In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: Brytes.
Start-ups. Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.
Dabei gibt es sie durchaus: Die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Brytes aus Dortmund.
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Wer steckt hinter Brytes?
Brytes kommt aus Dortmund und wurde 2017 von fünf Co-Foundern ins Leben gerufen: Lukas Fahr, Deni Vidovic, Andreas Christiani, Hendryk Hosemann und Tim Hausweiler.
Auf der Website geben die Gründer eine ganze Reihe an „akademischen Schwerpunkten“ an: Data Science, Analytics, Behavioral Science, Cloud Services, Real-time Predictions, Personalization, Big Data, 1:1 Personalization, Conversion Rate Optimization, Behavioral Economics – und Erfahrungen im E-Commerce habe man auch.
Das klingt etwas nach Buzzword-Bingo, macht aber Sinn, wenn man die Vision des Start-ups bedenkt. Brytes will die Personalisierung im E-Commerce auf ein neues Level heben. Dafür entwickelt das Start-up eine Personalisierungslösung, die anhand des Nutzerverhaltens auf den emotionalen Zustand des Users schließen soll. Das Start-up nennt das digitale Empathie.
Die Lösung ist noch nicht marktreif, allerdings ist sie schon bei Pilotkunden im Einsatz. Vor wenigen Monaten erst wurde die Seed-Runde erfolgreich abgeschlossen und das Team vergrößert. Mit an Bord ist nun auch der erfahrene Digital-Investor Oliver Weimann.
Am fehlendem Unternehmer-Know-how dürfte Brytes nicht scheitern: Auch Co-Founder Christiani bringt viel Erfahrung als Unternehmer mit. Und die Mitgründer Vidovic und Fahr haben außerdem schon berufliche Stationen in Unternehmensberatungen im Lebenslauf.
Die Expertise wird abgerundet durch 71circles, einem Think Tank beziehungsweise Company Builder aus München.
Bei der dmexco konnte Brytes gerade schon ein Ausrufezeichen in der Digital-Branche setzen: Im Startup Village hat Co-Founder Hosemann beim Medien.NRW-Pitch Brytes präsentiert und dabei den ersten Platz belegt.
Was macht Brytes?
Das Start-up entwickelt ein Personalisierungs-Tool, das in Echtzeit erkennt, wie die Gefühlslage des Nutzers auf der Shop-Seite ist und darauf abgestimmt die Inhalte ausspielt.
Ein Beispiel: Ein User kommt zum ersten Mal in einen Online-Shop. Er kennt sich im Shop und in der Produktkategorie nicht gut aus. Seine Gefühlslage: Er ist unsicher. Shops, die jetzt zu viele Informationen ausspielen, könnten ihn überwältigen. Im schlimmsten Fall so sehr, dass er den Besuch abbricht.
Hier setzt Brytes an. Das Tool analysiert, wie der Shop-Besucher den Mauszeiger bewegt, wie lange er sich Infoboxen ansieht, wie viele Prozent er in Bilder reinzoomt. Daraus erstellt Brytes ein psychografisches Profil.
In dem Fall des unsicheren Users würde der Shop also grundlegendere und abgespeckte Informationen ausspielen.
Ein weiteres Beispiel: Ein User hat ein knappes Budget und schaut dementsprechend auf den Preis. Hier soll Brytes auch erkennen, was den User antreibt und ihm zum Beispiel gezielt spezielle Rabatte anbieten.
Geld verdienen will Brytes mit einem erfolgsbasierten Modell. Dem regionalen Start-up-Blog Ruhrgründer sagte Founder Hosemann: „Der Kunde zahlt nur eine Provision für den nachgewiesenen Uplift, also die Steigerung des Umsatzes durch unsere Technologie.“
Was macht Brytes so besonders?
Personalisierung ist schon lange einer der heißesten Trends im E-Commerce. Neue Lösungen dafür schießen gefühlt aus dem Boden und die Leistungsfähigkeit der bereits bestehenden nimmt auch zu, weil die Entwicklungsarbeit in diesem Bereich nie ruht. Jedoch: Wirkliche Meilensteine kommen einem nicht so oft unter.
Das heißt nicht, dass die vorhandenen Lösungen sich nicht weiterentwickeln. Sie sind nur von außen schwer auseinanderzuhalten. Was wirklich dahinter steckt und was Lösung A anders macht als Lösung B, ist meist nur schwer erkennbar.
Das macht Brytes zumindest Stand jetzt anders. Der Ansatz der psychografischen Analyse, klingt nach etwas Neuem. Und wie das im Moment, zwar noch recht kurz, erklärt wird, stärkt diesen Eindruck eines neuen Denkansatzes zusätzlich.
Vor allem die verwendeten Daten sind neu: Dass die Lösung anhand der Mauszeigerbewegungen abliest, wie es dem User geht, ist wesentlich dynamischer als statische Daten wie das Kaufverhalten oder der Kanal, über den der Nutzer kam.
Gibt es Kritikpunkte?
Ja, gibt es, obwohl auch hier zu unterstreichen ist: Brytes hat ja gerade erst mit der Arbeit angefangen. Alle Kritik ist also eigentlich verfrüht und eher eine Projektion möglicher Probleme.
Aber: Auch heute schon ziehen verschiedene etablierte Commerce- und CMS-Lösungen wie Episerver, Adobe oder Evergage das Nutzerverhalten zur Echtzeitpersonalisierung heran. Das heißt dann oft Behavioral Data.
Meistens steckt dahinter, dass untersucht wird, welche Artikel geklickt wurden und so weiter, aber der Ansatz ist im Grunde der gleiche wie bei Brytes.
Brytes zieht zwar durchaus andere Daten heran, ob das der Echtzeitpersonalisierung wirklich etwas Neues bringt, ist aber noch nicht klar.
Was lässt sich also wirklich ableiten, wenn man nicht nur weiß, dass ein User auf ein Artikelbild geklickt hat, sondern auch, dass er um 50 Prozent ins Bild gezoomt hat? Und was ist, wenn er nur 25 Prozent gezoomt hat?
Und wie genau kann von der Mauszeigergeschwindigkeit wirklich auf die Stimmung geschlossen werden? Was ist, wenn ich einfach meine Maus langsamer einstelle?
Und vor allem: Wie fällt der Vorteil im Vergleich zu den etablierten Lösungen aus? Wie viel besser ist also diese Art der Personalisierung?
Die entsprechenden Erklärungsbereiche auf der Website sind noch in Arbeit. Sobald die stehen, wird das vielleicht klarer. Bis dahin besteht aber auch wieder die Gefahr, dass der Ansatz im schon angesprochenen Buzzword-Bingo untergeht.
Und dann bleibt die Frage für den Kunden: Wieso sollte ich zu einer Personalisierungslösung wechseln, deren Mehrwerte auch nur eine Spielerei sein könnten?
Hier müssen noch überzeugendere Argumente her. Wie gesagt, steht Brytes aber noch am Anfang, hat also durchaus noch Zeit, diese zu liefern.
Fazit
Es ist etwas her, dass man beim Thema Personalisierung, einen ganz neuen Ansatz präsentiert bekam. Von daher ist Brytes wirklich ein spannendes Start-up, das außerdem unternehmerisch gut aufgestellt ist.
Allerdings müssen den gut klingenden Buzzwords auch harte Fakten folgen. Dann könnte Brytes der Personalisierung im E-Commerce wirklich einen neuen Impuls geben. Daumen drücken ist angesagt.