Der Verein Digitalcourage setzt sich für mehr Datenschutz in Deutschland ein. Dafür verleiht er einmal im Jahr den Big Brother Award. Damit werden Unternehmen ausgezeichnet, die besonders viele Daten sammeln und missbräuchlich einsetzen. Doch nicht alle „Preisträger“ sind mit den Entscheidungen zufrieden.
Seit 1987 gibt es in Deutschland den Verein Digitalcourage. Er setzt sich für eine strikte Beachtung der Grundrechte und des Datenschutzes in der Bundesrepublik ein. „Wir wehren uns dagegen, dass unsere Demokratie verdatet und verkauft wird“, schreibt der Verein auf seiner Seite.
Big Brother Award: die „Gewinner“
Neben Vorträgen und Veranstaltungen will Digitalcourage vor allem durch den Big Brother Award auf angebliche Missstände im Datenschutz aufmerksam machen. Dieses Jahr wurde der Big Brother Award in sechs Kategorien vergeben.
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- Arbeitswelt: Soma Analytics für die Überwachung von Parametern zur Einschätzung des Gesundheitszustands eines Nutzers mit der Gesundheits-App Kelaa.
- PR & Marketing: Das Konzept „Smart City“ als Versuch, Bürger noch besser zu überwachen.
- Technik: Microsoft für das kaum deaktivierbare Übertragen für Diagnose-Daten bei Windows 10.
- Verwaltung: Die Software Cevisio Quartiersmanagement zur Überwachung von Bewegungen und weiteren persönlichen Informationen in Flüchtlingsunterkünften.
- Verbraucherschutz: Amazons smarter Lautsprecher Alexa für die Speicherung von Aufnahmen in der Cloud.
- Politik: Die Fraktionen von CDU und Bündnis 90 / Die Grünen in Hessen für das geplante Verfassungsschutzgesetz, das laut Digitalcourage zu tiefgreifender Überwachung von Einzelpersonen führen kann.
Kritik am Big Brother Award
Dass sich kein Unternehmen sonderlich über eine Auszeichnung wie den Big Brother Award freut, ist selbstverständlich. Dennoch gab es für die Juroren in diesem Jahr besonders starken Gegenwind.
Die Ausgezeichneten wehren sich auf mehreren Ebenen gegen die Behauptungen und Begründungen. Während Amazon klarstellt, dass alle Daten verschlüsselt sind und jederzeit vom Nutzer gelöscht werden können, betont Microsoft, dass es pro Jahr eine Milliarde US-Dollar für mehr Datenschutz investiere.
Jürgen Frömmrich, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion in Hessen, kritisierte gegenüber Spiegel Online, dass der Verein Digitalcourage vorher nicht über die Auszeichnung informiert hatte.
Noch einen Schritt weiter geht Soma Analytics. Der Gewinner der Kategorie Arbeitswelt beschwert sich ebenfalls gegenüber Spiegel Online über fehlende Informationen zur Auszeichnung. Die genannten Gründe seien veraltet und beruhen auf falschen Fakten.
„Eine einfache Nachfrage der Organisatoren hätte genügt, um dieses Missverständnis ins rechte Licht zu rücken“, äußert sich Johann Huber, Geschäftsführer von Soma Analytics, in einem Interview.
Datenschutz ist wichtig, Recherche ebenfalls
Grundsätzlich leistet der Big Brother Award wichtige Aufklärungsarbeit in puncto Datenschutz. Bei vielen Bürgern liegen wenn überhaupt nur rudimentäre Kenntnisse zum Sammeln und Einsatz von persönlichen Daten vor.
Aufgrund der hohen medialen Aufmerksamkeit sollten sich jedoch auch die Initiatoren in Zukunft noch etwas intensiver mit den beanstandeten Unternehmen beschäftigen, um falsche Interpretationen zu vermeiden.