Vielmehr erwecken die ausschließlich positiven Tweets und aufdeckenden Medienberichte den Anschein, als würde Amazon seine Amazon FC Botschafter kontrollieren.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb im Januar 2019 zudem, dass US-amerikanische Mitarbeiter sich im vergangenen Jahr dafür bewerben konnten und dann nur noch als Amazon FC Botschafter arbeiten würden.
Das würde heißen, dass die Mitarbeiter nur noch auf Basis ihrer bisherigen Erfahrungen im Lager twittern würden. Die aktuellen Aussagen der Botschafter wären demnach für die Katz – wie beispielsweise auch die vermeintlichen Eindrücke, die Botschafter Andy gelegentlich aus seinem Arbeitsalltag teilt.
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