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Red Bull & Co.: Multi-Club Ownership im europäischen Profifußball

Red Bull & Co.: Multi-Club Ownership im europäischen Profifußball
Screenshot KMPG
geschrieben von Philipp Ostsieker

RB Leipzig, Red Bull Leipzig, New York Red Bulls, Red Bull Brazil. „Multi-Club Ownership“ wird die Mehrfachbeteiligung von Unternehmen oder Privatpersonen an Sportkapitalgesellschaften genannt.

Dass große Unternehmen von Zeit zu Zeit kleinere Unternehmen akquirieren, ist eine bewährte Praxis in der freien Marktwirtschaft. In den letzten Jahren ist diese auch im bezahlten Fußball angekommen. Aktuelle Beispiele für Multi-Club Ownership:

  • Atlético Torque aus Uruguay ist Teil der City Football Group geworden.
  • Atlético Madrid hat in Atlético San Luis aus Mexiko investiert.
  • AS Monaco hat Cercle Brügge aus Belgien akquiriert.

Multi-Club Ownership in Europas „Big Five“-Ligen

KPMG Football Benchmark hat einen Blick auf das Thema Multi-Club Ownership in den fünf großen europäischen Liga geworfen: LaLiga, die Bundesliga, die Premier League, die Serie A sowie die Ligue 1.


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In den Neunziger Jahren waren sowohl Slavia Prag als auch AEK Athen Teil des Portfolios der English National Investment Company (ENIC). Beide Teams qualifizierten sich 1999/2000 für den UEFA Cup. Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) verbot daraufhin jedem Unternehmen oder privaten Investor die Kontrolle oder den Einfluss auf mehr als einen Klub im gleichen europäischen Wettbewerb.

National haben viele Ligen striktere Rahmenbedingungen geschaffen, die theoretisch die Integrität der Wettbewerbe erhalten sollen. In der Praxis haben diese Bedingungen viele Akteure nicht davon abgehalten, international zu expandieren. Beliebt sind insbesondere Klubs, die nicht an europäischen Wettbewerben teilnehmen oder Mitglieder anderer Verbände sind.

Europas Klubs suchen Wachstum auf allen Ebenen

Teilweise sind die Zielsetzungen der involvierten Klubs komplementär zueinander. Ein größeres Netzwerk aus Klubs kann sowohl sportlich (z.B. Scouting-Netzwerk) als auch wirtschaftlich (z.B. Kosteneffizienz, Wissensmanagement ) für Synergien sorgen. Nicht auszuschließen ist dennoch die Reaktanz der eigenen Anhänger. Nicht jeder Fan schätzt es, wenn der Einfluss eines Unternehmens zuungunsten der klassischen Klub-Interessen geht. So entstanden zuletzt sogar Konflikte innerhalb der Red Bull GmbH. In Salzburg war man nämlich nicht glücklich über die zahlreichen Transfers zum Schwesterklub in Leipzig.

Interessant ist auch das Engagement der Familie Pozzo im Fußball. Metallmagnat Gianpaolo Pozzo mischt nach eigenen Regeln im internationalen Fußball mit. Pozzo steht für intelligente Spielertransfers von meist unbekannten Talente. Die Strategie steht nicht für schnelle Siege, sondern den nachhaltigen Erfolg. Umgesetzt wird diese Strategie für drei Klubs gleichzeitig: Udinese Calcio, den FC Granada und den FC Watford. Das Klub-Netzwerk hat dazu beigetragen, Transferausgaben zu minimieren, gleichzeitig die Einnahmen zu maximieren. Spieler werden teilweise zwischen den Schwesterklubs verliehen und später zu hohen Preisen verkauft.

Akteure wie Atlético Madrid und die City Football Group (CFG) streben vor allem zusätzliches Wachstum an. Dies drückt sich darin aus, dass sie in Märkten und Ligen mit noch geringem Reifegrad aktiv sind. In den USA besitzt CFG den MLS-Klub New York City FC. In Indien sind Atlético Madrid und der AC Florenz an Teams der Indian Super League (ISL) beteiligt. Die Klubs erhoffen sich spannende Einblicke in den Markt und perspektivisch natürlich neue Einnahmequellen.

MLS & Co. als Wachstumsmärkte?

Bei allen Vorteilen ist diese Strategie für europäische Traditionsklubs nicht ohne Risiko. Ligen wie die MLS, ILS oder die australische A-League sind, etwa beim Thema Gehalt, stärker reguliert. Ziel ist das Fördern eines möglichst hohen Wettbewerbs in der Liga. Europäische Klubs, die sich sofort an der Spitze dieser Ligen festsetzen möchten, müssen sich alternative Strategien überlegen.

