Fahre, wann du willst. Verdiene, wie viel du brauchst. Mit diesen Worten wirbt der Ridehailing-Dienst Uber in den USA um Fahrer. Was online so rosig klingt, ist in der Realität aber scheinbar ganz anders.
Das ist das Ergebnis einer Studie der Georgetown University in Washington D.C.
In ausführlichen Interviews mit 40 Uber-Fahrern aus Washington D.C. kamen dabei sechs erschreckende Fakten über die Arbeitsbedingungen bei Uber zum Vorschein.
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1. Uber-Driver verstehen ihren Lohn nicht
Das wohl befremdlichste Ergebnis der Studie ist: 100 Prozent der befragten Fahrer verstehen nicht, wie ihr Lohn zustande kommt.
Ubers „rutschige Löhne“ heißen so, weil sich die Rahmenbedingungen ständig ändern. In den vergangenen Jahren hat Uber mehrmals den Basislohn pro Fahrt angepasst.
Dann gab es irgendwann einen Sicherheitszuschuss und schließlich entkoppelte Uber die Einnahmen der Fahrer von den jeweiligen Fahrten. Hier den Durchblick zu behalten, fiel jedem einzelnen Befragten schwer.
2. Arbeitsplatz-Regelungen sind undurchsichtig
Diese Intransparenz hört aber nicht beim Lohn auf. Tatsächlich wissen Fahrer insgesamt sehr wenig über ihre konkreten Arbeitsbedingungen bei Uber.
38 Prozent der Fahrer, mit denen die Forscher sprachen, hatten zum Beispiel keine Ahnung, ob und in welcher Form sie Steuern zahlen oder, ob sie selbst für den Versicherungsschutz aufkommen müssen.
3. Boost-System: Stress, Sekundenschlaf und Erschöpfung
Irgendwann führte Uber ein „Boost-System“ ein. Es gibt vier Boosts, Bronze, Silber, Gold und Platin. Jeder Boost bringt den Fahrern eine höhere Einnahmequote für ihre Fahrten.
Ab dem Silber-Boost kassierten die Fahrer zum Beispiel 1,4 bis 1,6 Mal so viel pro Fahrt als Bronze-Fahrer.
Ein Fahrer berichtete davon, wie er bei einem Platin-Boost bei einer Fahrt 15,35 US-Dollar anstatt der üblichen 6,34 US-Dollar verdient hat. Platin-Boosts gibt es aber erst ab 100 Fahrten pro Tag.
Umgerechnet müssten Fahrer damit bei einer Acht-Stunden-Schicht wahnwitzige 12,5 Fahrten pro Stunde absolvieren – oder eben sehr lange fahren, um auf 100 Fahrten zu kommen.
Man kann sich also vorstellen, wie sehr die Fahrer versuchten die Platin-Boosts zu erreichen. Das Ergebnis: Die Fahrer schlafen zum Teil am Steuer ein, fühlen sich ständig ausgelaugt und selbst eine Toiletten-Pause wird zum Stress-Faktor, wenn jede Minute zählt.
4. Uber-Fahrer landen auf Schuldenberg
Ein weiterer trauriger Nebeneffekt von Ubers stets wechselnden Arbeitsregelungen ist die Tatsache, dass dadurch viele Uber-Fahrer auf einem Schuldenberg landen.
Ein Beispiel dafür ist ein Uber-Fahrer, der von einem Taxi-Unternehmen zu Uber Black wechselte. Als lizenzierter Fahrer war er für den Limousinen-Service der Plattform qualifiziert – mit dem er nicht nur besser als Uber-X-Fahrer verdiente, sondern auch besser als mit seinen Taxifahrten.
Dafür nahm er einen Kredit auf, um sich eine passende Limousine für Uber Black kaufen zu können. All das funktionierte sehr gut, bis Uber seine Regelungen mal wieder änderte.
Plötzlich war die Limousine, die der Fahrer sich zugelegt hatte zu alt, um für Uber Black fahren zu dürfen. Damit musste er zu Uber X wechseln, wo er natürlich weniger verdiente. So endete er schließlich bei Arbeitstagen von 16 Stunden, um sich über Wasser halten zu können.
Irgendwann konnte er selbst damit aber nicht genug verdienen, um seine Schulden abzuzahlen und musste Insolvenz anmelden.
So wie ihm ging es vielen anderen Befragten. Demnach musste ein Drittel der Uber-Fahrer Schulden aufnehmen, weil sie bei Uber arbeiteten.
Dies geht zum Teil sogar auf Ubers eigenes Leasing-Modell zurück. Das Unternehmen bietet seinen Fahrern ein Leasing-Programm an. Dabei können Fahrer ein Auto von Uber selbst leasen.
Die Zinsen sind gering, dafür behält Uber aber nicht nur 25% der Einnahmen der Fahrer ein, sondern auch noch die Leasing-Gebühren.
Am Ende landen Uber-Fahrer mit allen Abzügen teilweise bei einem Stundenlohn von fünf US-Dollar – und das bei Arbeitstagen von knapp 15 Stunden.
5. Fahrer werden bedroht und angegriffen – Uber hilft nicht
Wenn es um die Sicherheit der eigenen Fahrer geht, hat Uber einen Ratschlag auf seiner Webseite: „Es ist dein Recht, einen Fahrgast aus dem Auto zu schmeißen.“ Das mag ja sein, aber was tut man bei vier betrunkenen Männern als weibliche Fahrerin?
Viele Fahrerinnen müssen Beleidigungen und Beschimpfungen von betrunkenen Fahrgästen ertragen. Fahrer berichten davon, wie sie von Passagieren körperlich angegriffen und sogar mit Waffen bedroht und ausgeraubt wurden.
Und Uber? Uber hat weder Selbsthilfeseminare noch ein SOS-System, wie etwa einen Panik-Button an der App noch sonstige Fomren der Unterstützung.
6. Die Hälfte der Fahrer empfiehlt trotzdem Uber
Nun würde man ja meinen, das all diese erschreckenden Bedingungen Uber nicht gerade zum Traum-Arbeitsplatz machen. Dennoch sagten 50 Prozent aller Befragten, dass sie Uber ihren Freunden und Bekannten empfehlen würden.
Viele sind zum Beispiel auf die flexiblen Arbeitszeiten angewiesen. Ein alleinerziehender Vater berichtet davon, dass er sonst keinen Job finden kann, bei dem er die Schulzeiten seiner Kinder mit seinen Arbeitszeiten vereinbaren kann.
Für andere ist Uber nur ein Zweitjob, mit dem sie ihr normales Gehalt aufbessern. Dafür nehmen sie die Nachteile in Kauf.
So sagten 45 Prozent der befragten Fahrer, dass sie noch mindestens sechs Monate bei Uber bleiben wollten.
Was sagt uns diese Studie über Ridehailing?
Wie viel Aussagekraft hat diese Studie über Uber als Arbeitsplatz? Schließlich wurden dafür lediglich 40 Uber-Fahrer in einer Stadt befragt.
Die Studie mag zwar nicht durch Quantität überzeugen, doch die Ergebnisse deuten stark darauf hin, dass die Probleme nicht auf Uber-Fahrer in Washington D.C. beschränkt, sondern ein systematisches Problem sind. Und zwar nicht nur bei Uber, sondern auch bei anderen Ridehailing-Diensten.
Die Studienautoren legen daher nahe, dass sich Lokalpolitiker intensiver mit solchen Fahrdiensten befassen und gründlich prüfen sollten, ob die Arbeitsbedingungen bei Uber & Co. wirklich den aktuellen Arbeitsgesetzen entsprechen.
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