Dass die (richtige) Kennzeichnung von Werbung und Kooperationen nicht selbstverständlich ist, hat Adidas jüngst traurig unter Beweis gestellt. Wir haben deshalb mit Rechtsanwalt Boris Burow über die gesetzlichen und rechtlichen Grundlagen gesprochen.
Wann muss ich einen Beitrag als Werbung kennzeichnen? Wie sieht eine korrekte Kennzeichnung von Werbung auf Instagram und Co. aus? Und: Wann verfolge ich mit meinem Instagram-Account eigentlich ein wirtschaftliches Interesse?
Diese Fragen beschäftigen die Influencer-Szene spätestens nach dem umstrittenen Urteil gegen Vreni Frost. Doch wie sieht die rechtliche Situation tatsächlich aus? Das haben wir mit Boris Burow besprochen. Er ist als Rechtsanwalt mit Fachgebiet IT- und Medienrecht bei der Kanzlei „Burow Kachur Gentes Fiebig“ tätig.
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Kennzeichnung von Werbung: der Fall Vreni Frost
BASIC thinking: Das Landgericht Berlin hat im Fall Vreni Frost argumentiert, dass die Kennzeichnung auch bei selbstgekauften Produkten notwendig ist, wenn ein Account bereits für Werbezwecke verwendet wurde. Wie schätzt du diese Entscheidung ein?
Boris Burow: Es ist nicht ganz leicht die Entscheidung des Landgerichts Berlin einzuschätzen. Auf Basis der Gesetze, die derzeit in Deutschland gelten, kann ich die Entscheidung in ihrem ganz konkreten Einzelfall durchaus nachvollziehen, auch wenn ich inhaltlich anderer Meinung bin.
Problematisch ist, dass man nicht den Fehler machen darf, diese Entscheidung zu generalisieren. Sie betrifft einen konkreten Sachverhalt bei dem eine Person konkrete Verlinkungen vorgenommen hat.
Jedes Instagram-Profil ist einzigartig, sodass wir auch nur auf Basis des vorliegenden Sachverhalts eine Aussage zu dieser Entscheidung treffen können. Wichtig ist es daher, diese Entscheidung nicht zu sehr zu pauschalisieren und davon auszugehen, dass jegliche Verlinkung von Marken von Unternehmen verboten ist.
Wirtschaftliches Interesse
Ab wann verfolge ich mit meinem Account ein wirtschaftliches Interesse?
Die Problematik im vorliegenden Fall war in der Tat die Frage, welchen Zweck die Bloggerin Vreni Frost mit ihrem Instagram-Profil verfolgt. In Deutschland regelt das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) das Miteinander der Unternehmer unter anderem auch im Hinblick auf die korrekte Offenlegung von werblichen Maßnahmen.
Es soll für jeden Verbraucher klar sein, ob eine werbliche Maßnahme durch ein Unternehmen vorliegt oder nicht. Problematisch ist, dass das UWG nicht nur für große Konzerne gilt, sondern an die sogenannte geschäftliche Handlung anknüpft.
Eine geschäftliche Handlung wiederum ist inhaltlich viel weniger als eine gewerbliche Tätigkeit. Man könnte meinen, dass ein Gewerbe notwendig ist, um unter das UWG zu fallen. Dies ist so nicht richtig.
Eine geschäftliche Handlung ist schon viel weniger und umfasst jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eben eines fremden Unternehmens, wenn dies gleichzeitig mit der Förderung entweder des eigenen Absatzes oder eben des Absatzes eines fremden Unternehmens zusammenhängt.
Diese Feinheiten machen es auch so schwer die Entscheidung nachzuvollziehen, da man davon ausgehen würde, dass nur offensichtliche Gewerbetreibende unter die Regelung des UWG fallen.
Umgang mit Abmahnungen
Wie sollte ich handeln, wenn ich eine Abmahnung – zum Beispiel vom Verband Sozialer Wettbewerb – im Briefkasten habe?
Wenn ich eine Abmahnung im Briefkasten habe, sollte ich sofort notieren, wann mir die Abmahnung zugegangen ist. Ich sollte die Abmahnung aufmerksam lesen und die Fristen, die mir gesetzt werden notieren.
Im nächsten Schritt sollte ich einen Rechtsanwalt konsultieren, der in dem jeweiligen Bereich, in dem es in der Abmahnung geht, spezialisiert ist. (Ein Knochenbruch ist beim Orthopäden auch besser aufgehoben als beim HNO-Arzt.)
Hierbei sollte ich darauf achten, dass ich vorab mit dem Anwalt die Kosten kläre – zum Beispiel für eine erste Einschätzung. Auf dieser Basis kann mir der Anwalt dann erläutern, wie meine Chancen stehen und was die nächsten Schritte sind.
Die Fristen sind deshalb so wichtig, weil es notwendig sein kann, innerhalb der Fristen angemessen zu reagieren, um so größeren finanziellen Schaden abzuwenden. Vorsichtig wäre ich damit, die komplette Abmahnung im Internet zu veröffentlichen oder die Abmahnung komplett zu ignorieren.
Kennzeichnung von Werbung: die Grundlagen
Wie kennzeichne ich einen Werbe-Post auf Instagram richtig?
Über die richtige Kennzeichnung bei Instagram kann man sicherlich lange streiten. Hier lässt sich die bisherige Rechtsprechung und die bisherige Kennzeichnung von Werbung in den Printmedien heranziehen. Auch hier ist es wichtig, dass dem Leser klar ist, dass es durchaus einen redaktionellen Teil gibt aber gegebenenfalls auch Beiträge, die Werbung von Unternehmen sind.
