Wieso verbreiten sich falsche Nachrichten eigentlich so schnell im Internet? Wer steckt dahinter? Regierungen, Bots oder einfach unwissende Nutzer? Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben zum ersten Mal das Phänomen „Fake News“ in einer großflächig angelegten Studie untersucht.
Ob es die Zimtschneckendose ist, die im Hintern eines Mannes explodiert, illegale Wettkämpfe mit Kindern in Kitas oder islamische Grapschparties – die Liste der grob falschen Nachrichten, die sich im Internet wie ein Lauffeuer verbreiten, ist lang.
Doch wie und warum werden diese falschen Informationen eigentlich so oft und schnell geteilt und wer ist dafür verantwortlich? Genau diesen Fragen sind Forscher des MIT in einer jetzt veröffentlichen Studie nachgegangen.
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Wir müssen lernen, warum sich Unwahrheiten verbreiten
Denn auch wenn Analysen die Verbreitung von unwahren Nachrichten für viele Einzelfälle gut aufgearbeitet haben, fehlt nach Meinung der MIT-Forscher eine ausführliche Längsschnittstudie, die das Phänomen „Fake News“ erklären kann.
Sie glauben nämlich, dass wir zunächst verstehen müssen, wie und warum sich falsche Nachrichten über Social-Media-Kanäle verbreiten, um dann etwas dagegen tun zu können.
Genau deshalb haben sie die Verbreitung von insgesamt 126.000 viralen Tweets untersucht, die von drei Millionen Nutzern 4,5 Millionen Mal geteilt wurden.
Die Gerücht-Wasserfälle
Diese „Gerücht-Wasserfälle“ stammen aus dem Zeitraum von 2006 bis 2017. Einen Gerücht-Wasserfall definieren die Forscher folgendermaßen: „Ein Gerücht-Wasserfall beginnt bei Twitter, wenn ein Nutzer in einem Tweet eine Aussage macht, die einen Text, Fotos oder Links zu Online-Artikeln beinhalten kann. Andere Nutzer verbreiten dieses Gerücht wiederum, in dem sie es retweeten.“
Ein solcher Wasserfall liegt demnach vor, wenn die Anzahl der Retweets und beteiligten Nutzer sehr hoch ist und sich das Gerücht über eine lange Zeit immer weiter verbreitet.
Doch wie konnten die Forscher wissen, ob es sich bei den Gerüchten um eine wahre Geschichte oder um eine Lüge handelte? Dazu beauftragten sie sechs unabhängige Faktenprüfungs-Institute, die ein Gerücht dann jeweils übereinstimmend mit einer Sicherheit von 95 bis 98 Prozent als „falsch“ oder „wahr“ einschätzten.
Mit diesen Grundlagen machten die Wissenschaftler sich dann an die Arbeit. Dabei stellten sie recht schnell fest: Lügen verbreiten sich schneller als die Wahrheit.
Sehr viel schneller.
Lügen sind spannend, die Wahrheit ist langweilig
Es ist sogar um 70 Prozent wahrscheinlicher, dass ein User eine Lüge retweetet. Die Wahrheit dagegen braucht 20 Mal länger, um die gleiche Anzahl von Nutzern zu erreichen. Dies gilt laut Studie offenbar besonders für politische Nachrichten.
Das liegt nach Meinung der Wissenschaftler daran, dass eine Lüge interessanter, neuartiger und somit verbreitenswerter erscheint. Mit anderen Worten: Lügen sind spannend. Die Wahrheit ist langweilig.
Das ist natürlich etwas plakativ gesagt. Tatsächlich sind wir Menschen aber durchaus so gestrickt, dass wir alles, was neu ist, interessant finden.
Big Foot lebt doch? Der Mörder von John F. Kennedy ist endlich entlarvt? Das wird natürlich öfter geteilt als die Nachricht, dass die Big-Foot-Sichtung nur ein Baum war oder der angebliche Mörder von John F. Kennedy nur ins Rampenlicht wollte.
Diese Falschmeldungen sind auch deshalb so beliebt, weil sie suggerieren, dass wir unsere Weltsicht komplett neu ordnen müssen. Das klingt aufregend, spannend, revolutionär.
Auch ist es für viele Nutzer auch eine Art Statussymbol an der Spitze einer solchen revolutionären Nachrichtenwelle zu stehen. Nach dem Motto: „Was, du hast das noch gar nicht mitbekommen? Wie rückständig bist du denn?!“
Natürlich retweeten Nutzer nicht blind alle Lügenmärchen, die sie sehen. Die unwahren Nachrichten müssen einigermaßen glaubhaft herüberkommen. Was wiederum für den einzelnen User glaubhaft ist und was nicht, hängt vom jeweiligen Hintergrund und wahrscheinlich auch von der persönlichen Filterblase ab.
Wir Nutzer sind selbst Schuld
Dennoch konnten die Forscher damit auch gleich mit einem weiteren Gerücht aufräumen: Es sind nicht, wie häufig behauptet, Bots, die für die Verbreitung von „Fake News“ sorgen, sondern vor allem die menschlichen Nutzer.
Auch sind nach Meinung der Forscher weder der Seitenaufbau der sozialen Netzwerke noch die Algorithmen der Plattformen hauptverwantwortlich für die Verbreitung von falschen Gerüchten, sondern mehrheitlich wir selbst.
Sie schlagen deshalb vor, dass Regierungen mehr in Aufklärungs-Kampagnen investieren sollten, anstatt sich so sehr um Bots zu sorgen.
Falsche Gerüchte verbreiten sich nämlich nach Angaben der Forscher nicht schneller, wenn Bots involviert sind. Es ist tatsächlich vor allem die Sensationslust der Nutzer, die dafür sorgt, dass sich Lügen so schnell über Social-Media-Kanäle verbreiten.
Das sollte uns vielleicht zu denken geben, bevor wir das nächste Mal wilde Gerüchte in sozialen Netzwerken teilen.