Vertieft in das eigene Smartphone läuft ein Großteil von uns als Zombie durch den Alltag. Gefesselt an helle Bildschirme wischen wir uns durch soziale Netzwerke. Doch dieses Phänomen könnte schon bald der Vergangenheit angehören, wenn sich das Thema Voice weiterhin so rasant entwickelt.
Dabei treiben wir durch unsere geliebten Smartspeaker den Trend mit voran. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von Juniper Research geht davon aus, dass bis zum Jahr 2023 etwa acht Milliarden digitale Sprachassistenten im Einsatz sein werden.
Laut dem Tech-Magazin Fast Company entspräche das einer Verdreifachung der geschätzten 2,5 Milliarden Sprachassistenten, die bereits Ende 2018 im Einsatz waren.
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Doch ganz gleich, ob Amazon, Google oder Apple: Smarte Lautsprecher sind zu einem Teil unseres täglichen Lebens geworden. Sie alle stehen uns rund um die Uhr zur Verfügung.
Gestern: Social Media first. Heute: Stories first. Morgen: Voice first.
Noch sind Sprach-Interaktionen auf vergleichsweise wenige Anwendungsfälle beschränkt. Das gilt zum Beispiel für Suche, Musikwiedergabe und das intelligente Zuhause. Noch bemerkenswerter als ihr Nutzen, ist die Tatsache, dass digitale Sprachassistenten von Menschen jeden Alters aktiviert werden.
Selbst in der Zielgruppe der über 50-Jährigen mit dem prozentual geringsten Nutzungsverhalten sprechen immer noch 57 Prozent mindestens einmal täglich mit einem sprachgesteuerten Gerät. Das stellte das Team der Kommunikations-Experten von Dialog Tech fest.
Warum es für uns so natürlich und einfach ist, diese neue Art der Technologie zu nutzen, liegt auf der Hand. Kommunikation per Sprache haben wir alle gelernt. Ganz natürlich. Denn seit unserer Geburt besitzen wir eine Stimme und lernen diese zu nutzen, um unsere Bedürfnisse, Gefühle und Gedanken zu kommunizieren.
Diese Art der Kommunikation als Gespräch zwischen Personen ist grundlegend und wird nun auch immer stärker in moderne Benutzeroberflächen integriert. Das geht es einem Artikel des Technologie-Magazins Information Age hervor.
Weiter heißt es, dass eine Voice-First-Entwicklungsmethodik darin bestehe, dass Unternehmen Technologien entwickeln, die die Benutzer durch Dialog und nicht durch Code anspricht.
Das Studium der Binärsprache, die Entwicklung einer Programmiersprache oder das Herausfinden, welche Gesten am besten funktionieren, um eine Aufgabe zu erledigen, werde damit obsolet.
So kommt man zu dem Schluss, dass das Interagieren mit Maschinen in der heutigen Zeit nicht mehr erlernt werden muss. Warum also solle ein User Interface (UI) immer noch anders funktionieren, wenn wir doch zuerst unsere Stimme nutzen?
„Uijuijui“: Vom GUI zum VUI
Ganz gleich ob Smartphone, Tablet oder Laptop: Wir alle kennen GUIs aus unserem Alltag. Ein graphisches User Interface (GUI), in dem wir klicken, tippen und wischen, um Aktionen auszuführen.
Beim Voice User Interface (VUI) hingegen gibt es keine Buttons, keine Menüs und nichts, was man dem User visuell zeigen könnte. Damit nun eine sprachbasierte Benutzeroberfläche ihr Potenzial ausschöpfen und die Interaktion mit den Nutzern wirklich verändern kann, braucht es Designer.
Das erklärt Mark Webster in seinem Artikel bei Fast Company. Sprachassistenten seien schließlich keine Menschen, fügt er hinzu. Um effektiv zu sein, muss eine Sprachschnittstelle bewusst gestaltet werden.
Wie so etwas in der Praxis aussieht, erklärte Ralph Eggert in seiner Session auf der Webinale 2018. Er beschreibt die Funktionsweise eines VUI recht simpel und charmant mit den Worten: „Man spricht, man hört, man spricht, man hört.“
Erst der tiefere Blick auf die Schwachstellen eines konkreten VUI-Beispiels und wie man dieses in sieben Schritten verbessern kann, zeigt dem Zuschauer, auf welchem Level man sich noch im letzten Jahr befunden hat.
