Klang ist für mich ein wesentlicher Bestandteil des Fahrvergnügens. Das bezieht sich natürlich nicht nur auf den Klang des Autos, sondern natürlich auch auf den Klang des Soundsystems. In diesem Bericht gehen wir drauf ein wie KIA und Harman zusammenarbeiten, um diesen guten Klang ins Auto zu bekommen.
Bevor wir uns in die eigentliche Technik stürzen möchte ich euch erst einen kleinen Überblick über die beiden Firmen geben.
Harman – a Samsung Company?
Bei uns auf dem Blog haben wir ja schon öfters über Produkte von Harman/Kardon berichtet. Mir zumindest war bisher nicht bewusst, dass Harman Kardon nur eine von über 16 Marken der Firma Harman ist. Andere Bekannte Namen aus der Gruppe sind: AKG, Canton, JBL, etc. und im Bereich Automotive auch Bang&Olufsen und Bowers & Wilkins. Im Ganzen arbeiten damit fast 30.000 Menschen für die verschiedenen Unternehmen der Gruppe, von denen mehr als 15.000 im Bereich der Entwicklung. Im März 2017 wurde Harman von Samsung für ca. 8 Milliarden Dollar übernommen, bleibt aber als Tochtergesellschaft eigenständig.
Kia – The Power to Suprise
Kia ist ein Autohersteller aus Südkorea der seit 1998 zur Hyundai Motor Group gehört. Hyundai/Kia ist mit 7,9 Millionen verkaufter Fahrzeuge nach Toyota, VW und GM der viertgrößte Fahrzeughersteller der Welt. Der Slogan „Power to Suprise“ passt sehr gut zu dem Stinger GT, der der neuste Meilenstein der mittlerweile 20 Jährigen zusammenarbeit zwischen Harman Kardon darstellt. Das Auto hat mich, um es vorsichtig zu formulieren, sehr überrascht in vielen Bereichen, aber dazu später mehr.
KIA Stinger Modellentwicklung zusammen mit Harman Kardon
Der Stinger ist die erste Sportlimousine von Kia und ist damit zur Zeit das Flaggschiff-Modell. Neben den klassischen Eigenschaften einer Sportlimousine kommt im gehoben Marktsegment dem Soundsystem natürlich eine wichtige Rolle zu. Denn genau so, wie man die Fahreigenschaften beim Fahren sofort spürt, ist der Klang im Auto für die Passagiere ein wichtiger Punkt. Ich denke, das kann jeder bestätigen, der ab und zu im Auto seinen Lieblingssong voll aufdreht und sich von dem Beat der Musik antreiben lässt.
Schon zwei Jahre vor dem eigentlichen Produktionsstart eines neuen Modells beginnt in der Regel die Zusammenarbeit zwischen dem Autohersteller und Harman Kardon. Ähnlich wie bei der Entwicklung des Autos selbst steht am Anfang erst einmal die Computersimulation, mit der nach der idealen Positionierung und Dimensionierung der Lautsprecher gesucht wird für die optimale Innenraum-Akustik.
Vom ersten Konzept bis zum fertigen Soundsystem durchläuft das System drei Stufen:
- Protoypenentwicklung
- Vorproduktion
- Serienproduktion
Eine der großen Herausforderungen ist, dass es bei der Entwicklung eines Autos weit über tausend Detailveränderungen gibt, die einen Einfluss auf die Akustik des Innenraums haben. Dementsprechend muss auch immer wieder das Soundsystem modifiziert, angepasst und neu abgestimmt werden.
Der Stinger hat insgesamt 15 Lautsprecher verbaut:
- Amaturenbrett
- Mitteltöner (100 mm)
- Pro Tür
- Hochtöner (25 mm)
- Mitteltöner (80 mm)
- Tieftöner (160 mm)
- Unter Fahrer- und Beifahrersitz
- Schwingspulen-Subwoofer (200 mm)
Beispiele für die gemeinsame Abstimmung zwischen KIA und Harman Kardon sind hier zum Beispiel die Position der Subwoofer unter dem Fahrer- und Beifahrersitz. Um an dieser Stelle noch mehr Platz für Resonanzraum zu bekommen, nutzen die Woofer Volumen in den Seitenschwellern.
