Bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzer sollen womöglich vom Datenleck rund um Cambridge Analytica betroffen sein – deutlich mehr als bislang angenommen. Als Reaktion darauf schränkt Facebook-Chef Mark Zuckerberg Entwicklern den Zugriff auf Nutzer-Daten ein. Die neue Taktik lautet: Einigeln.
Es wirkt ein wenig ironisch in Zeiten, in denen Facebook versucht, offener zu kommunizieren. In einem Blog-Post berichtet Mike Schroepfer, Chief Technology Officer bei Facebook, über neue Maßnahmen, die Facebook zum Schutz seiner Nutzer ergreifen will.
Und erst im vorletzten Satz fällt ihm ein zu erwähnen, dass möglicherweise 87 Millionen Menschen vom Datenleck betroffen sind. Bislang hatte Facebook eine Zahl von 50 Millionen verbreitet. Aus Deutschland sollen es laut neusten Erkenntnissen bis zu 310.000 Profile sein.
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Doch zurück zum Post vom Facebook-CTO: Insgesamt neun Maßnahmen will Facebook ergreifen. In beinahe allen Fällen kappt Facebook bei sich oder seinen Tochter-Firmen (Instagram, Facebook Messenger) die Schnittstellen.
Konkret bedeutet das: Entweder erhalten die Entwickler weniger Informationen aus den APIs des Facebook-Universums oder sie werden im Voraus einer genauen Überprüfung unterzogen.
Folgen des API-Cut im Facebook-Universum
Worum geht es dabei beispielsweise? Welche Dienste sind betroffen? Im Prinzip sind fast alle interessanten Datenquellen für Außenstehende betroffen. Das fängt damit an, dass es nicht mehr möglich ist, über die Event-API die Teilnehmer einer Veranstaltung abzugreifen.
Ebenso verschärft Facebook seine Richtlinien beim Facebook-Login. Diesen nutzen zahlreiche Drittanbieter-Apps wie Tinder, um den Anmeldeprozess für neue Nutzer zu vereinfachen. Schließlich hat ja bereits jeder einen Facebook-Account.
In Zukunft können diese Apps die folgenden Informationen nicht mehr abgreifen: religiöse und politische Ansichten, Beziehungsstatus, Freundschaftslisten, Bildungs- und Beschäftigungsstand, Fitness-Zustand sowie Aktivitäten rund um den Konsum von Büchern, Musik, Nachrichten, Videos und Spielen.
All diese Informationen haben wir bislang freiwillig zusätzlich zu unseren Profil-Informationen wie Wohnort und Alter freigegeben. Eigentlich unfassbar, oder?
Auch Instagrammer leiden unter Datenleck
Doch nicht nur auf Facebook räumt Mark Zuckerberg auf. Auch für das Tochter-Netzwerk Instagram gibt es radikale Einschnitte.
So berichteten in zahlreichen Instagram-Gruppen auf Facebook entsetzte Nutzer, dass Analyse-Tools wie Socialblade deutlich schlechtere Ergebnisse als bislang liefern. Auch unter den Entwicklern gab es viel Unmut.
Der Grund für die schlechteren Ergebnisse der Tools ist die Drosselung der maximalen API-Aufrufe pro Stunde. Von 5.000 wurde die Zahl auf 200 heruntergefahren.
In einem ausführlichen Blog-Post erklärt Instagram seine folgenden Schritte. Diese dürften einigen Entwicklern und Instagrammern überhaupt nicht gefallen.
Ab dem 31. Juli 2018 können Drittanbieter über die Schnittstelle – das betrifft sicherlich einige Bots – nicht mehr:
- Die Follower-Liste einer Person auslesen.
- Follow- und Unfollow-Verhalten von Nutzern auf Befehl des Nutzers automatisiert auslesen.
- Im Auftrag des Nutzers Kommentare auf anderen Profilen automatisch posten und löschen.
Ab dem 11. Dezember 2018 kommen folgende Regeln hinzu:
- Es ist nicht mehr möglich, Kommentare automatisiert auf dem eigenen Profil zu posten und zu löschen,
- Profil-Informationen auszulesen,
- andere Beiträge automatisiert zu liken und entliken
- sowie eine Benachrichtung zu erhalten nachdem ein Post abgesetzt wurde.
Warum die Einigel-Taktik gefährlich ist
Für alle, die immer noch auf Automatisierung setzen, sind die angekündigten Schritte sicherlich schmerzhaft – zumindest wenn die Zugriffe über die Schnittstellen erfolgen.
Auch der bessere Schutz der Nutzer ist an sich eine positive Entwicklung, die Facebook trotz allem geheuchelten Idealismus schon vor dem Datenleck hätte garantieren sollen.
Wenn jedoch die Zugriffsrechte für Dritte beschränkt werden, betrifft das nicht nur Analyse-Firmen und Werbungtreibende. Auch Forscher und öffentliche Institutionen erhalten weniger Einblicke in das Innenleben von Facebook.
Aus der Perspektive von Mark Zuckerberg ist der aktuelle Schachzug durchaus geschickt. Die Nutzer werden besser geschützt, die Kritiker zeitgleich in ihren Recherche-Möglichkeiten beschränkt. Das sollte uns zu denken geben.