Waymo ist das erste Unternehmen, das in Kalifornien die Erlaubnis erhält, Roboterautos ohne Menschen am Steuer auf öffentlichen Straßen zu testen. Doch nicht alle glauben, dass das eine gute Idee ist.
Das California Department of Motor Vehicles (DMV) hat zum ersten Mal einem Unternehmen erlaubt, autonome Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen zu testen. Der glückliche Besitzer dieser ersten Genehmigung ist Waymo, die Schwester-Firma von Google.
Die Erlaubnis bezieht sich auf 40 Fahrzeuge, die Tag und Nacht in der Stadt, auf ländlichen Highways sowie auf Autobahnen mit einer maximalen Geschwindigkeitbegrenzung von 65 Meilen pro Stunde (ca. 105 Kilometer pro Stunde) fahren dürfen. Waymo hat dies als den „letzten Baustein“ auf dem Weg zum vollautonomen Fahrzeug bezeichnet.
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Waymo läutet letzte Phase seiner autonomen Fahrzeuge ein
Was bedeutet das genau? Google forscht seit 2009 an der fahrerlosen Technologie. Das Unternehmen gibt an, seine autonomen Fahrzeuge seien mittlerweile zehn Millionen autonome Meilen (ca. 16 Millionen Kilometer) in 25 Städten auf der Straße gefahren und sieben Milliarden simulierte Meilen (ca. 11 Milliarden Kilometer).
Autonome Meilen auf öffentlichen Straßen wurden bislang stets mit einem Sicherheitsfahrer am Steuer abgefahren. Dieser beobachtete die Fahrt, sammelte Daten und konnte im Notfall eingreifen.
Auf der Autonomie-Skala entspricht das in etwa der Stufe 4, bei der das Auto selbstständig fährt und der Fahrer die Verantwortung für alle sicherheitskritischen Bedingungen abgibt – in kritischen Situationen aber wieder die Kontrolle übernehmen kann (und muss).
Wenn Waymo nun in Kalifornien damit beginnt, den Menschen aus dem Fahrersitz zu nehmen, ist das nicht mehr und nicht weniger als der Pfad zum heiligen Gral im autonomen Fahren: die letzte Stufe der Autonomie und damit das vollautonome Fahren des Autos.
Das ist die Stufe, bei der Insassen sich entspannt zurücklehnen können und das Auto alle Funktionen selbst übernehmen kann. Bis es selbst bei Waymo soweit ist, wird es natürlich noch eine Weile dauern.
Tests bei Regen und Nebel geplant
Denn was nun mit Waymo in Kalifornien beginnt, ist zunächst die Testphase dieser Stufe. In Phoenix im US-Bundesstaat Arizona hat Waymo bereits mit solchen Tests begonnen, nun soll also auch Kalifornien hinzukommen. Das wird dem Unternehmen mehr wertvolle Daten zum Ausbau der Technologie liefern.
Unter anderem möchte Waymo das vollautonome System auch in ungünstigen Wetterbedingungen wie leichtem Regen oder Nebel testen.
Die Teststrecke ist dabei am Anfang auf den Bereich um das Waymo-Hauptquartier beschränkt, nach und nach soll diese ausgeweitet werden.
Wann genau Waymo mit diesen Tests beginnen möchte, ist noch nicht bekannt. Das Unternehmen wird aber vorab eine Anfrage für spezifische Tests beim DMV einreichen müssen und Waymo hat ebenfalls versprochen, die betroffenen Kommunen vorzeitig zu benachrichtigen.
In dieser Anfangsphase werden aber nach wie vor Menschen im Auto sitzen, wenn auch nicht am Steuer, sondern als Beifahrer. Dies werden zunächst die eigenen Mitarbeiter sein, später soll auch die Öffentlichkeit die Technologie testen können. Waymo hat ebenfalls versichert, es gebe ein striktes Sicherheitsprotokoll für die Fahrzeuge.
Wenn etwas passiert oder ein Fahrzeug ein bestimmtes Verkehrsszenario nicht versteht, wird das Auto zu einem Sicherheitsstopp kommen und so lange warten, bis es versteht, was es zu tun hat. Sollte das Fahrzeug nicht selbst in der Lage sein, die Situation zu entschlüsseln, wird es automatisch das Support-Team kontaktieren, das dem Auto daraufhin Befehle oder weitere Informationen geben kann.
Waymo wertet die neuen Tests in Kalifornien als weiteren Durchbruch seiner fahrerlosen Autos sowie als Beleg dafür, dass die Roboterautos sicher genug sind, um im öffentlichen Verkehr eingesetzt zu werden.
Kritiker zweifeln an Sicherheit der Fahrzeuge
Das sehen aber nicht alle so. Die Kritik an Waymos autonomer Technologie geht dabei in zwei Richtungen. Die einen glauben nicht, dass die Fahrzeuge wirklich sicher genug sind, um im öffentlichen Straßenverkehr zu kursieren. Andere sehen die zu vorsichtige Programmierung der Waymo-Fahrzeuge als Sicherheitsrisiko. Alle wiederum kritisieren die mangelnde Transparenz beim Unternehmen.
All dies läuft darauf hinaus, dass viele glauben, dass die Technologie noch nicht bereit für die Straße ist.
Selbstfahrende Autos haben keine Sicherheitsauflagen
Was dabei als „sicher“ für ein autonomes Fahrzeug gilt, wurde in den USA nie offziell festgelegt. Das ist ziemlich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass andere Industrien die Sicherheit ihrer Produkte vor dem Gesetzgeber erst demonstrieren müssen, bevor sie diese verkaufen oder nutzen dürfen.
