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Abhängig vom Algorithmus: YouTube-Stars leiden unter Stress und Depression

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Immer mehr YouTube-Incluencer und -Produzenten sehen sich Druck und Stress hilflos ausgeliefert. (Foto: pexels.com / Inzmam Khan)
geschrieben von Philip Bolognesi

YouTube-Star zu werden, klingt für viele Kids und Jugendliche nach dem absoluten Traumjob. Sich vor der Kamera präsentieren, Usern Wissen vermitteln, sie unterhalten und Geld verdienen – das können sich viele vorstellen. Für einige Clip-Kreateure stellt sich das jedoch mittlerweile als fatal heraus. Sie werden depressiv.

Einfach sein Hobby zum Beruf machen, Video-Inhalte erstellen und mit Fans und Followern interagieren. Geht der Content dann auch noch viral und begeistert eine große Community, steht einer YouTube-Karriere eigentlich nichts mehr im Weg. Dachten so einige.

Doch immer mehr YouTuber äußern sich zu dem immensen Druck, den sie verspüren – und der schlussendlich über die eigene Belastungsgrenze hinausgeht.

Laut einem Bericht des Guardian mehren sich bei den Schöpfern von Tutorials und eigenen YouTube-Shows die Stimmen, dass der YouTube-Algorithmus über die Online-Existenz entscheide – und folglich zu psychischen Krankheitssymptomen führe.

Zwang nach Relevanz und Kontinuität setzt YouTube-Stars unter Druck

Eigentlich sollten die Mechanismen für alle Kreativen des Bewegtbilds klar sein: Reichweite und Ertrag gibt es bei YouTube nicht umsonst.

Die allgemeine Vermutung der Szene: Der Algorithmus favorisiert Videos von einer Dauer von mindestens zehn Minuten und Accounts mit mehr als 10.000 Abonnenten – und wenn jene noch täglich neues Material liefern, umso besser.

In jüngster Vergangenheit hat YouTube den Algorithmus jedoch immer wieder verändert. Ebenso zog die Video-Tochter von Google die Zügel bei der Monetarisierung spürbar an.

Und um in den verlockenden Premium-Dienst „YouTube Red“ zu gelangen, müssen Influencer schier ständig produzieren. Das schaffen nur die wenigsten – und wenn doch, nur für eine überschaubare Zeit.

Pausenlose Interaktion überfordert YouTuber bis zur Erschöpfung

Doch neben dem Druck nach regelmäßigem Content zermürbt die Influencer auch, permanent mit tausenden Abonnenten zu kommunizieren.

Human brains really aren’t designed to be interacting with hundreds of people every day. (YouTuber Matt Lees gegenüber dem Guardian)

Sympathisch und mit dem entsprechenden Fingerspitzengefühl mit der Fanbase zu kommunizieren und sie zu unterhalten, ist nach Meinung von Matt Lee auf Dauer nicht möglich.

Im Jahr 2013 landete Lee einen viralen Hit, als er die Ankündigung von Sony zu seiner Playstation-4-Konsole mit einem frechen und herben Kommentar untermalte. Später forderte das immer weiter anwachsende Arbeitspensum seinen Tribut und Lee litt unter einer anhaltenden Depression.

Auch der deutsche YouTuber „Nebel Niek“ erkrankte unter dem immensen Stress und begründete seine zweijährige Pause in einem eindrucksvollen Video.

Ausweg aus der YouTube-Spirale? Pausen – und zur Besinnung kommen

Psychologen der US-Organisation National Alliance on Mental Illness bestätigen diese Entwicklung. Häufig leiden Personen, die vermehrt im Rampenlicht stehen und sich wachsendem Konkurrenzdruck ausgesetzt fühlen, unter Burnout-Symptomen.

Eine Lösung könnte dabei sein, sein Arbeitsleben zu strukturieren und sich an detaillierte Stundenpläne zu halten. Nur so gelinge es, Business und Privatleben zu trennen und Erholungspausen einzulegen.

Doch Pausen gehen – wie erwähnt – zu lasten von Reichweite und Frequenz. Und die entscheiden letztendlich über die Social-Media-Karriere.

Die Frage muss an dieser Stelle erlaubt sein, ob dies nicht ein First-World-Problem darstellt. Denn einige Stars der Szene – vor allem junge Gaming-Streamer – verdienen wöchentlich bis zu einer halben Million US-Dollar. Eigentlich genug, um zwischenzeitlich den Stecker zu ziehen.

Anscheinend schützt finanzielle Unabhängigkeit jedoch nicht vor Depressionen und Verlustängsten. Und für alle, die gerade erst mit einer YouTube-Karriere starten wollen, sollte dies Warnung genug sein.

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Über den Autor

Philip Bolognesi

Philip Bolognesi war von 2018 bis 2020 in der Redaktion von BASIC thinking tätig. Er hat Kommunikationswissenschaften studiert und ist zertifizierter Social-Media-Manager. Zuvor hat er als freiberuflicher Online-Redakteur für CrispyContent (Serviceplan Berlin) gearbeitet und mittelständische Unternehmen in ihrer Online-Kommunikation beraten. Ihn trifft man häufig im Coworking-Space Hafven in Hannover.