Unser Körper ist ein unglaubliches Kraftwerk. Durch das optimale Zusammenspiel zwischen unseren Organen, Knochen und Muskeln, schaffen wir täglich unseren Alltag zu bestreiten und uns zu neuen Höchstleistungen anzuspornen. Eine große Rolle spielt dabei unsere hauseigene Elektrizität: die Bioelektrizität.
Heute stehen wir an einem Punkt, an dem der auf Zellebene stattfindende Prozess deutlich besser verstanden werden und an dem auch das Manipulieren dieser Ströme schon funktionieren kann. Aber bis zur Erforschung dieses Stromkreises, der vor allem auf Elementen, wie Kalium, Natrium und Kalzium basiert, war es ein langer und beschwerlicher Weg.
Los ging es in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Damals wendete der Forscher Louis Langman erstmals eine Behandlungsmethode an, bei der an den Körper einer Frau Elektroden angeschlossen wurden. Durch den Vergleich des körpereigenen Widerstands mit dem Widerstand eines gesunden Menschen, wollte Langman Krebs identifizieren und frühestmöglich heilen.
Das Resultat: In 95 von 102 Fällen wurde im Laufe der folgenden Untersuchungen ein bösartiger Tumor gefunden, der noch vor Eintritt der ersten Symptome behandelt werden konnte. In einer mit seinem Co-Autor Harold Saxton Burr aufgestellten These, behauptete er, dass jede Lebensform durch ein elektronisches Feld angetrieben wird.
Die beiden sollten Recht behalten. Im Jahr 1949 konnten durch diese Vorarbeit Alan Hodkin und Andrew Huxley einen Weg entdecken, wie Ionen elektrische Signale beim Überqueren von Membranen der Nervenzellen unterstützen. Durch die bahnbrechende Erforschung der Doppelhelix-Struktur der DNS im Jahre 1953 geriet dann aber die Bioelektrizität lange in den Hintergrund.
Erst 1976 gab es Neuigkeiten aus dem Bereich. Erwin Neher und Bert Sakmann bauten ein Instrument, mit dem die Beobachtung von einzelnen Ionen und der Interaktion mit Neuronen möglich war. Die sogenannte Patch-Clamp-Technik ermöglichte erst die Entdeckung von Kanälen, durch die Ionen Zellmembranen durchdringen können.
Durch diese Meilensteine der Forschung wissen wir heute, dass Hautzellen beim Vorliegen einer Verletzung ein elektrisches Feld erzeugen und so den Nachbarzellen mitteilen, wo eine Wundheilung angestoßen werden muss. Wir können selber diese Spannung wahrnehmen. Solltet ihr euch das nächste Mal in die Backe beißen, dann fährt einfach vorsichtig mit der Zunge über die Wunde. Ein leichter Strom sollte ertastet werden können.
Die tatsächliche Messung mit Geräten gelang aber erst im Jahr 2012, als Richard Nuccitelli ein Gerät vorstellte, mit dem die Spannung, die durch unseren Körper fließt, gemessen werden konnte. Jetzt stand endgültig fest, dass je stärker der Strom war, desto besser die Wundheilung voranschritt. Auch eine Abhängigkeit zum Alter wurde entdeckt. Je älter der Mensch, desto schlechter die Spannung und desto langsamer die Wundheilung.
Neuste Forschungen unterstreichen diese Aussage. Wir berichteten euch bereits im letzten Jahr von Verbänden, die durch elektrische Impulse die Wundheilung verbessern sollen. Auch mit Blick auf die Behandlung von Knochenbrüchen kann von einem positiven Einfluss ausgegangen werden.
Auch in der Krebsforschung schaut man ganz genau auf die Ergebnisse. Die furchtbare Krankheit, der jährlich Dutzende Menschen zum Opfer fallen, ist in vielen Fällen auf eine mangelhafte Kommunikation zwischen Zellen zurückzuführen. Ließe sich diese Kommunikation manipulieren, dann könnte die Verbreitung von Krebszellen gestoppt oder gar umgekehrt werden.
Bis dahin ist es aber noch ein steiniger Weg. Neben der Erforschung müssen die Praktiken nämlich erst mal in den Krankenhäusern eingeführt werden. Denn auch, wenn beispielsweise elektrische Verbände die Wundheilung beschleunigen, werden diese aufgrund von mangelnder Kenntnis nach wie vor eher selten eingesetzt. Mit der menschlichen Elektrizität im Hinterkopf können wir uns aber durchaus auf eine bessere Zukunft freuen.
Quelle: QUARTZ
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