Für fahrerlose Autos gibt es in den USA keine solchen Auflagen. Zwar gibt es die allgemeinen Federal Motor Vehilce Safety Standards, die auch autonome Fahrzeuge erfüllen müssen. Dies ist jedoch keine große Herausforderung. Waymo konnte diese Auflagen zum Beispiel einfach damit erfüllen, dass es seine Technologie mit den Pacifica Vans von Chrysler testet, die diese Standards erfüllen.
Der Mangel an Regulierungen ist aber Absicht. Denn bislang glaubten Politiker, es sei zu aufwendig, allgemeingültige Sicherheitsregeln für die Technologie zu definieren und außerdem nicht förderlich, um die Forschung in diesem Bereich schnell voran zu treiben. Derzeit bereitet der US-Kongress ein Gesetz vor, um sogar den Bau von autonomen Fahrzeugen zu ermöglichen, die nicht einmal den FMVSS entsprechen müssen.
Experten sehen dies kritisch: Marry Cummings, Professorin für Ingenieurstechnik an der Duke-Universität sagt: „Meiner Meinung nach sollten überhaupt keine fahrerlosen Autos auf der Straße sein. Ich denke, es ist skrupellos, dass niemand vorschreibt, dass erstmal Tests gemacht werden müssen, bevor sie auf die Straße gebracht werden können.“
Mangelnde Transparenz bei Waymo
Waymo ist allerdings eins der Unternehmen, das seine Technologie am längsten getestet hat. Doch auch hier zweifeln einige an dem Sicherheitsversprechen des Unternehmens. Allein die Zahl der „autonom gefahrenen Meilen“ sei nicht besonders aussagekräftig. Denn Waymo gibt zum Beispiel nicht öffentlich bekannt, welche Sicherheitsszenarien die Fahrzeuge genau erproben und wie sie darin abschneiden.
Immerhin müssen alle Unternehmen, die autonome Fahrzeuge testen, den Behörden eine detaillierte Unfallstatistik vorlegen. Waymo weist darin eine der geringsten Unfallquoten mit menschlichem Schaden auf. Selbst minimale Verletzungen sind selten. Das ist zwar sehr vielversprechend und spricht nach Meinung vieler für die Sicherheit der Waymo-Fahrzeuge. Sehr viel mehr ist allerdings nicht bekannt.
Einige fordern deshalb, dass die Unternehmen von sich aus ihre Daten offenlegen sollten, um so zu zeigen, dass ihre Sicherheitsbeteuerungen keine leeren Versprechen sind.
Sind die Fahrzeuge zu sicher?
Doch neben dem allgemeinen Misstrauen gegen die Sicherheit der Technologie hat Waymo noch ein ganz anderes Problem mit seinen Roboterfahrzeugen. In Arizona haben sich Bewohner und Autofahrer darüber beschwert, dass die Waymo-Fahrzeuge zu vorsichtig fahren.
Das liegt daran, dass die Fahrzeuge in ihrem Verhalten extrem konservativ programmiert sind. Das heißt, dass sie sehr viel vorsichtiger fahren als man es von einem menschlichen Fahrer erwartet. Die Autos halten an jedem Stoppschild und warten volle drei Sekunden. Sie halten große Sicherheitsabstände zu anderen Autos und stoppen lieber zu häufig als zu selten.
Damit verwirren sie aber menschliche Autofahrer, die zum Beispiel schnelleres Einfädeln und ein schnelleres Losfahren an Stoppschildern erwarten und weniger abrupte Stopps. Genau das hat bei Waymo zu vielen Auffahrunfällen geführt.
Solange dies nur einige wenige autonome Fahrzeuge betrifft, mag das nicht so schlimm für den allgemeinen Verkehrsfluss sein. Doch neben Waymo stehen natürlich auch alle anderen Unternehmen, die autonome Autos bauen, schon in den Startlöchern, um ihre Fahrzeuge ebenfalls auf öffentlichen Straßen zu testen.
Das könnte wiederum zu ganz neuen Unfallszenarien führen. Auch wenn man dabei natürlich nicht vergessen darf, dass die Waymo-Fahrzeuge noch im Prototyp-Status sind. Hier wird sich wahrscheinlich Zukunft viel verbessern.
Öffentliche Debatte wird anhalten
Bis dahin wird die Diskussion um die Sicherheit der Fahrzeuge sicher nicht abflauen. Denn egal, ob sie zu vorsichtig oder zu riskant programmiert sind, solange sie unberechenbar sind – oder wir nicht wissen, was sie genau können und nicht können – sind sie für viele ein Sicherheitsrisiko auf der Straße.
All dies wird Waymo und andere Unternehmen sicherlich nicht davon abhalten, ihre fahrerlosen Autos im Straßenverkehr zu testen, ganz im Gegenteil. Die Unternehmen argumentieren damit, dass sie die Autos „frei“ fahren und Szenario um Szenario selbst lernen lassen müssen, um die Sicherheit der Technologie zu verbessern.
Doch egal, wie man zu fahrerlosen Autos und zu Waymo steht: Wenn die Fahrzeuge wirklich so sicher sind, wie Waymo behauptet, würde mehr Transparenz dem Unternehmen sicher helfen, um das Vertrauen in die Technologie zu erhöhen.
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