Die EU-Kommission hat im vergangenen Jahr Richtlinienentwürfe zur Digitalisierung des europäischen Gesellschaftsrechts veröffentlicht. Die neuen Regelungen sollen die digitale Gründung von Kapitalgesellschaften ermöglichen. Insbesondere für Deutschland stellen die Vorschläge des „Company Law Package“ einen Richtungswechsel dar. Ich sage: endlich!
Derzeit ist es nur in 17 Mitgliedstaaten der Europäischen Union möglich, überhaupt eine Online-Registrierung von Unternehmen durchzuführen. Weiter bestehen bei der Verfügbarkeit von Online-Hilfestellungen erhebliche Fragen.
Vor allem hinsichtlich des Kontakts zwischen Unternehmen und Behörden im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Fragen gibt es Aufklärungsbedarf. Auch bleiben in Bezug auf den Umfang beträchtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten.
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Online-Registrierungen: Kein einheitliches Vorgehen in Europa
Digitale Verfahren, etwa die Eintragung und Anmeldung von juristischen Person, werden derzeit vom EU-Recht überhaupt nicht und vom nationalen Recht nur in einigen Mitgliedstaaten erfasst.
Einige Mitgliedstaaten fordern zur Eintragung von Gesellschaften und zur Einreichung von Änderungen das persönliche Erscheinen. Andere Staaten bieten daneben auch ein Online-Verfahren an, wieder andere nur reine Online-Verfahren.
Bei der Online-Eintragung von Zweigniederlassungen ergibt sich ein ähnliches Bild. Obwohl Zweigniederlassungen über keine Rechtspersönlichkeit verfügen, müssen sie in Unternehmensregistern eingetragen werden.
In Irland beispielsweise ist eine Online-Eintragung in fünf Tagen gegenüber zehn bis 15 Tagen für die Eintragung auf Papier möglich. Dies macht sich auch bei den Kosten bemerkbar, die nur die Hälfte betragen.
In Finnland, dem Vereinigten Königreich und Estland ist die Online-Eintragung ebenso möglich und dadurch schneller und kostengünstiger. Das einzige Land jedoch, das bisher ein funktionierendes und allgemein nutzbares grenzüberschreitendes Verfahren anbietet, ist Estland.
Anforderungen aus einer anderen Zeit behindern Neugründungen
Viele der formalen Anforderungen in den Mitgliedsstaaten stammen dabei noch aus der Frühzeit des EU-Gesellschaftsrechts. Sie verursachen dabei unnötige Kosten und Belastungen für Unternehmer, die ein neues Unternehmen gründen.
Ebenso behindert es Unternehmen, die ihr Portfolio durch Eintragung von Zweigstellen oder Tochtergesellschaften erweitern möchten.
Dies kann dazu führen, dass den Unternehmen durch Verzögerungen bei der Eintragung Geschäftsgelegenheiten entgehen. Im schlimmsten Fall sehen sie gar von der Gründung des Unternehmens gänzlich ab.
Das Company Law Package macht es besonders Start-ups einfacher
Nach dem Richtlinienvorschlag können sich Unternehmen in allen Mitgliedstaaten online registrieren, neue Zweigniederlassungen gründen oder Dokumente in das Unternehmensregister einreichen.
Dies wird durch ein noch zu schaffendes zentrales digitales Zugangstor („Single Digital Gateway“) erfolgen. Dort sind allgemeine Informationen über das jeweilige Gründungsverfahren sowie Mustertexte (templates) online hinterlegt.
Im Hinblick auf ausländische Gründer müssen die Satzungsmuster und Informationen zur Gründung jeweils in der für die größte Nutzergruppe weitgehend verständlichen EU-Amtssprache bereitgestellt werden.
Besonders Start-Ups wird die Gesellschaftsgründung durch das Angebot dieser Satzungsmuster erleichtert. Zahlungen bei Bar-Gründungen sind dann auf ein Konto bei einer Bank mit Sitz in der EU möglich.
Diese Vorteile bringt das Company Law Package mit sich
Die Digitalisierung soll den Prozess der Unternehmensgründung effizienter und kostengünstiger machen. Das formulierte Ziel ist die Eintragung einer neu gegründeten Gesellschaft innerhalb von fünf Tagen in das jeweilige Handelsregister.
In Deutschland wird das für die Benutzung hierfür vorgeschriebene elektronische Identifizierungsmittel der Personalausweis mit eID-Funktion sein. Die Mitwirkung eines Notars an der Gesellschaftsgründung ist dann nicht mehr zwingend erforderlich.
Durch die Digitalisierungsmaßnahmen wird eine Reduzierung der Kosten um das Dreifache gegenüber der herkömmlich papierbasierten Form angenommen.
