Die Kunstapplikation von Google, „Arts and Culture“, führte ein Mauerblümchen-Dasein – bis Google ein Selfie-Feature für historische Doppelgänger einbaute und die App damit zum viralen Download-Hit machte.
Wer sich fragt, wie man eine mittelmäßig beliebte App viral gehen lässt, könnte eine wertvolle Lektion von der App „Arts and Culture“ von Google lernen.
Beliebt bei Kunstfreunden, unbekannt bei den Massen
Als Google im Jahr 2016 seine App „Arts and Culture“ herausbrachte, lobten viele Kunstliebhaber die Idee. Denn „Arts and Culture“ ermöglicht Nutzern virtuellen Zugang zu berühmten Kunstwerken – und das gratis.
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Dazu kooperiert Google mit über tausend Museen aus der ganzen Welt, wie etwa dem Museum of Modern Art in New York, den Uffizien in Italien oder der Tate Gallery in London.
So können Nutzer sich beispielsweise via App über 70.000 Gemälde von Van Gogh bis Picasso anschauen. Sammler können darüber hinaus ihre eigenen Sammlungen hochladen und mit anderen teilen.
Dabei können User die Kunstwerke aber nicht nur lediglich als Fotos sehen. Einige Museen stellen auch Video- und Audio-Touren durch ihre Ausstellungen zur Verfügung.
Es gibt auch eine Zoom-Funktion, um die Gemälde hochaufgelöst aus nächster „Nähe“ betrachten zu können. Die App hat sogar ein VR-Feature, mit dem die Kunst für Nutzer erlebbar gemacht wird.
Zudem bietet „Arts and Culture“ die Möglichkeit, Kunst „in deiner Nähe“ zu entdecken. Interessierte können sich so über aktuelle Ausstellungen in ihrer Stadt informieren. Seit Herbst 2018 ist die App auch in Deutschland verfügbar.
Doch so interessant die App für Museen und Kunstfreunde war, ein wirklicher Download-Hit war „Arts and Culture“ nicht. Die App verzeichnete im Google Playstore eine Million Downloads. Für eine Google-App ist das beinahe ein Flop.
Bis Google im Januar 2018 ein Selfie-Feature einbaute.
Gesichtserkennung findet historische Doppelgänger in Gemälden
Das Besondere daran: Die App sucht anhand der Selfies der Nutzer einen historischen Doppelgänger. Nutzer machen dazu ein Selfie mit der App. Google findet anschließend über sein Gesichtserkennungsprogramm in den gespeicherten Gemälden einen mehr oder weniger identisch aussehenden historischen Zwilling.
Die neue Funktion verbreitete sich wie ein Lauffeuer und machte aus der App einen viralen Hit. Hierbei hilft es natürlich, dass man die Ergebnisse über einen Share-Button sehr einfach über Social Media teilen kann.
Auch wenn man natürlich über die Ähnlichkeit in einigen Fällen streiten kann, ist das Selfie-Feature eine lustige Funktion, um Kunst auf spielerische Art und Weise kennenzulernen.
Aktuell verzeichnet „Arts and Culture“ über fünf Millionen Downloads im Playstore und war zwischenzeitlich sogar die beliebteste Gratis-App im US-App-Store.
Google nutzt „Arts and Culture“, um Face Net zu verbessern
Dem Matching-Algorithmus liegt Googles eigene AI-Gesichtserkennungs-Software „Face Net“ zu Grunde. Das ist eine Technologie, die Google immer weiter perfektioniert. Studien legen nahe, dass das Programm sogar besser funktioniert als die Gesichtserkennung des FBI.
Die Genauigkeit der Software von Google liegt bei 99,63 Prozent, während die FBI-Software lediglich in 85 Prozent der Fälle richtig liegt.
Deshalb nutzt Google das Selfie-Feature bei „Arts and Culture“ nicht nur zur Belustigung der Nutzer. Die App ist ebenfalls eine Art Trainingsprogramm für die AI-Funktion des Gesichtserkennungsprogramms.
Google versichert, Selfies nicht langfristig zu speichern
Google versichert aber, dass die Selfies nicht langfristig gespeichert werden. Tatsächlich braucht das Programm nur wenige Sekunden, um das Selfie mit einem Gemälde zusammenzubringen. Die App muss die Fotos nur für diesen kurzen Zeitraum zwischenspeichern. Mehr brauche die AI nicht für Lernzwecke, sagt Google.
Sicherheitsexperten zeigen sich überzeugt, dass Google die Selfies wirklich nicht länger speichert. Zudem seien die Selfies bei einem Unternehmen wie Google in sicheren Händen.
Wem jedoch bei diesem Gedanken unwohl ist oder Google nicht vertrauen möchte, sollte am besten die Selfie-Funktion der App nicht nutzen.
Wenn ihr allerdings gar nicht wollt, dass eure Fotos von Gesichtserkennungsprogrammen genutzt werden, seid ihr wahrscheinlich schon zu spät dran. Denn Programme wie Face Net oder Deepface von Facebook trainieren schon jetzt mit öffentlich zugänglichen Fotos auf sozialen Netzwerken.
Wer also sichergehen möchte, dass seine Daten nicht genutzt werden, darf sie gar nicht erst im Internet zur Verfügung stellen.
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