Auch das Design und Material der Lautsprecherabdeckung ist eine der vielen Schnittstellen zwischen den Herstellern. Beides muss mit dem Interieur des Herstellers harmonieren, darf aber auch nicht die Klangeigenschaften negativ beeinflussen. So ist die Lochung der gebürsteten Edelstahloberfläche der Abdeckungen wichtiger als man denkt. Zu viel Materialdicke kann den Klang negativ beeinflussen, zu dünne und zu viele Löcher können einen negativen Effekt auf die Stabilität haben und dadurch die Schutzfunktion der dahinterliegenden Lautsprecher ggf. nicht mehr erfüllen.
Ein 720-Watt starker 12-Kanal-Verstärker sorgt für die Ansteuerung der Lautsprecher. Aber hochwertige Hardware ist nur die eine Seite der Medaille.
Streaming als Herausforderung für die Soundanlage
Die Hardware-Komponenten können noch so gut sein, wenn die Quelle eine schlechte Qualität hat können diese erst mal nichts Gutes wiedergeben. Der Sound-Ingenieur bezeichnet dies sehr treffend: „Shit In = Shit Out„.
Digitale Musik ist immer verlustbehaftet. Aber wie groß diese Verluste sind, hängt sehr stark von der Quelle ab. Eine CD hat zum Beispiel eine Bitrate von ~1,5 Mb. Bis zu einer Datenrate von 160 kb kann man noch von einer „guten“ Quelle sprechen. Bei allem darunter kann auch ein nicht audiophiler Hörer klangliche Unterschiede bemerken. Um das ganze mal mit einem praktischen Beispiel zu verdeutlichen: Die „normale“ Spotify Streaming-Qualität beträgt 96 kb/s, falls ihr diese auf niedrig stellt sogar nur noch 24 kb/s.
Das heißt, dass viele von uns die meiste Zeit Musik hören, die uns zwar immer noch gefällt, aber bei der einfach einiges an Detailinformationen bzw. -klängen fehlen.
Bei Harman begegnet man diesem Problem mit der Clari-Fi genannten Technologie. Die Audio-Dateien werden in Echtzeit analysiert und korrigiert. Der Effekt regelt je nach Qualität des Quellsignals. Bei einer CD hat das Clari-Fi System praktisch nichts zu tun, bei einem schlecht gerippten MP3 schon mehr.
Dies ist gleichzeitig auch der größte Unterschied zu klassischen „Klangverbesseren“, denn diese ändern den EQ oder fügen ggf. einfach Hall hinzu, dabei handelt es sich also eher um ein Überdecken. Das Harman-System rekonstruiert also quasi das Signal.
Im Klangraum hatten wir die Gelegenheit, die Funktionsweise der Technologie zu hören. Und beim direkten Vergleich verbessert sich das Ergebnis hörbar. Dabei ist es jetzt nicht so, dass die Musik vorher schlecht geklungen hat, aber sobald das Clari-Fi eingestellt wurde, klang sie spürbar besser.
Audio-Puristen wollen ja oftmals so wenig Eingriff wie möglich in die Musik. Aber so ein richtiger Audio-Geek hört wahrscheinlich seine Musik auch nicht unbedingt via Spotify. Die Technik verbessert damit also das Hörerlebnis deutlich für den normalen User. Da es nicht weiter eingestellt werden kann, ist das ein Feature, das die meisten im Auto wahrscheinlich einfach eingeschaltet lassen und sich freuen, dass die Musik besser klingt.
