Am Dienstagabend wollten die Fraktionsvorsitzenden des Europäischen Parlaments Mark Zuckerberg in Bedrängnis bringen. Das gelang in keinem Moment. Die Gründe dafür liegen in den Statuten der EU. Eine erfolgreiche Zuckerberg-Anhörung war eigentlich von Beginn an ausgeschlossen.
90 Minuten. Mehr Zeit hatten die Fraktionsvorsitzenden des Europäischen Parlaments nicht, um Facebook-Chef Mark Zuckerberg zum Skandal rund um Cambridge Analytica und die Veruntreuung von Nutzer-Daten zu befragen.
Im Vergleich zu den Befragungen von dem US-Kongress ist das verdammt wenig Zeit. Dort hatten die Abgeordneten immerhin zwei Tage und mehrere Stunden Zeit, ihre Fragen loszuwerden.
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Zuckerberg ist der Gewinner der Zuckerberg-Anhörung
Dass weder die Befragungen in Washington noch in Brüssel zählbare Fakten hervorbrachten, könnten einige Parlamentarier in Europa sogar als Gewinn für sich verbuchen. Doch das wäre dann zu viel des Guten. Der einzige Gewinner war und ist Mark Zuckerberg.
Die Gründe dafür liegen jedoch nicht (nur) bei den Abgeordneten. Diesen attestiert beispielsweise WDR-Experte Dennis Horn eine gute Vorbereitung und kritische Fragen.
In seinem Beitrag zur Zuckerberg-Anhörung schreibt Horn: „Die EU-Politiker wirkten wirkten angriffslustiger und besser vorbereitet als ihre US-Kollegen. Der belgische liberale Politiker Guy Verhofstadt zum Beispiel fragte explizit nach den sogenannten Schattenprofilen von Menschen, die gar keine Facebook-Mitglieder sind, von denen aber trotzdem Profile gebildet werden.“
„Eine konkrete Antwort darauf gab Zuckerberg allerdings nicht“, schließt Horn im folgenden Satz.
Die Regeln der „Conference of Presidents“
Dafür gibt es zwei Gründe. Einerseits hatte Zuckerberg nach der vorangestellten Fragerunde nur noch acht Minuten, um alle Fragen zu beantworten und konnte sich deshalb gezielt die Fragen aussuchen, auf die er eine Antwort parat hatte.
Die #Zuckerberg-Anhörung läuft jetzt genau 60 Minuten:
– ca. 5 Minuten Eröffnung von @EP_President
– ca. 5 Minuten Eröffnung von Zuckerberg
– ca. 50 Minuten Monologe mit massig FragenErgebnis: null Antworten. pic.twitter.com/fQWmnVa6bB
— Tobias Gillen (@tobiasgillen) 22. Mai 2018
Andererseits ist das Scheitern im Prinzip in den Statuten der Europäischen Union verankert. Laut Aussagen des Europäischen Parlaments ist es bei einer „Conference of Presidents“ (Anhörung mit dem Parlaments-Präsidenten und Fraktionsvorsitzenden der Parteien) üblich, dass die Fragen zunächst gesammelt werden und der Angehörte anschließend gesammelt antwortet.
In ihrer Gründungszeit wollte sich Europa so gezielt von den Frage-Antwort-Anhörungen aus Amerika absetzen. Die Debattenkultur steht im Vordergrund. So ist es dann doch ein wenig verwunderlich, dass sich manche Politiker über das Prozedere aufregen.
Warum sollten für die „doch ziemlich unbedeutende(n) Befragung eines Firmenchefs die bewährten Spielregeln einfach so über den Haufen“ geschmissen werden, fragt Journalist Martin Hoffmann berechtigterweise auf Twitter.
Recht hat er! Warum soll man ein bestehendes Format plötzlich ändern? Einen Grund dafür gibt es nicht. Die richtige Frage wäre vielmehr: Warum schafft es eine wichtige, politische Institution, wie das Europäische Parlament, nicht, mehr als 90 Minuten Befragungszeit für einen Firmenboss zu erhalten, der – freundlich formuliert – sehr lax mit den Daten seiner Nutzer umgeht?