Im Themenbereich der Smart Cities in Afrika haben wir euch bereits vor einigen Wochen über das Projekt „Diamniadio“ in einem Artikel und in unserem Podcast informiert. Betrachten wir nun den kompletten Kontinent, dann sollen in den nächsten Jahrzehnten Dutzende solcher Projekte im Umfang von 100 Milliarden Dollar geplant, gebaut und bewohnt werden. Das hat die Marktanalyse und Forschungsfirma Estate Intel herausgefunden. Der Grund ist simpel: Die afrikanische Bevölkerung soll bis ins Jahr 2050 um 1,3 Milliarden Menschen zunehmen und die Infrastruktur nicht kollabieren. Auch Wohnungsmangel könnte auch hier ein immer größeres Problem werden.
Dabei fokussieren sich die Probleme eher auf den städtischen Bereich. Durch die Landflucht ziehen mehr und mehr Menschen in die Städte, um von den verschiedenen Vorteilen wie Arbeitsplätzen, Versorgung und dem höheren Lebensstandard zu profitieren. In der Folge werden bis 2050 in den größten Regionen Afrikas 50 Prozent der Menschen in urbanen Bereichen wohnen und leben. Die angeblich zukunftstauglichen Projekte sollen dann für intelligente Städte mit modernen Geschäftsvierteln und futuristischen Wohngebieten sorgen.
Der Bau erfolgt dabei nicht ausschließlich auf leer stehenden Flächen, sondern auch dort, wo bereits Strukturen wie Kanalisationen, Straßen und Stromkanäle vorliegen. Die Fertigstellung der Projekte soll innerhalb der nächsten 10 bis 30 Jahre anvisiert werden. Insgesamt sollen 18 solcher Projekte aktuell in Planung bzw. Umsetzung sein. Alleine in Nigeria werden 25 Millionen Quadratmeter neu bebaut. Das ist auch dringend notwendig, da das Land innerhalb der nächsten 30 Jahre die drittgrößte Bevölkerung der Welt haben wird. Aber auch kleinere Länder wie das 1,2 Millionen Einwohner „schwere“ Mauritius (im indischen Ozean) setzten auf solche Projekte.
Die neuen Wohnungen und Flächen werden bereits heute aktiv mit teils hohen Ermäßigungen beworben. Das Ziel ist logischerweise bereits getätigte Investitionen möglichst schnell zu amortisieren. Ein Nachteil hat der Ausbau aber auch: Die Quadratmeterpreise in den betroffenen Gebieten explodieren.
Aber das ist erst der Anfang. Auch das Problem der Wohnungsnot wird voraussichtlich nicht gelöst werden, da die neu gebauten Appartments so teuer sind, dass sich die normale Bevölkerung nur durch Aufnahme von Schulden ein solches leisten könnte. Die anfangs erwähnte Diamniadio Lake City wird bereits kritisiert, da die Bedürfnisse der eigentlichen Einwohner gar nicht berücksichtigt werden. In der als visionär dargestellten Stadt Kigali soll eine Wohneinheit 160.000 Dollar kosten, obwohl 80 Prozent der Bevölkerung in Slums leben.
Auch, wenn wir die Umwelt betrachten, wird es kritisch. Im Eko Atlantik-Projekt wurde beispielsweise eine große Fläche für Städte einfach aus dem Atlantik „zurückgewonnen“. Da die Wassermassen dadurch nur verdrängt werden, haben dann andere Städte deutlich höhere Risiken, wenn es um Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen geht.
Halten wir also fest: Afrika hat in seiner Entwicklung inzwischen deutlich aufgeholt, wenn nicht sogar schon teilweise uns überholt. Das Problem, dass leider zu wenige sehen ist aber, dass mit steigender Innovationsfreudigkeit und den Ausbau von Städten nicht automatisch der Wohlstand der Bevölkerung steigt. Wenn hier also nicht bald die Notbremse gezogen wird, dann könnte es sein, dass in den neuen Städten keine Bürger des entsprechenden Landes leben werden.
Via Quartz Africa
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Nach Rückmeldung durch unsere aufmerksamen Leser wurde der Untertitel angepasst.