In meinem subjektiven Test bei der Ausfahrt im Stinger GT am Nachmittag konnte ich diesen Effekt nicht wirklich raushören. Was auch daran liegt, dass ich Musik von Spotify mit 160 kb/s streame bzw. mit 320 kb/s runtergeladen habe.
Quantum Logic – Surround-Sound einer neuen Generation
Ganz anders der Effekt, der mit Quantum Logic im Auto erreicht wird. Dieser war deutlich erlebbar und hat mich persönlich richtig begeistert.
Auch hier ist der Hintergrund schnell erklärt: Trotz der Fortschritte bei der digitalen Tonaufnahme sind die meisten Audio-Dateien, die wir unterwegs hören, nur als Stereo-Signal verfügbar.
Bei Harman hat man deshalb einen Audio-Algorithmus entwickelt, der im Hintergrund die Signalströme analysiert und einordnet.
Das heißt, die Quelle wird in einzelne Kanäle aufgeteilt: Stimmen, Instrumente und Raumklang-Informationen. Diese einzelnen Signale können dann neu abgemischt werden und ermöglichen damit komplett neue Hörerlebnisse.
Im Kia Stinger gibt es zwei mögliche Einstellungen für das Quantum Logic: Publikum oder Bühne. Auch hier haben wir uns im Soundraum wieder einige Beispiele anhören können. Tatsächlich habe ich aber den Effekt auch bei meiner Probefahrt im Stinger GT selber später sehr deutlich spüren können.
Wie viele andere habe ich im Auto so meine Standard-Playlists, die ich einfach sehr gerne regelmäßig höre. Schon der Modus Publikum, der meistens noch am ehesten dem entspricht, was man von Stereo gewohnt ist, klingt deutlich anders. Das System vermittelt einen räumlichen Eindruck, als ob man wirklich bei einem Konzert im Publikum steht.
Je nach Gruppe und Song war aber der Effekt im Modus Bühne besonders extrem. Denn hatte man vorher noch das Gefühl, die Band spielt vor einem, hat man nach dem Umschalten das Gefühl, man befindet sich mit auf der Bühne und der Musiker steht gerade direkt neben einem.
Auch hier gilt wieder, wem der Effekt nicht gefällt, der kann das System auch ausschalten und immer noch einen Super-Klang genießen. Ich persönlich hab jedoch sehr viel Spaß mit dem System gehabt. Je nachdem, ob ich Songs laufen lasse, die ich gerne mitgröhle mitsinge, oder ob es eher welche sind, die ich nur gerne höre, habe ich das System auch während der Fahrt immer wieder entsprechend umgestellt.
Kleines Fazit zur Behind the Sound Tour
Ich war sehr erstaunt zu lernen, dass beim Klang im Auto deutlich mehr Software dahinter steckt, als man im ersten Moment vielleicht glauben mag. Von den 15.000 Mitarbeitern im Entwicklungsbereich von Harman befassen sich ungefähr 80% mit Softwareentwicklung.
Gerade wenn man sich mal darauf konzentriert, im Auto intensiv hinzuhören, werden einem die zum Teil sehr großen Unterschiede im Klang dann doch bewusst. Das heißt aber auch, dass sie unterbewusst die ganze Zeit einen erheblichen Teil des Fahrkomforts / -Erlebnisses mit ausmacht.
Für mich selbst steht schon seit langem fest, dass ich beim nächsten Auto auf jeden Fall mehr auf das Soundsystem achten werde und lieber etwas mehr Geld für einen besseren Sound als für einen größeren Motor ausgeben werde. Was das angeht, finde ich den KIA Stinger GT auch nochmal interessant, weil er für einen Preis, bei dem die Mittelklasse anderer europäischer Hersteller gerade mal ein besseres Basismodell bietet, quasi Vollausstattung an Bord hat. Daher werde ich mich auf jeden Fall auch noch mal um einen Testwagen bemühen. Bis dahin die Frage an euch:
Wie wichtig ist euch der Klang der Musik im Auto?