Das Spannungsfeld zwischen PR und Journalismus ist kein leichtes. Wir haben bereits bei Journalisten nachgefragt, was sie sich von PRlern wünschen würden. Nun drehen wir den Spieß um und haben bei sieben Kommunikations-Experten nachgefragt.
PR-Leute und Journalisten haben oftmals eine eher wenig romantische Beziehung. Einerseits brauchen sie einander, denn Redakteure profitieren von gut aufbereiteten Geschichten und Kommunikatoren brauchen dafür Abnehmer.
Andererseits ist der Austausch auch oft mit Ziehen und Zerren verbunden. Gerade weil Redaktionen unter immer größerem Zeitdruck stehen und sich gefühlt das Zahlenverhältnis von Journalisten zu PRler doch arg zu ungunsten letzterer gewandelt hat, ist das Verhältnis noch angespannter.
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Journalisten fühlen sich oft genervt von den vielen PR-Anfragen und die Kommunikatoren haben das Gefühl, nicht mehr „durch zu kommen“. Das heißt: Selbst mit guten Themen und Geschichten kaum auf offene Ohren zu stoßen.
Der Artikel über „Schlechte Pressearbeit“, in dem ich diverse Journalisten zu Wort kommen ließ und sie fragte, wie ihrer Meinung nach die PR-Arbeit besser und vor allem effektiver gestaltet werden könne, stieß auf große Resonanz.
Doch wie überall im Leben, in den Medien, in gesellschaftlichen Diskussionen reicht es nicht, nur eine Seite zu hören. Daher sei der Dialog hiermit eröffnet: Ich habe eine Reihe von routinierten PRlern gefragt, wie sie die Zusammenarbeit mit Presseleuten einschätzen und was sie für Verbesserungswünsche haben. Das sind ihre Antworten.
Kai Oppel, Inhaber und Geschäftsführer, Scrivo Public Relations
Ich selbst war lange Zeit Journalist und weiß, wie sich die andere Seite des Schreibtischs anfühlt. Die Aufträge kommen kurzfristig, die Abgabefristen sind eng, die Bezahlung oft genug miserabel. Früher haben Journalisten PRler oft als die dunkle Seite der Macht angesehen.
Zum Glück stelle ich heute fest: Der Umgang unter Kommunikationsexperten hat sich sehr verbessert beziehungsweise professionalisiert. Beiden Seiten ist im Idealfall klar, dass es bei PR um die Vermittlung interessensgesteuerter Kommunikation geht.
Natürlich wäre es schön für uns, wenn eine Anfrage einmal auch 48 Stunden Zeit hat. Natürlich freue ich mich, wenn wir für den Kunden ein Zitat zum Gegencheck bekommen. Aber: Wenn’s nicht klappt, dann muss es eben schnell gehen.
Und es darf von professionellen PR-Experten erwartet werden, dass sie gegebenenfalls auch im Telefonat zitierfähig liefern.
Was ich mir jedoch wirklich wünsche von einigen Journalisten: Seid offener beim Recherchieren. Entwerft nicht ein Thema beziehungsweise Storys, für die ihr dann bei Google solange nach Experten oder Beweisen sucht, bis die Geschichte stimmt.
Ich finde diese Art des Tendenzjournalismus für alle Seiten nicht gut und verzerrend. Die Geschichte wird nicht schlechter, wenn sie im Sinne neuer oder zuvor nicht bedachter Aspekte nicht rund ist, sondern anders als erwartet. Als Mitgründer der Plattform Recherchescout glaube ich fest daran, dass Matching dabei helfen kann.
Zudem würde ich mir wünschen, dass ihr bei aller Zeitknappheit auch einmal den Hörer in die Hand nehmt oder Rückfragen auf eine Pressemeldung habt. Nur, wenn ihr, liebe Journalisten, weiter einen guten Job macht und mehr liefert als das, was im Netz oder in Pressemeldungen zu finden ist, bleibt euer Produkt so gut, dass es für die PR glaubwürdig und gut ist.
Dass ein sorgfältig recherchiertes und individuell journalistisches Produkt mit den Stilformen wie Interview, Feature oder Reportage für den Rezipienten obendrein die bessere Wahl ist – geschenkt!
Tilo Bonow, Gründer und CEO, Piabo
Kommt es zu einer Zusammenarbeit, dann sollten getroffene Vereinbarungen auch soweit als möglich eingehalten werden. Verschiebt man zum Beispiel zum sechsten Mal einen Interview-Termin, ist das für alle Involvierten unangenehm.
Wir würden uns auch freuen, mehr Offenheit für kreative Wege des Storytellings zu sehen. Trotz vieler gelungener Beispiele ist es nach wie vor schwer, solche Projekte anzustoßen, die neue Wege gehen und sicher auch für die Leser und Zuschauer eine interessante Bereicherung darstellen.
Dies ist oft den leider kleiner werdenden Redaktionen und Budgets geschuldet. Wir sehen hier aber gerade bei Online-Redaktionen einen positiven Trend.