Der FC Barcelona zum Beispiel setzt statt der MLS auf die National Women’s Soccer League (NWSL). Die Katalanen möchten ein Fußball-Franchise gründen, das für die Klub-Marke in den USA wirbt. Dies ist nur ein Teil der US-Wachstumsstrategie von Barça.

Franchises sollen künftig zur Erhöhung der globalen Markenwahrnehmung beitragen. Für den Erfolg „auf’m Platz“ bieten die Klubs vor allem für Anteile an kleineren Klubs. Sinn und Zweck: verbesserte und kostengünstigere Suche und Akquise lokaler Fußball-Talente. Die jüngsten Beispiele von Atlético Torque (CFG), Atlético San Luis (Atlético Madrid) und Cercle Brugge (AS Monaco) untermauern dies.

Im Interview mit CNBC sagte Tom Glick, Chief Commercial Officer (CCO) der CFG: „Ich denke, es ist sehr wahrscheinlich, dass wir noch mehr tun werden. Wir schauen uns weltweit eine Reihe von Orten an.“

Im Fokus steht nun der (Fußball-)Wachstumsmarkt China. In China „werden neue Insitutionen errichtet, Schulen aufgebaut und der Fokus voll auf die Nationalmannschaft gerichtet“, so Glick.

Was macht eine Aktivität in China so wahrscheinlich? China Media Capital gehören dreizehn Prozent an der CFG gehören. Die Mehrheit hält die Abu Dhabi United Group mit 87 Prozent. Weitere Zielmärkte der Holding sind zudem Korea, Japan und Indien.

Der Präzedenzfall Red Bull

Das Beispiel Red Bull zeigt, wie ein Unternehmen ohne Fußball-Bezug in rund zehn Jahren ein erfolgreiches Multi-Club Ownership etablieren kann. Red Bull hat in das Rebranding vorhandener Vereine investiert, welche wiederum auf die globale Geschäftsstrategie einzahlen sollen. Das Modell ist hierzulande sehr umstritten.

Zusätzliche Brisanz entstand aufgrund der Situation, dass die Teams aus Leipzig und Salzburg an der Champions League 2017/18 teilnehmen werden. Die CAS entschied erst, nachdem die Saisons final abgeschlossen war. Die Red-Bull-Verantwortlichen waren von der Teilnahme beider Klubs überzeugt und sie bekamen recht.

Entscheidend war eine Regelung im „Financial Fairplay“ der UEFA. Demnach können mehrere Klubs international starten, sofern der Anteil eines Geldgebers an den Gesamteinnahmen beider Vereine unter 30 Prozent liegt. Offenbar kann die Red Bull GmbH dieser Regelung entsprechen.

Im modernen Fußball werden viele Klubs den genannten Beispielen nacheifern. Zielsetzungen können die Stärkung der eigenen Marke, Diversifizierung oder ein verbessertes Scouting sein. Meist wird im Multi-Club-Konstrukt vermutlich ein Klub im Fokus stehen. Eine wichtige Rolle kommt dabei den Gesetzgebern (CAS) und Verbänden (z.B. UEFA) zu. 2000 wurde im Fall ENIC eingegriffen. Für die aktuelle Champions-League-Saison ist ein spannender, neuer Präzedenzfall „Red Bull“ entstanden.

Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.

5 Kommentare

  • Moin Philipp,

    super spannender Beitrag! Sobald ein Investor mehrere Clubs hält, entsteht automatisch eine Art Hierarchie. Das sieht man am Beispiel RedBull ganz gut. Bis Leipzig erstklassig wurde, war die Wahrscheinlichkeit bei Salzburg am größten, sich für die europäischen Wettbewerber zu qualifizieren. Mittlerweile liegt der größte Fokus sicher bei den Sachsen.

    Dass das zu Unzufriedenheit führt, ist klar. Dennoch muss man sich vor Augen führen, dass die Clubs in den meisten Fällen auch enorm von dem Investor (wie Du beschrieben hast durch Kapital, Know-How etc.) profitiert. Das wird dann natürlich vergessen, wenn ein angehender Star den Club verlässt. Dazu wäre es vermutlich in einigen (sicher nicht in allen) Fällen aber auch gekommen, wenn der Club alleinstehend wäre.

    Liebe Grüße
    Ralf

    • Besten Dank, Ralf!

      Genau, es ist wie so oft im Leben: Wenn du (Geld-)Leistungen in Anspruch nimmst oder dich wissentlich in eine Abhängigkeit begibst, kommst du selten umher, dich den Rahmenbedingungen des Geldgebers anzupassen. Das betrifft nicht nur die sehr plakativen Beispiele wie Red Bull, sondern (wenn auch im anderen Maße) viele Traditionsklubs.