Heute erzähle ich von Wörtern, die ich körperlich spüren kann, dem besten IT-Leiter und 120 Sekunden mit Haruki Murakami, die alles verändern können. Einmal mehr geht es um unsere Aufmerksamkeit, um unsere Konzentration und um unsere Hingabe.
Es gibt keinen Autor wie Haruki Murakami. Er ist in all den Jahren, die ich lesen kann, der erste und einzige, der mir den Schlaf raubt. Der bei mir körperliche Reaktionen auslöst.
Er schafft es wie keiner, mir ein mulmiges Gefühl in die Magengegend zu setzen, meinen Puls zu beschleunigen und zu verlangsamen, mir Tränen über die Wangen rinnen zu lassen. Aktuell höre ich „Die Ermordung des Commendatore“ über Audible auf Autofahrten und beim Laufen.
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Der Murakami-Moment mit James Clear
Sich als Leser gefesselt fühlen: Ich bin sicher, viele wünschten sich eine Murakami-Pille, die es uns erlaubte, volle Aufmerksamkeit längere Zeit auf einen Gegenstand zu lenken. Es gibt viele Ratgeber, die im übertragenen Sinne solche Pillen anbieten und intensiv an ihnen forschen.
Einer davon ist James Clear, den ich immer wieder gerne lese, weil er seine Tipps in schöne Geschichten verpackt. Zuletzt kam er mit der Zwei-Minuten-Regel ums Eck, die auf zwei Säulen ruht.
- Wenn eine Aufgabe höchstens zwei Minuten verlangt, erledige sie sofort. Hände frei, Kopf frei.
Oft habe ich bis spät Murakami gelesen und wollte, als es zu spät geworden war, das Buch weglegen. Oft wollte ich nur einen Blick auf die nächsten Zeilen fallen lassen, um mich zu freuen, was mich am nächsten Tag erwartete.
Und jedes Mal packte er mich erneut mit wenigen Worten. An Schlaf nicht mehr zu denken. Ich las weiter – kein Entrinnen. Er hat mich Angst gelehrt – Angst, dass das Buch zu Ende gehen könnte.
Und dann kam der IT-Leiter
Der IT-Leiter beeindruckte mich sofort. Er verantwortet die vitalen Systeme jenes wunderbaren Mittelständlers, die unsere Volkswirtschaft verantwortungsbewusst tragen – ganz im Gegensatz zu … nein, ich mag mich jetzt gar nicht aufregen.
Er sprach klare Sätze, zeigte Emotionen, die nicht kalkuliert, aber wohl dosiert waren und ihn stärker wirken ließen. Leise fragte ich mich, wie viele Headhunter sich wohl pro Woche annapfen. Der braucht keine Fokus-Pille.
Murakami lässt seine Leser sanft treiben. Wie auf einer Luftmatratze im heimischen Pool, im warmen Licht der Spätsommersonne, um sie ohne eine Silbe der Vorwarnung mit kalter Faust in tiefsten Tiefen des Ozeans hinab zu reißen. Zu schauen, was nie ein Mensch zu schauen bekam. Einen hastigen Atemzug später scheint die Sonne und die Vögel zwitschern ihr Lied.
Der zweite Teil der Zwei-Minuten-Regel
Den zweiten Teil der Zwei-Minuten-Regel habe ich beim ersten Lesen nicht verstanden:
- Wenn Du etwas Neues anfängst, sollte es nicht länger als zwei Minuten dauern.
Sollen wir etwa nichts angehen, was länger als zwei Minuten dauert? Keineswegs. James Clear geht es ums Anfangen. Wenn du einen Aufsatz schreiben musst, nimm dir den ersten Absatz vor. Wenn du gesünder essen willst, iss ein Stück Obst. Wenn du das Bad putzen müsstest, widme dich dem Waschbecken.
Damit schneidet er große Aufgaben in kleine Stücke, die keine (oder ungleich weniger) Reaktanz auslösen. Der Trick wird offensichtlich: Wenn ich schon mal dabei bin, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich weitermache.
Da folgen wir Newton, der sagte, dass bewegte Objekte tendenziell eher in Bewegung bleiben und ruhende Objekte eher liegen bleiben. Und selbst wenn wir anfangen, zu lesen, dann eine Seite lesen (zwei Minuten!) und das Buch weglegen, haben wir immerhin eine Seite gelesen. Der große Plan: Gewohnheiten verankern.
Ja, es habe da schon ein paar Schwierigkeiten bei der großen Software-Einführung gegeben, erzählte der IT-Leiter. Technische, aber auch mentale, vor allem für jene Mitarbeiter, die in der Produktion plötzlich umdenken mussten.
Dennoch hatte er am Zeitplan festgehalten – und ihn eingehalten. Eine Frage noch: Warum er den „Go Live“ nicht verschoben hätte, um Zeit zu gewinnen? Die Antwort des besten IT-Leiters unter der Sonne: „Es ist nicht meine Aufgabe, Termine zu verschieben“.