Warum Voice dennoch als die nächste große technologische Disruption angesehen wird und damit zum Interface der Zukunft wird, erläutert Tim Kahle anhand von fünf Gründen. Er ist Mitbegründer von 169 Labs. Dahinter verbirgt sich eine der ersten Voice-Assistant-Agenturen Deutschlands.
Dabei wird die Beziehung zwischen Stimme und Social Media in Zukunft immer stärker werden. So könnten Nutzer schon bald in der Lage sein, in den Netzwerken per Sprache zu posten und zu navigieren.
Damit könnte sich das Internet zu einer einzigen, großen sprachaktivierten Konversation entwickeln. Die Frage ist: Wann reagieren Unternehmen und Marken auf diese neue Technologie. Und: Wann planen sie Voice als festen Bestandteil in ihre Strategie ein?
Das Einstimmen auf Voice beginnt langsam
Aus einer kürzlich erschienenen Studie zur Voice Search Readiness von Uberall geht hervor, dass gerade einmal vier Prozent aller Unternehmen in der Lage sind, ihre Voice-Nutzer zu erreichen.
Doch während die Nutzung von Voice Search immer stärker zunimmt, deuten Daten daraufhin, dass Sprachbefehle derzeit noch eher selten im Social Web verwendet werden. Eine Infografik des Social-Media-Management-Tools Sendible Insights bestätigt diese These.
So verwendet nur ein kleiner Prozentsatz von Menschen die Sprachsuche und Sprachbefehle zur Interaktion mit Freunden und Familie im Social Web. Dieser Prozentsatz wird jedoch mit der Weiterentwicklung von Voice Search steigen.
So besteht die Möglichkeit, dass wir bald auf nahezu jede Anwendung über mobile Geräte zugreifen können, indem wir einfach mit ihr sprechen.
Damit Marken in Zukunft ihren Nutzern über die Sprachsuche auch im Social Web Antworten liefern können, sollten sie laut der Social-Media-Agentur Engage Q zwei Dinge beachten.
- Zum einen sollten textliche Inhalte so geschrieben sein, wie man selbst sprechen würde.
- Zum anderen sollten entsprechend klare Antworten auf die Fragen des Publikums gegeben werden.
Die Weiterentwicklung der Bot-Technologie wird es zudem ermöglichen, Akzente und natürliche Sprache besser zu verstehen. Das wiederum überwindet die Sprachbarriere. Darüber hinaus erlaubt uns der Fortschritt schon bald in ganzen Sätzen mit smarten Devices zu sprechen.
Orientierten sich unsere Sprachsuchen bislang an Keywords werden wir in Zukunft genauso intuitiv mit einer Maschine wie mit einem echten Menschen sprechen. Für die Social-Media-Strategie bedeutet dies, dass erstellte Inhalte die fünf W-Fragen („Wer“, „Was“, „Wo“, „Warum“, „Wie“) beantworten.
Auf diese Weise würden sprachgesteuerte Assistenten leichter die Antwort auf die Frage des Benutzers finden. Nur so liefern sie die richtigen Informationen. Derartige Inhalte würden dann auch das Engagement fördern, da sie Antworten auf die häufigsten Fragen der Zielgruppe geben.
Als Nebeneffekt wird man auf positive Art gezwungen, mehr wie eine Person und weniger wie ein Unternehmen oder eine Marke zu klingen. Dahinter steckt natürlich der Schlüssel zur Verbindung mit den eigenen Kunden. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten.
Voice wird zum Erlebnis für uns alle
Sprachgesteuerte, persönliche Assistenten sind bereits stark im Social Web integriert. Denn sobald eine Social-Media-Plattform die Verwendung von Voice ausrollt, ziehen andere Plattformen nach.
So kann man bereits nur mit Hilfe der eigenen Stimme in WhatsApp Nachrichten verschicken, sich den Twitter-Feed vorlesen lassen oder ein neues Status-Update auf Facebook posten. Dadurch erhöhen Voice-Funktionen die „Bildschirmzeit“ der Nutzer deutlich.
Und das wiederum erhöht natürlich die Reichweite für Werbungtreibende, wie es Marketing-Experte Jeff Bullas beschreibt.
Voice erweitert aber nicht nur die Zeitrahmen der Nutzer. Die Technologie bietet auch den über 256 Millionen sehbehinderten Menschen weltweit einen einfachen Zugang und eine tolle Möglichkeit „sozial“ zu sein. Unternehmen müssen folglich auf diesen Trend reagieren.