Andrea Buzzi, CEO, Frau Wenk GmbH und Chefredakteurin des Magazins Clutch
Feedback – auch wenn es nur ganz kurz ist!
Als Agentur musst du versuchen, nicht nur im Interesse deines Kunden zu agieren. Zu schnell vermiest man sich seinen hart erkämpften Ruf in der Medienbranche. Die Zeiten, in denen man seine mehr oder weniger interessanten News an einen breiten Verteiler streut, sind definitiv vorbei.
Bei allem, was wir tun, müssen wir zeigen, dass wir die Themen nicht nur verstehen, sondern auch Vordenker sind und mit absoluter Leidenschaft vorgehen. Das funktioniert ziemlich gut, weil wir uns auf digitale Themen spezialisiert haben.
Die Journalisten, die uns kennen, reagieren meistens auf Themenvorschläge, weil sie wissen, dass wir versuchen, relevante Inhalte zu liefern. Dennoch wünschen wir uns, dass wir auf unsere Vorschläge noch mehr Feedback bekommen.
Viele Journalisten melden sich kurz und sagen: Nein, das Thema passt nicht. Oder: Ja, aber nicht jetzt. Von einigen hört man allerdings nie etwas. Das ist schade, denn Feedback hilft, sich immer weiter zu entwickeln. Und das ist schließlich auch im Interesse des Journalisten.
Als Chefredakteurin eines eigenen Magazins für digitale Gesellschaftsthemen allerdings kenne ich die Situation der Journalisten nur zu gut. Es kommt, ganz offen gesagt, immer noch so unheimlich viel Schrott von PR-Agenturen oder Pressestellen.
Mit der Gießkanne und ohne Verstand. Und dann wird nachtelefoniert, ob die Presseinformation angekommen sei und ob wir diese abdrucken würden. Nur zu verständlich, wenn der Journalist in so einem Fall bestenfalls gar nicht reagiert.
Juliane Broß, Inhaberin der Agentur Stilgeflüster
Wir PR-Leute brauchen die Journalisten als Sprachrohr oder Multiplikator. Die Journalisten hingegen benötigen uns als Themen- oder Informationsgeber. Ich habe uns schon immer als ein Team verstanden, dass beidseits voneinander abhängig ist.
Und mit der Herangehensweise ist meines Erachtens der Grundstein für eine unkomplizierte und gute Zusammenarbeit auch schon gelegt. Ich habe in all den Jahren glücklicherweise wenig negative Erfahrungen sammeln dürfen.
Nicht zuletzt, weil die Arbeit eines guten PR-Beraters der des Journalisten sehr ähnelt: Wir recherchieren, wir erklären und wir entwickeln spannende Themen, die auf das jeweilige Medium und Ressort zugeschnitten sind.
Sicherlich gab es auch die eine oder andere weniger erfreuliche Begegnung mit Redakteuren, die einem häufig nicht auf gleicher Augenhöhe begegnen und sich für relevanter und wichtiger halten – meist habe ich mich über einen ungerechtfertigt unfreundlichen Ton oder komplette Ignoranz geärgert.
Daher mein Wunsch: Ich finde einen respektvollen Umgang und das auf einer Ebene miteinander sprechen enorm wichtig. Wenn alle am gleichen Strang ziehen, können auch alle gleichermaßen profitieren.
Marie-Christine Schindler, Geschäftsführerin, Mcschindler.com GmbH und Autorin des Buches „PR im Social Web“
Mangelnde Recherche: Viele Journalisten rufen an oder schreiben, noch bevor sie sich wirklich im Klaren sind, was sie genau wissen wollen. Nicht selten haben sie noch gar nicht recherchiert und stellen Fragen, zu denen sie die Antworten bereits auf der Website im Medienbereich finden würden.
Ob das nun aus Zeitmangel oder fehlender Fachkenntnis geschieht: Bei mir bleibt oft das Gefühl hängen, dass ich zusätzlich auch die Aufgabe der Journalisten machen muss. Natürlich ist das bei Volontären kein Problem, da drücke ich gerne ein Auge zu.
Keine Fristen: Ich kläre praktisch jede Medienanfrage sofort intern mit der passenden Führungsperson ab. Ich wundere mich immer wieder, dass die Mehrheit der Anfragenden keinen Termin nennt, bis wann sie gerne eine Antwort hätten. Natürlich gilt für mich die Maxime, so schnell wie möglich zu reagieren.
Oft stellt sich dann auf Nachfrage heraus, dass die Anfragen dann doch nicht so dringlich sind. Darum mein Wunsch: Schreibt doch bitte gleich in die Mail, bis wann eine Antwort erbeten ist.
Meinungen zementieren: Ich bin gerne im Gespräch mit Journalisten, die für ihren Artikel Informationen und Einschätzungen von Unternehmensseite benötigen. Wenn ich aber merke, dass sie gar nicht wirklich an einer Antwort interessiert sind, sondern nur auf allfällige Signale warten, die ihre vorgefassten Thesen und Meinungen untermauern, finde ich das sehr problematisch.
