Seit 1. Mai gibt es mit der Oculus Go eine neue, preiswerte VR-Brille auf dem Markt. Ich habe mir das Gerät der Facebook-Tochter Oculus bestellt und im Detail unter die Lupe genommen. Mein Testbericht.
Meine erste Erfahrung mit Virtual Reality entstammt dem Jahr 2016, als ich mir das Gear VR Headset vom Samsung bestellte, in das ich mein Samsung Galaxy S7 einstecken konnte.
Auch wenn sich mit dem Setup ein guter erster Eindruck der virtuellen Realität gewinnen ließ, verstaubte das Gerät nach kurzer Zeit hauptsächlich in der Ecke und kam nur ab und an erneut zum Einsatz, um einem Besucher seine erste Virtual-Reality-Erfahrung zu bescheren.
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Danach war das Thema für mich selbst erst mal relativ uninteressant, zumal es nur wenige Inhalte gab und mich bei einigen Apps auch leichtere Anzeichen von Motion-Sickness plagten. Irgendwie war die Luft relativ schnell raus.
Während meines letzten Urlaubs in den USA besuchte ich dann das National Air and Space Museum in Washington, D.C. Dort gab es einen Virtual-Reality-Simulator, der mein Interesse für die Technologie wieder weckte.
Der virtuelle Besuch einer Weltraum-Station war so beeindruckend, dass sich wieder der Wunsch manifestierte, auch zuhause VR-ready zu sein.
Was mich dann bei der Ankündigung der Oculus Go faszinierte, war die Aussieht auf ein Stand-Alone-System zu einem vernünftigen Preis. Das nervige Einsetzen meines Smartphones entfiel vollständig. Es musste auch nicht ständig ein PC oder ähnliches angeschlossen sein.
Da ich die Technologie an sich ja sehr spannend finde, habe ich die Oculus Go kurzerhand am Tag nach der Vorstellung bestellt. Die Lieferung erfolgte dann auch nur wenige Tage später.
Der Markt
Die Virtual-Reality-Technologie entwickelt sich sukzessive weiter. Die Preise gehen langsam nach unten. Den ganz großen Durchbruch hat die virtuelle Realität allerdings bisher noch nicht geschafft. Nach anfänglicher Euphorie befindet sich das Medium aktuell in einer Phase der Selbstfindung.
Seit dem Kauf von Oculus durch Facebook gab es keine wirklich gigantische Übernahme im VR-Bereich. Viele Spielehersteller haben sich bereits wieder aus der Entwicklung von 360-Grad-Titeln zurückgezogen, da sie nicht genügend Stückzahlen verkaufen können.
Es gibt eigentlich keinen Zweifel: Technikverliebte Experten haben die Geschwindigkeit, mit der Virtual Reality zum Massenprodukt avanciert, deutlich überschätzt. Verglichen mit der Zahl jährlich verkaufter Smartphones sieht die Zahl der an den Mann und die Frau gebrachten VR-Headsets geradezu mickrig aus.
Trotzdem buhlen bereits zahlreiche Headset-Anbieter um die Gunst der Kunden. Den günstigsten Einstieg bietet beispielsweise das Google Cardboard. Währenddessen bildet die HTC Vive Pro das oberste Premium-Segment.
Eigentümern einer Playstation 4 steht die Playstation VR zur Auswahl. Außerdem gibt es neben dem Google Cardboard auch einige etwas komfortablere Headsets mit Smartphone-Einschub, wie die Samsung Gear VR oder Google Daydream.
Die Oculus Go selbst hat einen großen Bruder namens Oculus Rift. Die Auswahl ist genauso reichhaltig wie verwirrend.
Inhalt und Installation
Nach dem Öffnen des Kartons präsentiert sich dessen Inhalt: Neben dem VR-Headset legt Facebook einen Controller inklusive Batterie, eine Tragekordel für den Controller, ein Aufladekabel (ohne Steckdosenteil), einen Aufsatz für Brillenträger, ein Reinigungstuch und eine Bedienungsanleitung bei.
Der Begriff Stand-Alone-Gerät ist eigentlich etwas irreführend, denn für den Betrieb wird zu Beginn trotzdem ein Smartphone benötigt. Darauf wird die Oculus App aus dem Google Play Store oder Apple App Store* heruntergeladen.
