Die USA sind eine der größten Tech-Nationen dieser Welt. Doch wie stehen eigentlich die Amerikaner selbst zu all dem? Welche Trends begeistern sie, welche gehen völlig an ihnen vorbei? Genau darüber berichtet Marinela Potor direkt aus den USA im BASIC thinking US-Update. Diesmal: Feedback-Kultur USA. Und amerikanische Unternehmen sind davon besessen – und das Ganze hat System.
Amerikaner haben eine Feedback-Obsession. „We appreciate your feedback!“ ist nach „dude“ der Ausdruck, den man gefühlt am häufigsten in den USA hört. Mittlerweile habe ich gemerkt: Diese Feedback-Kultur USA hat System – ein Marketing-System.
Neulich im Supermarkt…
Ich stehe im Supermarkt an der Kasse. Bevor der Kassierer meine Waren scannt, fragt er: „Haben Sie alles gut gefunden? Gab es Probleme? Falls etwas nicht zu Ihrer Zufriedenheit war, lassen Sie es mich bitte wissen.“
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Ich überlege kurz, ob ich erwähnen soll, dass es sehr ärgerlich ist, dass sie die Frischhefe aus ihrem Sortiment genommen haben, entscheide mich dann aber dagegen. Ich will einfach nur zahlen und nach Hause. Doch ganz so schnell komme ich nicht weg.
Denn nachdem ich bezahlt habe, reicht mir der Kassierer den Kassenbon mit einem netten Lächeln und dem Hinweis: „Unten finden Sie den Link zu unserer Website. Dort können Sie ein ausführliches Feedback zu Ihrem Einkaufserlebnis hinterlassen und Rabattpunkte für Ihren nächsten Einkauf gewinnen.“
Alle wollen dein Feedback
Das ist bei Weitem kein besonderes Erlebnis. Egal, wo ich hingehe – ins Restaurant, in den Klamottenladen, zum Frisör oder von mir aus auch ins Museum – es ist immer das gleiche Spiel.
Alle wollen mein Feedback.
Ist ja auch klar. Eine der ältesten Regeln im Marketing ist schließlich: Nur wer Rückmeldung von den Kunden bekommt, weiß was sie wollen, beziehungsweise, was sie nicht wollen und kann sein Angebot entsprechend verbessern.
Das gehört mittlerweile zum Standardwissen der Unternehmen in den USA. Mein Eindruck ist auch, dass dies aufgrund der etablierten Service-Kultur dort stärker ausgeprägt ist als zum Beispiel in Deutschland.
So gehen US-Unternehmen in der Regel auch einen (oder meist zwei) Schritt(e) weiter als die meisten deutschen Unternehmen.
Hinterlasse Feedback, bekomme Belohnung
Doch während Unternehmen nicht genug Feedback bekommen können, sind die US-Kunden genauso faul wie der Rest der Welt, wenn es darum geht, Feedback zu hinterlassen.
Wer setzt sich schon regelmäßig abends hin und hinterlässt erstmal fleißig Bewertungen für den Supermarkt, den Frisör und alle Geschäfte, die er am Tag so besucht hat? Es sei denn, man ist mit blauen statt mit blonden Haaren beim Frisör herausgekommen.
Die allgemeine Regel bei Feedback ist: Bei extrem guten oder extrem negativen Erfahrungen hinterlassen Kunden eher eine Bewertung. Doch wenn alles ohne Höhen und Tiefen war? Eben!
Deshalb haben sich US-Marketer etwas ganz Besonderes einfallen lassen, um sich das Feedback ihrer Kunden zu holen: Belohnungen.
Meist kommen diese in Form von „Deals“ daher. Denn wenn Amerikaner eins noch mehr lieben als Feedback, dann sind das Deals, also Sonderangebote oder Preisnachlasse.
Für einen Supermarkt ist es daher nicht unüblich, Kunden für ihr Feedback einen reduzierten Preis für ein bestimmtes Produkt anzubieten.