Welche Komponenten (#Anzeige, [Werbung], Verlinkung der Marke etc.) benötigt ein Werbe-Post auf jeden Fall?
Für den durchschnittlichen Verbraucher muss immer klar sein, dass es sich um Werbung handelt, sodass man nicht empfehlen kann, die Begriffe „Ad“ oder „Sponsored Post“ zu verwenden.
Sehr gut wäre die Verwendung der Begriffe „Werbung“ oder „Anzeige“, weil diese Begriffe eindeutig sind. Wenn ich diese Begriffe direkt an den Anfang stelle und sogar noch jeweils per Hashtag verwende, bin ich auf der ganz sicheren Seite.
Kennzeichnung von Werbung: häufige Fragen
Nun gibt es für Instagrammer und Influencer die unterschiedlichsten Situationen. Einige davon lauten:
Erster Fall: Ich habe das Produkt selbst gekauft, stehe in keiner Verbindung zur Marke und berichte darüber (positiv wie negativ).
Zweiter Fall: Ich habe das Produkt geschenkt bekommen (Dauerleihgabe), darf aber selbst entscheiden, ob ich positiv oder negativ berichte.
Dritter Fall: Ich habe das Produkt geschenkt bekommen unter der Voraussetzung, dass ich positiv darüber berichte.
Vierter Fall: Ich habe das Produkt geschenkt bekommen, darf selbst entscheiden, ob ich positiv oder negativ berichte, verdiene allerdings Geld durch Affiliate-Kooperationen mit dem Unternehmen.
Fünfter Fall: Ich vertagge eine Marke oder einen Freund auf Instagram, ohne dass ich in einer wirtschaftlichen Beziehung stehe.
Sechster Fall: Ich poste das Bild eines Artikels / einer Publikation, in dem / der ein Beitrag von mir oder über mich erschienen ist.
In eines der Szenarien fallen die meisten Posts, bei denen es um Werbung geht. Doch wann muss ich nun einen Beitrag als Werbung kennzeichnen? Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht. Lediglich der dritte Fall (Schenkung unter Voraussetzung einer positiven Berichterstattung) ist stets als kritisch zu betrachten.
Kennzeichnung von Werbung: eine Analyse zur besseren Einordnung
BASIC thinking: Wann muss ich einen Post als Werbung kennzeichnen?
Boris Burow: Bei der Frage wann man einen Post als Werbung kennzeichnen muss, gibt es zwei Dinge zu beachten. Zum einen ist die Frage relevant, ob ich eben eine geschäftliche Handlung vornehme oder nicht. Nehme ich keine geschäftliche Handlung vor, ist eben auch keine Werbekennzeichnung anzubringen.
Der einfachste Fall ist der, bei dem ich mein Instagram-Profil von vorne herein gewerblich betreibe und Geld oder einen anderweitigen Vorteil von dem Unternehmen erhalte. In diesem Falle ist eine Kennzeichnung notwendig.
Umgang mit selbst gekaufter Ware und Schenkungen
Die spannende Frage war bisher, was mit einem gewerblichen Instagram-Profil ist, bei dem die Ware selbst gekauft wurde oder eine Schenkung seitens des Unternehmens vorliegt ohne Vorgabe, wie hierüber zu berichten ist.
Hier sagt nun das Landgericht Berlin, dass es zwar durchaus sein kann, dass in einem solchen Fall eine Verlinkung der Marke ohne Kennzeichnung möglich ist. Allerdings sieht das Landgericht die Grenze dort überschritten, wo wie im konkreten Fall Frau Vreni Frost mehr als 50.000 Follower hat und sie eben konkret auf die Webseiten beziehungsweise auf die Shops der jeweiligen Marken verlinkt.
Das heißt: In dieser Konstellation muss ich auch kennzeichnen. Anders könnte die Sache wiederum aussehen, wenn ich deutlich weniger Follower habe und vielleicht nicht auf den Shop verlinke, sondern auf eine allgemeine Seite des Unternehmens.
Umgekehrt ausgedrückt, wenn ich ein privates Instagram-Profil mit wenigen Followern habe, ist eine Verlinkung unkritisch.
Falsche Verbindungen zwischen Influencer und Unternehmen
Bisher auch noch nicht geklärt ist die Frage, wie denn die betroffenen Unternehmen dazu stehen, dass gegebenenfalls nunmehr Beiträge als Werbung getaggt werden, aber das Unternehmen diese Werbung gar nicht in Auftrag gegeben hat.
Es könnte der Eindruck entstehen, dass der jeweilige Instagrammer mit dem Unternehmen, für das er Werbung macht, in Verbindung steht. Hier könnte sogar noch weiteres Ungemach drohen, dass diese Firmen wiederum sagen, dass sie dies nicht möchten, damit nicht der falsche Eindruck entsteht, dass hier in irgendeiner Form eine vertragliche Verbindung zwischen dem Instagrammer und dem Unternehmen besteht. Die Thematik bleibt also spannend.
Abschließend ist noch einmal wichtig, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung zu einem konkreten Sachverhalt gehandelt hat. Diese kann man nicht pauschal auf alle anderen Sachverhalte übertragen.
Vielen Dank für das Gespräch und deine Einordnungen, Boris!
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