Ein Gespräch bringt die Perspektive des Unternehmens ein und diese kann einen Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen. Das hat übrigens nichts mit Manipulation, sondern mit der Klärung von Positionen zu tun. Wenn dies dann einfach als PR abgetan wird, greift das für mich zu kurz.
Wie auch übrigens ein Unverständnis, wenn ein Unternehmen aus wettbewerbstechnischen Gründen mit der Kommunikation von Zahlen zurückhaltend ist. Da wünsche ich mir, dass Medienschaffende über die Interessen ihrer Publikation hinausschauen und sich bewusst sind, wie aggressiv heute Märkte spielen.
Verena Bender, Leiterin TV und Radio-PR bei Kick Media und Bloggerin unter Prleben.de
Da ich ja selber Journalistin bin und redaktionell gearbeitet habe, bin ich oft diejenige, die sehr viel Verständnis für Journalisten hat und ziemlich gut nachvollziehen kann, dass viele Redakteure von (inkompetenten) PR-Menschen genervt sind.
Einzig diese drei Punkte fallen mir ein:
1. Wenn Journalisten schon von sich aus ein Interview mit einem Protagonisten anfragen, sollten sie im Interview auch wirklich vorbereitet sein. Redakteure, die nicht mal den Namen des Gegenübers richtig aussprechen können, finde ich recht inkompetent.
2. Ein weiteres Thema sind die Interview-Freigaben. Ich weiß, dass Journalisten nicht verpflichtet sind, sich Zitate freigeben zu lassen. Aber wenn im Vorfeld eine Autorisierung vereinbart wurde, sollten sich auch alle Seiten daran halten.
3. Schön ist es für PR-Menschen, ein kurzes Feedback zu bekommen, auch wenn ein Thema nicht passt. Doch hier muss man differenzieren. Wenn ich der Wirtschaftswoche ein Kuchenrezept zum Abdruck anbiete, ist es logisch, dass ich kein Feedback bekomme. Biete ich ganz gezielt einem Redakteur von RTL Exclusiv einen Dreh mit bekanntem Golden-Globes-Gewinner an, fände ich es schon nett, eine kurze Rückmeldung zu erhalten, auch wenn es nicht passt.
Julia Kopper, Gründerin und Geschäftsführerin von Muxmäuschenwild
Gute PR-Arbeit bedeutet, relevante Themen gezielt und passgenau aufbereitet anzubieten. Im Ergebnis entsteht so eine Win-Win-Situation. Dafür ist ein konstanter, am besten wechselseitiger Austausch unerlässlich.
Bedeutet: Je besser wir die Bedürfnisse der unterschiedlichen Verlagshäuser, Medien und Redakteure kennen, je transparenter Zuständigkeiten und Ansprechpartner kommuniziert werden und je einfacher beispielsweise auch der Zugriff auf redaktionelle Themenpläne möglich ist, desto besser können wir unsere Themen und Inhalte timen und aufbereiten.
Schließlich wird ein großer Teil der täglichen Arbeit dafür aufgewendet, genau diese Parameter durch fortlaufende Recherche aktuell zu halten. Das gilt auch nach einer Einbindung, über die wir in der Regel eher selten aktiv informiert werden.
Christian Faltin, Geschäftsführer Cocodibu
Journalisten-Bashing von PR-Seite finde ich genauso wenig hilfreich wie unreflektiertes Lästern über PR-Leute. Gute und schlechte Vertreter der Zunft gibt es auf beiden Seiten des Schreibtisches. Natürlich macht es die Zeitknappheit und der wirtschaftliche Druck in vielen Redaktionen für PRler nicht gerade einfacher. Dass damit auch die Fehlerrate in der Berichterstattung steigt, ist ärgerlich, aber fast schon nachvollziehbar.
Als Konsequenz aus dieser Entwicklung hat für mich der direkte, persönliche Kontakt zu den Journalisten noch viel mehr an Wert gewonnen. Nicht nur, weil Vertrauen in unserem Geschäft ein ganz wichtigster Baustein ist.
Im persönlichen Dialog lassen sich auch gemeinsam Geschichten deutlich weiterentwickeln – zum Vorteil beider Seiten. Wer das Glück hat, wie wir, immer wieder weitgehend mit denselben Redakteuren zu sprechen, tut sich deutlich leichter und kann auf nervtötende und zeitstehlende Kontaktversuche verzichten.
Und es hilft natürlich, wenn PRler selbst früher einmal Journalisten gewesen sind. Insofern hat der Kahlschlag oder die Perspektivlosigkeit in einigen Redaktionen auch dazu geführt, dass sich auf der anderen Seite des Schreibtisches die PR-Branche professionalisiert hat. Zugegeben, nicht immer, aber immer öfter.
Aber: Wer Respekt von Seiten der Journalisten erwartet, muss auch selbst liefern – auch angesichts der Einschränkungen, die wir als PRler haben. Ich persönlich habe den Eindruck: Wenn die Erwartungshaltung – auf beiden Seiten – realistisch formuliert ist, können PR und Journalismus prima miteinander klarkommen.