Fünfmal schneller: Das Münchener Start-up e-bot7 will mit künstlicher Intelligenz die Bearbeitungszeit von Anfragen im Kundenservice um bis zu 80 Prozent senken.
Egal ob Fragen zum Versand, zur Rechnung oder zur Garantie: Unzählige Anfragen beschäftigen täglich den Kundenservice von Unternehmen. Dort sind die zuständigen Mitarbeiter offenbar häufig komplett ausgelastet: Zwischen einer und dreieinhalb Minuten verbringen Anrufer laut dem Hotline-Test 2018 von Statista und dem Magazin Chip durchschnittlich in der Warteschleife.
Den Arbeitsaufwand, der damit verbunden ist, will e-bot7 reduzieren – und zukünftig die nervige Warteschleife überflüssig machen.
Dabei setzt das Startup auf künstliche Intelligenz (KI), um Standardanfragen sowie Prozesse in den Unternehmen zu automatisieren. Doch den persönlichen Kontakt wollen die Gründer nicht abschaffen. Der hybride Agent+KI® Ansatz von e-bot7 sieht vor, dass Unternehmen die Software unterstützend einsetzen.
Als Standalone-Plattform oder angedockt an Live-Chat oder E-Mail-Programme und Dienste wie zum Beispiel Salesforce, automatisiert die KI entweder Antworten. Oder sie generiert Antwort-Vorschläge, die Kundenservice-Mitarbeiter bei Bedarf noch anpassen können.
Damit, so das Versprechen des Start-ups, lasse sich die durchschnittliche Bearbeitungszeit von Kundenanfragen um bis zu 80 Prozent senken. Dank Deep-Learning-Technologien sollen die Vorschläge immer passgenauer werden.
2016 wurde e-bot7 von Fabian Beringer, Xaver Lehmann und Maximilian Gerer gegründet. Inzwischen arbeitet der Pionier für KI-Applikationen im deutschsprachigen Raum mit namhaften Großkunden wie der Deutschen Bahn, Miele, HDI oder der Commerzbank aus unterschiedlichen Branchen zusammen.
Die KI lernt im Kundenservice
„Wir entlasten Unternehmen mit unserem KI-System, indem wir es in ihre Kundenservice-Prozesse integrieren. Dazu integrieren wir unsere Standalone-Lösung oder schließen unsere Anwendung an das CRM-System unserer Kunden an“, sagt Fabian Beringer.
Der Name des Start-ups ist dabei Programm. „Das ‚e‘ steht für electronic, ‚bot‘ für die Chatbots, die das Unternehmen bei seinen KI-Applikationen als Ausgabemedium verwendet. Und ‚7‘ steht dafür, dass die Applikationen den Kundenservice sieben Tage die Woche, also rund um die Uhr unterstützen“, sagt Beringer.
Die KI erkennt eingehende, textbasierte Kundenanfragen, zum Beispiel auf Websites. Anschließend schlägt sie auf Basis des Erlernten sowie der kundenspezifischen Daten eine Antwortmöglichkeit vor oder automatisiert die Antwort direkt.
Nachdem zum Beispiel in einer Pilotphase das KI-System durch die Callcenter-Agenten bei der Auswahl der richtigen Antworten unterstützt wird, antwortet das KI-System danach automatisiert auf 60 Prozent der Kundenanfragen; Je nach gewünschtem Automatisierungsgrad und ohne, dass ein Callcenter-Agent weiter involviert ist.
Somit kann der Kundenservice zu Beginn gerade bei einfacheren Anfragen deutlich entlastet werden, und je länger das System im Einsatz ist auch bei komplexeren individuellen Anfragen.
Zu wenig KI in Deutschland
Die von e-bot7 eingesetzte KI besteht aus zwei Komponenten: einer Sprachkomponente und den kundenindividuellen Daten. „Kunden bekommen also ein vortrainiertes System, das bereits die Wichtigkeit von einzelnen Worten unterscheiden und auch Rechtschreibfehler erkennen und verstehen kann“, sagt Beringer.
„Unser KI-System wird zusätzlich mit den Daten der Unternehmen gespeist und kann somit dieses Wissen bei der Antwortwahl berücksichtigen.“ Chatbots sind laut Beringer in diesem Zusammenhang nur das Medium, um die KI zu platzieren.
Die Antworten können auch per E-Mail versandt werden oder lassen sich über eine Sprachschnittstelle verbal kommunizieren. Für Beringer kommt der Einsatz der KI in laufenden Geschäftsprozessen in Deutschland noch immer zu kurz.
Vor allem deshalb gehört e-bot7 zu den Gründungsmitgliedern des KI-Bundesverbands, der 2018 eingerichtet wurde, um Forschung zu KI-Technologien zu fördern und die Bundesregierung durch eine KI-Expertenkommission zu beraten.
2018 wurden die drei e-bot7-Gründer zudem auf die Top-30-unter-30-Liste des Forbes Magazines für den Bereich Technology aufgenommen.
Weitere Märkte erschließen
e-bot7, das mittlerweile 30 Mitarbeiter beschäftigt, wird im Rahmen des Förderprogramms TechBoost von der Telekom unterstützt – mit 100.000 Euro Startguthaben für die Open Telekom Cloud und Kontakten zu potenziellen Partnern und Kunden aus dem Magenta-Netzwerk.
Von politischer Seite sind dagegen erst wenige Start-up-Versprechen umgesetzt. „Dabei will Deutschland doch digital richtig durchstarten, endlich mehr Gas geben auf der Transformationsstraße. Natürlich muss unser Land mehr investieren. Aber auch die etablierten Unternehmen – also wir – sollten jetzt selbst stärker aktiv werden und die Gründer durch Kooperationen fördern“, sagt Matthias Schievelbusch, Leiter Start-up-Kooperationen der Telekom.
Die Telekom will den Gründern nicht nur mit IT-Ressourcen unter die Arme greifen, sondern ihnen das Netzwerk öffnen. Darin enthalten sind zwei Millionen Geschäftskunden. Und damit zwei Millionen potenzielle Partnerschaften.
„Die Telekom ist ein sehr unkomplizierter und pragmatischer Partner“, meint Beringer, der noch großes mit seinem Start-up vorhat. Bisher hat sich e-bot7 auf die DACH-Region fokussiert und sich dort sehr stark etabliert.
„Mittelfristig wollen wir Marktführer in Europa werden“, sagt Beringer. „Als nächstes werden wir deshalb unser Geschäft auf Europa ausweiten und später unsere KI-Applikationen weltweit anbieten.“