In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: Blickfeld.
Start-ups. Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.
Dabei gibt es sie durchaus: Die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Blickfeld aus München.
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Wer steckt hinter Blickfeld?
Gegründet wurde die Blickfeld GmbH 2017 in München. Mathias Müller, Rolf Wojtech und Florian Petit kennen sich aus Studienzeiten. Schon damals haben die drei Absolventen der TU München (TUM) zusammen bereits an mehreren Projekten gearbeitet.
Auf der Website präsentieren sich die Gründer ganz im Stil eines Start-ups:
- Mathias, Elektroingenieur und Physiker, leitet als CEO das Unternehmen und ist für den Bereich Engineering zuständig.
- Software-Entwickler Rolf obliegen Programmierung und IT.
- Florian, seines Zeichens Robotiker, ist für Produkt- und Geschäftsentwicklung verantwortlich.
Das noch junge Unternehmen wächst rasant und ist mittlerweile über 60 Mann stark. Monatlich werden es mehr. Das kann man auf dem Instagram-Account verfolgen. Dort stellt das Start-up jeden Monat die „Neuzugänge“ vor.
Dass auch Investoren an den Erfolg von Blickfeld glauben, zeigt, dass sie das Start-up schon in der frühen Gründerphase mit zehn Millionen US-Dollar Seed-Finanzierung unterstützten.
Zum Finanzstart gab es unter anderem von Fluxunit (Osram Ventures), Tengelmann Ventures und dem High-Tech Gründerfonds (HTGF) frisches Kapital. Und mit den Unternehmertum Venture Capital Partners ist ein weiterer Partner mit von der Partie.
Was macht Blickfeld?
Kombiniert man Fachgebiete, Standort und ergänzt, dass München als eines der Zentren für autonomes Fahren gilt, kristallisiert sich schnell die Branche heraus, in der sich die drei Unternehmensgründer bewegen: Automotive – im Speziellen der Bereich autonomes Fahren.
Hinter dem schlichten Produktnamen „Blickfeld Cube“ – dem ersten fertigen Produkt von Blickfeld – versteckt sich eine innovative Technologie, die die Entwicklung selbstfahrender Fahrzeuge massentauglich machen soll.
Mit ihrer LIDAR-Lösung (Light Detection And Ranging) – einer Umfelderkennung zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung – verleihen die Münchner autonomen Maschinen sozusagen „Augen“.
Ihr Ziel ist es, eine zuverlässige und sichere räumliche Erkennung des Umfelds bereitzustellen – und das so gut und günstig, dass sie serientauglich verbaut werden kann.
Was macht Blickfeld so besonders?
Bei der Erkennung mittels Radar tasten Radiowellen das Umfeld ab. Im Gegensatz dazu funktionieren LIDAR-Sensoren mit Lichtwellen. Das garantiert eine höhere Präzision.
Dabei werden für den Menschen nicht sichtbare Laserstrahlen ausgesendet und von einem sich schnell drehenden Spiegel erfasst. So entsteht ein 360-Grad-Bild. Bisherige LIDAR-Lösungen sind jedoch mechanisch noch sehr komplex. Zudem sind die Geräte dadurch sehr groß, schwer, teuer und störanfällig.
Diesem Problem hat sich Blickfeld angenommen und mit der neuen, patentierten Festkörper-Technologie ein Kernelement des LIDAR revolutioniert. Achtung, jetzt wird es ein bisschen technisch.
Die Strahlablenkungseinheit des Blickfeld Cubes basiert auf einer proprietären Silizium-MEMS-Spiegeltechnologie. Deshalb kommt sie ohne aufwendige Mechanik aus. Die Sensoren des Blickfeld Cubes scannen das Umfeld.
Gepaart mit Innovationen in den Bereichen der Optik und Signalverarbeitung liefern sie präzise Echtzeit-Informationen. Dadurch erfasst die Technologie räumliche Werte wie Abstand und Größe und erkennt Objekte.
Durch das mikroelektronische System – die Spiegel, die ähnlich wie Chips aus Silizium bestehen – können die nur 80 mal 60 mal 50 Millimeter großen Blickfeld Cubes in hohen Stückzahlen hergestellt werden.
Dementsprechend sind sie sehr viel billiger. Da es zudem keine beweglichen Teile gibt, sind sie auch weniger anfällig.
In einfachen Worten: Die Blickfeld Cubes versprechen höchste Leistung bei kleinen Abmessungen und geringen Kosten. So wird die Schlüsseltechnologie für das autonome Fahren bereit für den Massenmarkt.
In Test- und Validierungsprojekten prüfen Automotive-Zulieferer die Blickfeld Cubes aktuell darauf, ob sie für den Einsatz in Serienfahrzeugen in Frage kommen. Verkaufsstart soll noch 2019 sein. Deshalb arbeitet die Crew aus München unter Hochdruck an der Produktion erster freiverkäuflicher LIDAR-Sensoren.
Gibt es Kritikpunkte?
Hier wurde wirklich an vieles gedacht, Kritik fällt daher schwer. Gerade hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung mittels einer Potenzial-Analyse die Auswirkungen von autonomen Fahrzeugen hinsichtlich des Kohlendioxid-Ausstoßes bis zum Jahr 2050 untersucht.
In Kombination mit intelligenten Verkehrssystemen rechnen die Experten gemäß den zugrunde liegenden Szenarien voraussichtlich mit deutlichen Einsparungen der Kohlendioxid-Emissionen.
Grund genug, uns auf die ehemalige Science-Fiction-Technologie der selbstfahrenden Autos zu freuen. Wenn die dank serientauglicher „Sehkraft“ schneller Realität werden, gibt es von meiner Seite keine Einwände.
Fazit
Die Gründer von Blickfeld haben mit ihrer Technologie bereits mehrere Preise abgeräumt. Dazu gehören unter anderem der Deutsche Innovationspreis, der European Startup Prize (EUSP), der Emove Award 2018 und noch einige mehr.
Branchen-Kenner zeichneten sie beim Autonomous Traffic and Logistics Innovations Forum und auf der Hypermotion aus – dieser vielversprechenden Einschätzung schließe ich mich gerne an.
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