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Cebit-Aus: Ein Festival-Sommer macht noch keinen Messe-Frühling

Cebit-Aus, Hannover
Dieses Bild werden wir auf dem Messegelände in Hannover nicht mehr so schnell wiedersehen. Die Cebit wird bis auf weiteres eingestellt.
geschrieben von Philip Bolognesi

Es ist die heiß diskutierte Meldung des Novembers: Die Cebit 2019 wird abgesagt. Ist eine Computer- und Digital-Messe in ihrer traditionellen Form überhaupt noch zeitgemäß? Nur auf klassische Messestände haben nur noch die wenigsten Messebesucher wirklich Lust. Ein Kommentar.

Seit dem Jahr 2001 und dem Platzen der Dot-Com-Blase verzeichnete die Cebit in Hannover stetigen Besucher-Schwund. Vor 17 Jahren strömten noch 850.000 Besucher auf das riesige Messegelände.

2018 sollte bekanntlich alles anders werden. Und es fühlte sich auch anders an. Statt schnellen Schrittes durch die Kälte zu stampfen und von einer Halle in die nächste zu springen, war dieses Mal im Juni der Besuch der Cebit entspannter.

Doch laut offiziellen Zahlen waren es nur überschaubare 116.000 Besucher. Gar 38.000 von ihnen schlugen den direkten Weg auf das Festival-Gelände ein und fanden ihn nicht in die Hallen zu den Ausstellern.

Cebit: Nur wenige Unternehmen setzten das neue Konzept um

Die Devise des Cebit-Chefs Oliver Frese war es, zur Leit-Veranstaltung der digitalen Transformation zu werden und auch ein jüngeres Publikum anzulocken. Ein Vorhaben, das jedoch nur die großen Player von den insgesamt 2.800 Ausstellern mittragen wollten – oder auch konnten.

Salesforce, Vodafone, IBM und Hewlett Packard Enterprise machten Digitalisierung, Lösungen und Produkte spür- und erfahrbar –  unter anderem mit Robotern, interaktiven Ständen und autonomen Fahrzeugen. SAP ragte mit seinem Riesenrad zwar hervor, vergaß aber innovative Stände drumherum zu errichten.

Abseits des Kirmes-Geländes herrschte jedoch in den Hallen überwiegend gähnende Leere mit alten Messekonzepten, die bereits in den Jahren zuvor eher abschreckten als anlockten.

Cebit zahlt den Preis für jahrelange Ideenlosigkeit 

Digitalen Wandel zu spüren, in lockerer Atmosphäre mit Fachleuten auf Augenhöhe zu diskutieren und Geschäfte zwischen Konzertbühne und Food-Truck abzuschließen: Wunderbare Ansätze, die innerhalb eines Jahres jedoch durch die eigentliche Struktur der Cebit nicht vereinbar sind.

Die Deutsche Messe gehört je zur Hälfte dem Land Niedersachsen und der Stadt Hannover. Beide Aktionäre fokussieren sich voll auf Umsatz und gebuchte Messe-Flächen.

Eine angestaubte Messe wie die Cebit benötigt allerdings ein wenig länger, um einen kompletten Relaunch umzusetzen und einem für die Aussteller spürbaren Gewinn zu erzielen.

2017 gab es kein freies WLAN und Besucher mussten ihre Tickets noch ausgedruckt scannen lassen. Da waren schon andere Messen in den letzten Jahren besser aufgestellt und vermittelten einen ganz anderen Service-Charakter.

Was folgt nach der Cebit?

Nun soll nach eigenem Bekunden die Cebit deutlich auf der Hannover Messe implementiert werden. Ebenso sollen kleinere, themenspezifischere Business-Events ein ausgewählteres Fachpublikum ansprechen.

Ein Wechsel von einer traditionellen Großveranstaltung für alle zu einer zugeschnittenen Fachmesse ist ein logischer Schritt. Das machen der Mobile World Congress in Barcelona, die South by Southwest in Texas und auch die Online Marketing Rockstars in Hamburg beispielhaft vor.

Der Mix aus Fach-Dialog, Vorträgen, gewöhnlichen Aussteller-Flächen, Entertainment und Event scheint die Zukunft zu sein. Doch ab einer gewissen Größe muss man sich das auch leisten können.

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Über den Autor

Philip Bolognesi

Philip Bolognesi war von 2018 bis 2020 in der Redaktion von BASIC thinking tätig. Er hat Kommunikationswissenschaften studiert und ist zertifizierter Social-Media-Manager. Zuvor hat er als freiberuflicher Online-Redakteur für CrispyContent (Serviceplan Berlin) gearbeitet und mittelständische Unternehmen in ihrer Online-Kommunikation beraten. Ihn trifft man häufig im Coworking-Space Hafven in Hannover.