Nach einer Anmeldung bei Oculus wird über die App die Wifi-Verbindung der Oculus Go und eine Bluetooth-Verbindung zwischen Headset und Controller hergestellt.
Nachdem die Einrichtung abgeschlossen ist, wird das Smartphone grundsätzlich nicht mehr benötigt. Es ist aber dennoch möglich, auch weiterhin über die App auf den Oculus App Store zuzugreifen und neue Apps auf die VR-Brille herunterzuladen.
Das mag für manchen komfortabler sein als innerhalb der immersiven VR-Umgebung. Die Installation geht kinderleicht von der Hand. Ich hätte es aber dennoch besser gefunden, wenn der Installationsprozess auch ohne Smartphone möglich gewesen wäre. Aber kommen wird nun zur Hardware selbst.
Hardware
Die Oculus Go verfügt über eine Bildschirmauflösung von 2.560 x 1.440 Pixeln, die sich in der Horizontalen jeweils zu 50 Prozent auf jedes Auge aufteilen (1.280 x 1.440 Pixel).
Damit ist die Auflösung sogar höher als bei der Oculus Rift. Diese bietet aber dank OLED-Display bessere Farben als das LCD-Display der Oculus Go. Das Bild ist trotz der höheren Auslösung ebenfalls schlechter als beim teuren Bruder. In einigen Apps konnte ich sichtbare Treppeneffekte wahrnehmen.
Insgesamt ist das Bild aber ordentlich. Die Bildwiederholfrequenz liegt je nach App bei 60 oder 72 Hertz.
Als Prozessor kommt ein Snapdragon 821 Prozessor aus dem Jahr 2016 zum Einsatz. Dazu gibt es zwei verschiedene (nicht per SD-Karte erweiterbare) Speichergrößen zur Auswahl: 32 und 64 Gigabyte.
Das sind alles keine herausragenden Komponenten. Allerdings wurden sie speziell für den Virtual-Reality-Einsatz optimiert. Die Linsen der Brille wirken auf jeden Fall hochwertiger als ihr Samsung-Gear-VR-Pendant.
Das Headset selbst bietet auf der Oberseite zwei Tasten: eine zum Ein- und Ausschalten und einen Wippschalter zur Regulierung der Lautstärke. Alternativ kann auch ein Kopfhörer an den 3,5 Millimeter-Eingang auf der linken Seite angeschlossen werden. Weitere Eingänge oder Schalter gibt es nicht.
Die eingebauten Lautsprecher gehen in Ordnung, sind aber auch nichts besonders. Wer die vollständige Immersion sucht, wird wahrscheinlich mit Kopfhörern glücklicher.
Akkulaufzeit
Der Akku der Oculus Go soll laut Hersteller rund drei Stunden halten, bevor das Gerät wieder an die Steckdose muss. (Sie kann während des Aufladens weiterhin benutzt werden. Allerdings wird davon in der Bedienungsanleitung abgeraten).
Der Aufladevorgang dauert einige Stunden, so dass eine Virtual-Reality-Session schon mal unsanft durch einen leeren Akku unterbrochen werden kann.
Eine Laufzeit von drei Stunden habe ich selbst noch nicht erreicht. In der Regel ist nach 2,5 Stunden Schluss. Für mich persönlich ist das kein großes Problem, da ich selbst spätestens nach 30 Minuten eine Pause benötige.
Der Controller
Die Oculus Go wird mit einem einzelnen Hand-Controller ausgeliefert, der neben einem Touchpad über drei weitere physische Tasten verfügt: Eine Art Pistolen-Taste an der Front sowie einer Home- und Oculus-Taste auf der Oberseite. Die mitgelieferte Targekordel kann an der Unterseite des Controllers angebracht werden.
Die Ergonomie des Controllers ist gut gelungen. Das Gerät kann auch über längere Zeit sehr gut in der Hand gehalten werden. Betrieben wird der Controller mit einer AA-Batterie, die im Lieferumfang enthalten ist.
Technisch bietet der Controller 3DOF (Three Degrees of Freedom). Das heißt: Er kann die Bewegungen und Richtungen des Nutzers erkennen. Er ist allerdings nicht in der Lage nachzuvollziehen, ob sich der Nutzer nach vorne, hinten, oben, unten oder seitwärts bewegt.