Ein Café wiederum mag dir für deine Bewertung auf Facebook den extragroßen Kaffee zum Preis eines kleinen Kaffees verkaufen und beim Frisör habe ich einmal zehn Prozent Nachlass für mein erstes Online-Feedback bekommen.
Doch spätestens hier fällt auf: Die Feedback-Kultur in den USA hat System.
Feedback-Kultur USA: Die fiese Masche mit den Bewertungen
Denn all diese „Belohnungen“, die man so für seine Bewertungen bekommt, haben einen Haken. Um sie zu erhalten, musst du erneut etwas im gleichen Laden kaufen.
Den Supermarkt-Nachlass bekommst du nur für ein Produkt, das du im Laden kaufst. Ich wette zudem, dass es meist Produkte sind, die nicht in die günstigste Preiskategorie fallen und sich ansonsten schwer verkaufen lassen.
Ich wiederum habe meinen Frisör-Rabatt nur bekommen, weil ich mir innerhalb von drei Monaten wieder einen Haarschnitt habe verpassen lassen.
Mit diesem Trick schlagen die US-Unternehmen gleich zwei riesige Marketing-Fliegen mit einer Klappe: Sie bekommen wertvolles Feedback und sie erhalten wiederkehrende Kunden. Diese merken entweder nicht, was hinter dieser Masche steckt oder – das ist meine Vermutung – es stört sie nicht weiter.
Ehrlich gesagt, weiß ich nicht so recht, ob ich empört oder beeindruckt sein soll von der Feedback-Kultur USA. Aber eins muss ich den Amis lassen: Feedback können sie!
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Bei all den Feedbacks habe ich öfters ein unangenehmes Bauchgefühl. Gerade wenn es darum geht das Service von Geschäften, Lokalen, Hotels zu beurteilen. Ich habe oft den Eindruck, dass „negative“ Kritik auf das Personal zurückfällt. Und öfters ist es ja nicht das Personal, dass „Schuld“ hat, sondern die vorgegebenen Strukturen, die ihnen die Zeit oder die Möglichkeit für besseres Service nehmen.
Dann komme ich mit meinem Feedback … und die Konzernleitung denkt nicht darüber nach, ob ihre Vorgaben zu ändern sind sondern nutzt es als Möglichkeit, die Mitarbeitenden wiederum zu kritisieren…
Hallo Robert,
danke für dein Feedback. Leider ist das wohl so. Es hängt meiner Meinung nach von der Lern- und Fehlerkultur des jeweiligen Unternehmens ab, wie mit entsprechendem Feedback umgegangen wird.
Ich wünsche mir eher, Feedback als Chance zu betrachten. Denn wie Marinela schrieb: Nur so können Unternehmen ihr Angebot verbessern – und darüber hinaus auch den Service, die Ansprache, die Infrastruktur usw. Wenn ein Unternehmer nur seine Mitarbeiter als die Schuldigen ausmacht, der ist zu bedauern…
Beste Grüße
Philip
Es kommt ein bisschen auf das Feedback an. Wenn es z.B. um eine Putzcrew geht, die ihren Job nicht gut macht, ist es durchaus okay, ein neues Unternehmen zu probieren. Wenn es darum geht, dass Mitarbeiter durchweg unfreundlich sind, ist es eher tiefergreifend. Dann bringt es sicher wenig, einen Mitarbeiter zu feuern. Wenn das die Reaktion ist, kann man sich aber auch vorstellen, dass die Person vielleicht glücklicher in einem anderen Job ist. Ist langfristig aber auch nicht so ideal für ein Unternehmen, da sie das Grundproblem nicht beheben und sie wahrscheinlich weiterhin ähnlich schlechtes Feedback bekommen. Diejenigen, die es eher – wie Philip sagt – als Chance sehen, werden langfristig erfolgreicher sein.
„Feedback ist ein Geschenk“. So habe ich das irgend wann mal gelernt. Und bis heute empfinde ich es genau so.