Denn im Gegensatz zu statischen Text- oder Bildanzeigen könne man nämlich mit neuartigen Sprachanzeigen – wenn auch eingeschränkt – tatsächlich ein Gespräch führen.
Dieser Ansatz der Werbung ist damit nicht nur interaktiv, ansprechend und hochwirksam für Marken. Er ist zudem auch ein echter Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
So gäbe eine dialogorientierte Interaktion den Marken eine enorme Chance, ihre Botschaften auf eine vollkommen neue Art zu transportieren. So sieht das zumindest Olivia Valentine in ihrem Beitrag auf dem Global-Web-Index-Blog.
Um die Vorteile der Sprachassistenz voll ausschöpfen zu können, bedarf es allerdings neben kreativen Lösungen auch den Mut, über den Tellerrand hinauszuschauen.
Darüber hinaus müsse man sich viele Gedanken über die Stimme einer Marke machen:
- Welches Geschlecht hat sie?
- Wie ist der Klang der Stimme?
- Wie fließt die Persönlichkeit der Marke in die Stimme ein?
- Auf welche Art und Weise möchte man mit den Nutzern kommunizieren? Sympathisch, informativ oder doch eher umgangssprachlich?
Diese Fragen sind nur grundlegende Beispiele dafür, wie Marken ihr Denken neu gestalten müssen, um das Stimmerlebnis zu optimieren.
Yes VUI can: Das Potenzial von Sprachassistenten ist groß
Branchenexpertin Marcela De Vivo warf 2017 in ihrem Beitrag „How will Voice Search change the Social Media Landscape“ einen Blick auf drei Fähigkeiten der Sprachassistenten, die wir in nicht allzu ferner Zukunft im Social Web sehen könnten.
Die erste Fähigkeit ist eine volle Sprachsteuerung auf Plattformen wie Facebook. So könnten wir schon bald alles über Voice Search ausführen. Neben dem Öffnen und Anhören diktierter Nachrichten, könnten wir dann auch auf Kommentare unter unseren Beiträgen reagieren.
Die zweite Fähigkeit beschreibt das Potenzial für das Social Media Marketing. Marken, Influencer und Blogger könnten eine Werbekampagne mittels Sprache erstellen, eine Sprachaufzeichnung zur Ergänzung der Anzeige hinzufügen und sogar die Zahlung völlig freihändig abwickeln.
Letzteres erlaubt bereits Google mit dem Start von „Transactions on Google“. Diese Technologie ermöglicht die Kaufabwicklung durch den Google Assistant. Sofern der Nutzer seine Adress- und Kontodaten bereits bei Google hinterlegt hat, ist der Kauf per Sprachbefehl in weniger als einer Minute abgeschlossen.
Das erklärt Olaf Kolbrück in seinem Artikel beim E-Commerce-Magazin Etailment.
Die dritte und letzte Fähigkeit ist schließlich die Verbindung aller innovativen Technologien mit Hilfe von Sprache. Darunter versteht man beispielsweise den Zugriff auf soziale Netzwerke über eine tragbare Smartwatch.
Fazit
Voice User Interfaces gibt es überall. Und doch gibt es einige Herausforderungen in dieser sich noch entwickelnden Technologie, die sowohl Designer als auch Vermarkter zu bewältigen haben.
Allen voran plagen Genauigkeitsprobleme unsere Sprachassistenten. Dabei geht es allerdings weniger um die Spracherkennung. Vielmehr ist es die Ausgabe der Antwort. Auf einfache Fragen können Alexa und Co. statt einer Liste schon mal den Wikipedia-Eintrag vorlesen.
Solche Fehler werden sicherlich minimiert. Sie führen aber heute immer noch dazu, dass sich viele Nutzer abwenden.
Es gilt, die richtige Nische zu finden, in der Voice am besten funktioniert. Dort müssen Marken dann mit den Stärken der Stimme spielen. Außerdem müssen Unternehmen feststellen, ob die eigene Zielgruppe überhaupt von einem VUI profitiert.
Denn das Hinzufügen einer sprachgesteuerten Benutzeroberfläche – nur weil es neu und trendy ist – ist leider keine smarte Entscheidung.
Sollte das eigene Produkt etwa in überwiegend öffentlichen Bereichen eingesetzt werden – wie zum Beispiel während der Hauptverkehrszeit in der Bahn – ist VUI möglicherweise nicht die richtige Wahl.
In Zeiten der Datenschutz-Grundverordnung müssen Unternehmen überprüfen, ob das automatische Vorlesen einer Nachricht nicht sogar gegen geltendes Recht verstößt.
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