Diese Funktionen bleibt Geräten mit 6DOF vorbehalten, zu denen unter anderem die HTC Vive, Playstation VR oder Oculus Rift gehören.
Wer also den kompletten Virtual-Reality-Genuss sucht, bei dem Bewegungen durch den ganzen Raum möglich sind, muss zu einem der teureren Geräte greifen. Seine sonstigen Aufgaben erfüllt der Controller aber problemlos und präzise.
Tragekomfort
Mit ihrem Gewicht von knapp 450 Gramm, dem Schaumstoffrand und den Schnallen an den Seiten und oben sitzt die Oculus Go zumindest auf meinem Kopf sehr angenehm. Auch über einen längeren Zeitraum ist sie relativ angenehm.
Ich habe aber auch schon erlebt, dass andere Leute größere Schwierigkeiten hatten, die Schnallen so auszurichten, dass das Headset sich perfekt an ihren Kopf anschmiegt. Hier muss jeder für sich die beste Einstellung herausfinden.
Insgesamt hat Oculus einen guten Job gemacht, den Tragekomfort für eine VR-Brille in dieser Preisklasse zu optimieren. Ich selbst finde sie besser als beispielsweise die Google Daydream.
Software
Der Oculus Store bietet aktuell rund 1.000 Apps in Form von Filmen, Spielen, Bildern und anderen Anwendungen. Darunter befinden sich beispielsweise auch soziale Netzwerke. Die Auswahl ist damit reichhaltiger als zum Beispiel bei Google Daydream.
Die Spielequalität reicht von schlecht bis sehr ordentlich. Einige meiner bisherigen Highlights sind Catan VR, Dead Buried, Lands End oder Jurassic Park: Apatosaurus. Es bleibt aber noch zu erwähnen, dass die meisten Spiele leider nicht kostenlos sind.
Sehr angetan war ich ansonsten von Netflix, wo man sich in einem virtuellen Wohnzimmer sitzend das angebotene Programm auf einem großen Fernseher ansehen kann.
Auch Next VR ist sehr beeindruckend. Hier können speziell hergestellte Sport-Videos aus der NBA, NFL, von Real Madrid oder World Wrestling Entertainment betrachtet werden. So findet man sich wahlweise direkt am Korb, Ringpfosten oder am Torpfosten wieder.
Das ist schon sehr stark und zeigt auf eindrucksvolle Art und Weise, was Virtual Reality sein kann. Mich persönlich reizen außerdem die angebotenen Reise-Videos. Gerade abends unternehme ich gerne mal einen virtuellen Trip nach Las Vegas oder den Grand Canyon.
Preis und Verfügbarkeit
Die Oculus Go kann seit dem 1. Mai 2018 auf der Website von Oculus bestellt werden. Es gibt zwei Varianten, die sich durch ihre Speicherkapazität unterscheiden. Die günstigere Version kostet 219 Euro und bietet 32 Gigabyte internen Speicher, während das 64-Gigabyte-Modell mit 269 Euro zu Buche schlägt.
Fazit
Gegenüber Smartphone-getriebenen Headsets wie der Samsung Gear VR oder der Google Daydream stellt die Oculus Go keine bahnbrechende technische Verbesserung dar.
Ihr Vorteil liegt größtenteils darin, dass sie das Eintauchen in virtuelle Welten einfach komfortabler macht. Es muss nicht erst umständlich ein Smartphone eingelegt und dessen Akkulaufzeit verwendet werden, die Nutzer in der Regel für wichtigere Dinge benötigen.
Der Preis der Oculus Go geht für das Gebotene absolut in Ordnung. Wer sich zunächst an das Thema Virtual Reality herantasten möchte, wird mit der Oculus Go wahrscheinlich sehr glücklich werden.
Wer technologisch das meiste aus seinem Headset herausholen möchte, wird mit der HTC Vive Pro oder der Oculus Rift wahrscheinlich glücklicher werden.
Was dem Thema Virtual Reality insgesamt noch fehlt, ist die eine Killer-App, die selbst in der Lage ist, die Hardware-Verkäufe anzukurbeln. Hier heißt es weiterhin: Abwarten. Wir werden sehen, ob es sie geben wird.