Eine der hartnäckigsten Verschwörungstheorien rund um Facebook lautet: Das soziale Netzwerk belauscht die Facebook-Gespräche der Nutzer via Mikrofon und personalisiert daraufhin die Anzeigen. Doch was ist dran am Mythos? Ein neuer Test liefert weitere Erkenntnisse.
Facebook steht seit mehr als einem Jahr beinahe durchgehend in der Kritik. Seinen Anfang genommen hatte die missliche Lage für das soziale Netzwerk mit den Enthüllungen rund um Cambridge Analytica. Inzwischen folgten zahlreiche weitere Datenlecks, Daten-Kooperationen und Daten-Diebstähle.
Werden unsere Facebook-Gespräche abgehört?
Es gibt jedoch ein Gerücht, das schon vor dem großen Cambridge-Analytica-Skandal die Nutzer beschäftigte. Belauscht Facebook unsere privaten Gespräche über das Mikrofon des Smartphones, um daraufhin personalisierte Werbung auszuspielen?
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Diese Verschwörungstheorie existiert seit mehreren Jahren. Weder ist es Nutzern oder Medien bislang gelungen, einen Beweis für die mögliche Spionage zu erbringen. Noch ist es Facebook gelungen, das Gerücht glaubhaft aus der Welt zu schaffen. Die Situation ist mit dem angeblichen Shadowban auf Instagram vergleichbar.
Lässt sich Facebook in die Falle locken?
Und so ist es nicht verwunderlich, dass es immer wieder Experimente gibt, in denen versucht wird, eine mögliche Spionage seitens Facebook festzustellen. Erst kürzlich führten mehrere Redakteure des US-amerikanischen Tech-Magazins Cnet eine solche Untersuchung durch.
Dabei versuchten die Teilnehmer durch das gezielte Setzen von Gesprächsthemen Facebook zum Ausspielen von Anzeigen zu verleiten. Die Themen lauteten:
- Kettensägen
- Fallschirmspringen
- Matratzen
In einem Testraum von knapp zwei Wochen redeten mehrere Mitglieder der Redaktionen in San Francisco, New York und Chicago drei Tage lang gezielt über eines der drei Themen.
Alle Teilnehmer haben während des Experiments ihre Ortungsdienste und das Wlan deaktiviert, sodass die lokale Verortung schwerer fällt. Ebenso haben die Teilnehmer alle zuvor ausgespielten Anzeigen aufgelistet und ausgewertet.
Die Ergebnisse des Experiments
Im Anschluss hat die Redaktion gemeinsam die Ergebnisse ausgewertet. Insgesamt konnte das Experiment nicht zeigen, dass Facebook-Gespräche gezielt abgehört werden.
Zwar haben tatsächlich zwei Teilnehmer eine Anzeige für eine Matratze ausgespielt bekommen. Dafür gibt es jedoch vermutlich andere Erklärungen. Ein „betroffener“ Redakteur hatte auch schon zuvor Matratzen-Anzeigen gesehen, sodass sich die weitere Ausspielung nur in eine Reihe einordnet.
Die andere „betroffene“ Redakteurin hatte zuvor aufgrund von Rückenschmerzen intensiv zum Thema „gesundes Schlafen“ recherchiert. Die Vermutung liegt also nahe, dass Facebook die Anzeige aufgrund dieser Recherche und entsprechender Facebook-Pixel ausgespielt hat.
Fazit
Die Redakteure schreiben selbst, dass ihr kleines Experiment selbstverständlich keinen wissenschaftlichen Standards entspricht. Trotzdem sind die Erkenntnisse interessant. Denn sie zeigen, dass es offenbar gar nicht so einfach ist, Facebook nur durch Gespräche auf ein Thema aufmerksam zu machen.
Die einfachste Erklärung hierfür wäre, dass Facebook tatsächlich nur auf das Mikrofon zugreift, wenn der Nutzer die explizite Erlaubnis dafür gibt. Das gilt beispielsweise für das Aufnehmen von Stories oder Livestreams.
Außerdem sollten Anhänger der Spionage-Theorie bedenken, dass es einen riesigen technischen und auch personellen Aufwand bedeuten würde, jedes Gespräch der mehr als zwei Milliarden Facebook-Nutzer abzuhören und auszuwerten. Die Kapazitäten dafür hat selbst Facebook nicht.
Vielmehr ist es wichtig zu verstehen, dass das Facebook-Targeting sehr ausgeprägt ist und an vielen Stellen Informationen sammelt. Häufig sind wir uns dessen nur nicht bewusst.
Klar ist aber auch: Wenn es mal wieder zu einer erschreckend guten Anzeige kommt, wird vermutlich auch wieder der Ruf laut, dass Facebook-Gespräche abgehört werden.
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