Das ging schnell! Erst vor wenigen Monaten verkündete der Peer-to-Peer Carsharing-Anbieter „Turo“ seinen Deutschlandstart. Nun gibt es schon wieder Neuigkeiten: Ab sofort dürfen auch kommerzielle Autovermieter die Plattform nutzen. Ist das schlaue Expansion oder ein Verrat am Peer-to-Peer-Gedanken?
Denn einerseits kann Turo nun mit dem neuen erweiterten Angebot für kommerzielle Autovermieter seinen Service nun auf der ganzen Welt anbieten. Andererseits ist die Plattform, die bisher mit dem Label „reines P2P-Carsharing“ warb, … nun ja, kein reines P2P-Angebot mehr.
Was hat sich geändert?
Turos Geschäftsmodell war bisher eine Mischung zwischen Autovermietung und Carsharing. Private Autobesitzer stellen ihre Fahrzeuge kurz- oder langfristig für andere Nutzer zur Verfügung.
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Wie beim Carsharing, konnte man so als Autobesitzer so zusätzlich Geld verdienen, während man sein Auto nicht fuhr – weil es zum Beispiel zwei Wochen lang ungenutzt am Flughafen stand. Vermieter wiederum bekamen kostengünstigere Angebote mit mehr Flexibilität. Autos standen nicht unnütz in der Gegend herum.
Zudem besteht Turo darauf, dass Autobesitzer und Autovermieter sich persönlich kennenlernen. Schlüsselboxen oder automatische Autoöffnungssysteme gibt es nicht. So will Turo sich von klassischen Autovermietern unterscheiden und den direkten Austausch seiner Nutzer sowie den Aufbau einer Community fördern.
Das Konzept kam so gut an, dass das Unternehmen seit seiner Gründung 2009 rasch gewachsen ist und seit diesem Jahr auch in Deutschland verfügbar ist.
Nun hat Turo angekündigt, dass ab sofort unter dem „Commercial Host Program“ auch kommerzielle Autovermieter auf der Plattform zugelassen sind – was bisher nicht erlaubt war. Allerdings gibt es Einschränkungen.
Zum einen müssen die kommerziellen Anbieter Vermietern ihr eigenes, komplettes Versicherungspaket anbieten, sagt Deutschland-Chef Marcus Riecke: „Für Turo sind kommerzielle Anbieter die Autovermieter, die ihren Gästen eine eigene Versicherung anbieten, anstatt sich für eine Turo-Versicherung zu entscheiden. Sie müssen wenigstens die für ihr Fahrzeug, ihren Gast und den autorisierten Fahrer geltende Haftpflicht- und/oder Sachschadenversicherung anbieten. Alle kommerziellen Anbieter, die diese Anforderungen erfüllen, können sich bei Turo unter Commercial Host registrieren.“
Neues Angebot soll kleinen Autovermietern helfen
Darüber hinaus will Turo die kommerziellen Anbieter auch auf Kundenfreundlichkeit hin prüfen.
Daher glaubt Riecke auch nicht, dass die Öffnung der Plattform für kommerzielle Anbieter die klassischen großen Autovermieter anzieht: „Für Turo geht es bei den Commercial Hosts aber weniger um die großen Autovermieter wie Sixt, sondern eher um kleinere, lokale Autovermieter, die günstig und kundenfreundlich sind und mitunter auch besondere Autos haben, die man bei Sixt & Co. nicht bekommt.“
Die neue Taktik erinnert ein wenig an die Anfänge von Airbnb, als die Plattform für die Vermittlung von rein privaten Unterkünften sich auch kommerziellen Anbietern öffnete, aber stets betonte, dass es dabei um kleine, kundenorientierte Bed & Breakfasts ging und nicht um große Hotelketten.
Das muss nicht unbedingt schlecht sein, wenn das Ergebnis ein größeres Angebot für Kunden ist und den kleinen Autovermietern einen einfacheren Zugang zu Reisenden bietet, die sonst von den großen Firmen abgegriffen werden.
Kurs steht auf Expansion
Vom Verrat am Peer-to-Peer-Modell will Marcus Riecke denn auch nichts wissen: „Die Einführung des Commercial Hosts Programms ist keine Abkehr vom Peer-to-Peer Kerngeschäft. Es ist der logische Weg, um Reisenden das Turo-Angebot schnellmöglichst weltweit verfügbar zu machen.“
Womit wir auch schon bei den Expansionsplänen von Turo wären. Denn das neue Vermietungsmodell erlaubt es dem Unternehmen weltweit zu agieren. Das liegt vor allem daran, dass das P2P-Angebot spezielle Versicherungspakete erfordert, die man von Land zu Land mit verschiedenen Versicherungspartnern mühsam ausarbeiten muss.
Deshalb gibt es das Modell bisher auch nur in den USA, Kanada und Deutschland. Für das kommerzielle Programm haben sich dagegen schon Fahrzeugvermieter in 56 Ländern registriert.
Denn das kommerzielle System deckt alle Beteiligten versicherungstechnisch ab und ermöglicht Turo so recht schnell und ganz risikofrei herauszufinden, wo ihr Peer-to-Peer-Angebot wirklich gefragt ist, sagt Riecke: „Die Erfahrungen werden uns dabei helfen herauszufinden, in welchen Ländern die Nachfrage nach Carsharing am größten ist, damit wir unser P2P-Angebot dort ausweiten können.“
Der Kurs bei Turo steht also klar auf Expansion, auch wenn das reine P2P-Modell dran glauben muss. Die Investoren sind auf jeden Fall begeistert. American Express Ventures und die japanische Sumitomo-Group erhöhten die Serie D Finanzierung von auf 104 Millionen US-Dollar.
Turo verspricht sich durch die Expansion aber nicht nur mehr Investorengelder, sondern auch ein besseres Angebot für seine Kunden.
Wie findet ihr das neue Geschäftsmodell von Turo?