Die Einsparungen durch Online-Registrierung und Online-Einreichung der notwendigen Unterlagen werden zwischen 42 und 84 Mio. € pro Jahr für EU-Unternehmen geschätzt.
Mehrmalige Behördengänge werden überflüssig
Ein weiterer Punkt der Richtlinie regelt das „Einmalprinzip“. Dies ersetzt die Notwendigkeit, dieselben Informationen mehrmals bei verschiedenen Behörden innerhalb eines Unternehmenslebenszyklus einzureichen.
Die nationalen Register speichern die eingereichten Dokumente und tauschen sie im weiteren Prozess untereinander aus.
Die Richtlinie legt außerdem fest, dass mehr Informationen als bisher über Unternehmen allen Interessenten kostenlos in den Unternehmensregistern zur Verfügung gestellt werden.
Um vor Betrug und Missbrauch zu schützen, sieht der Entwurf eine obligatorische Überprüfung der Identifizierung und Regeln über Personen, die als Geschäftsführer für ungeeignet erklärt wurden, vor.
Ebenso soll die Möglichkeit bestehen, die physische Anwesenheit von Firmeninhabern bei bestimmten Stellen im Zusammenhang mit bestimmten Maßnahmen zu verlangen.
In bestimmten Situationen können also die Mitgliedsstaaten die Beteiligung von Organen, wie zum Beispiel Notaren, verlangen, wenn etwa nachvollziehbare Gründe einen Betrugsverdacht nahelegen. Darüber hinaus soll Maßnahmen geben, die verhindern sollen, dass Gesellschaften für kriminelle Handlungen eingesetzt werden.
Durch diese Stellschrauben kann der von der Kommission erkannten Gefahr des Missbrauchs digitaler Lösungen entgegengetreten werden.
In Deutschland wird die Online-Gründung vorerst wohl nur für GmbHs und UGs möglich sein
Nach den Vorschlägen der Kommission können sowohl Ein-Personen- als auch Mehrpersonengesellschaften online gegründet werden, sowohl durch natürliche als auch durch juristische Personen, also andere Gesellschaften.
Einschränkend wird den Mitgliedstaaten lediglich ermöglicht, im Anhang des Entwurfs aufgeführte Gesellschaftsformen von der umfassenden Online-Gründungsmöglichkeit auszuschließen.
Hierbei handelt es sich um die so genannten großen Kapitalgesellschaftsformen der Mitgliedstaaten, wie in Deutschland der AG. Dem nationalen Gesetzgeber ist es hier vorbehalten, die Gründung dieser großen Kapitalgesellschaften vom Online-Verfahren auszunehmen.
Aufgrund dieser Möglichkeit besteht die Vermutung, dass Deutschland die Online-Gründung wahrscheinlich zunächst nur für GmbHs und UGs erlauben wird, da Deutschland den Online-Gründungen bislang skeptisch gegenübersteht.
Company Law Package: Es gibt auch Kritik
Der Entwurf stößt jedoch nicht nur auf Begeisterung. Bereits diskutierte Probleme könnten sein, dass bei der Beteiligung von juristischen Personen, vor allem bei ausländischen Gesellschaften, sich die Frage nach der Identifizierung ihrer Vertreter sowie der Überprüfung von deren Vertretungsmacht stellt.
Abhilfe hierfür könnte die unionsweite Vernetzung der Handels- und Unternehmensregister (Business Registers Interconnection Systems, BRIS) schaffen, deren Grundlage schon 2017 geschaffen wurde.
Individuell gestaltete Satzungen können Probleme nach sich ziehen
Wird die Online-Gründung in der vorgesehenen Form umgesetzt, würde dies auch die – zumindest teilweise – Aufhebung des zwingenden Grundsatzes des deutschen Gesellschaftsrechtes erfordern, dass die Gründung einer Kapitalgesellschaft der Mitwirkung eines Notars bedarf.
Denkbar wäre hier allerdings, dass der Notar auch bei der Online-Ferngründung eingebunden wird – ebenfalls online. Wie das jedoch gehen soll, das ist derzeit noch nicht klar erkennbar.
Bei Mehrpersonengesellschaften, die oftmals eine individuell gestaltete Satzung sowie eine intensive rechtliche Beratung voraussetzen, könnten die damit verbundenen Probleme und Verzögerungen, die mit dem Company Law Package erwünschten Ziele wieder zunichte machen.
Einschätzung
Dennoch wäre es wünschenswert, dass die Richtlinie noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 beschlossen und im weiteren Verlauf des Jahres im Amtsblatt veröffentlicht wird. Denn sie wird die wirtschaftliche Aktivitäten einfacher, rascher und kostengünstiger machen.
Damit würden die Voraussetzungen für das wirksame Funktionieren eines wettbewerbsfähigen Binnenmarktes und die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen weiter gestärkt werden.
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