Autonome Züge kommen. Die Frage ist nicht ob, sondern wann. Könnte damit der klassische Berufstraum vom Lokführer bald ausgeträumt sein?
So oft auch die Rede von fahrerlosen Autos ist, es ist wahrscheinlicher, dass andere Transportmittel viel eher vollautonom unterwegs sein werden. Neben autonomen Schiffen, könnte auch der Verkehr auf der Schiene schon in naher Zukunft selbstfahrend sein.
In Europa ist es das französische Unternehmen Alstom, dass in diesem Jahr erste Tests mit autonomen Zügen beginnen möchte. Dazu werde die 150 Kilometer lange „Betuweroute“ zwischen Rotterdam und Deutschland abgefahren, kündigte der Konzern an. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen Alstom, dem niederländischen Transportbetreiber Prorail und Rotterdam Rail Feeding.
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Bei den Testfahrten handelt es sich allerdings nicht um Personenzüge, sondern um Güterzüge. Alstom wird Züge des Autonomielevels 2 testen. Hierbei ist der Zug computergesteuert, der Fahrer ist aber noch mit an Bord, betätigt die Türen, startet den Zug und kann notfalls die Steuerung übernehmen.
In mehreren Stufen zur Autonomie
Wie auch bei Autos, gibt es auch beim öffentlichen Verkehrswesen eine internationale Abstufung der Automatisierungsgrade, oder „Grades of Automation“ (GoA).
Diese staffeln sich wie folgt:
Stufe 0
Die herkömmliche Fahrt basiert auf der Sicht des Fahrzeugführers. Ein Beispiel dafür ist die Straßenbahn.
Stufe 1
Auch hier regelt ein Fahrer fast alle Funktionen wie etwa Start, Stopp oder das Öffnen und Schließen der Türen. Dennoch gibt es hier einige Parameter, die über eine sogenannte Zugbeeinflussung gesteuert werden können. Dazu gehören automatisierte Funktionen wie automatisches Bremsen oder eine computergesteuerte Höchstgeschwindigkeit. Ist die Zugbeeinflussung nicht durchgängig, sondern nur punktuell, spricht man von der Stufe 1a), bei der Stufe 1b) ist die Zugbeeinflussung während der kompletten Fahrt aktiv.
Stufe 2
Diese Stufe wird auch halbautomatischer Zugbetrieb genannt. Hier übernimmt das System die Fahrt von Anfang bis Ende, allerdings ist der Fahrer noch für das Betätigen der Türen zuständig und für das Starten des Fahrzeugs. Im Notfall kann er eingreifen. Das ist die Stufe, die Alstom aktuell testet.
Stufe 3
Der Fahrer wird durch einen Zugbegleiter ausgetauscht, da das Schienenfahrzeug hier fahrerlos operiert. Der Zugbegleiter steuert immer noch die Türen und kann über ein Notfallsystem den Zug bewegen.
Stufe 4
Das ist der vollautomatische, fahrerlose Betrieb. Hier findet sich kein Personal mehr im Zug und die Fahrt wird von einem Kontrollzentrum aus fernüberwacht.
Vollautonome Züge gibt es schon – im Stadtverkehr
Auch wenn die autonomen Güterzüge von Alstom eine der ersten sind, die die Technologie außerhalb des Stadtverkehrs einsetzen – fahrerlose Schienenfahrzeuge gibt es jetzt schon.
Wenn man ganz genau sein will, sind bereits die Shuttle-Züge an Flughäfen fahrerlose Züge. Doch auch im Stadtverkehr, bei Straßen- und U-Bahnen fahren schon autonome Züge im Regelbetrieb. In Europa gibt es aktuell in acht Metropolen fahrerlose Stadtbahnen, wie etwa in Paris, Barcelona, London oder Budapest. In Deutschland ist – etwas überraschend – Nürnberg der Vorreiter in Sachen autonome Züge. Seit 2008 fährt die Linie U3 vollautonom.
Die Voraussetzung für einen fahrerlosen Betrieb sind zum Einen die Signaltechnik, die per Radar, Lidar und Kameras das Geschehen wahrnimmt und auswertet. Dann muss die Bahnanlage ans System angeschlossen sein, sodass das Ein- und Aussteigen der Fahrgäste überwacht werden kann. Um Unfälle zu vermeiden, setzen einige Städte auf Bahnsteigtüren, die sich schließen, sobald der Zug einfährt. Nürnberg arbeitet hier mit Radartechnologie. Schließlich erfordert ein autonomer Zug natürlich auch eine entsprechende Fahrzeugtechnik. Dazu gehört einmal die automatisierte Zugsicherung, die Abstände und Geschwindigkeiten überwacht sowie die automatisierte Zugsteuerung. Diese ist für die Fahrvorgänge verantwortlich.
Die Bahn wäre pünktlicher
Die fahrerlosen Züge haben einige Vorteile gegenüber den personenbetriebenen Maschinen. Zum einen sind die Fahrabläufe, von der Beschleunigung über die Geschwindigkeit bis zum Bremsen viel konstanter als bei menschlichen Fahrern. Dadurch lassen sich Ankunftszeiten sekundengenau vorhersagen. Die Bahn wäre also viel pünktlicher.
Auch sind Computersysteme viel flexibler und effizienter, weil sie in steter, präziser Kommunikation miteinander stehen. Merkt das System zum Beispiel, dass nach einem Fußballspiel mehr Züge gebraucht werden, kann es schneller reagieren. Auch können aufgrund des ständigen Informationsaustausches die Abstände zwischen den Zügen geringer gehalten werden. Dadurch fahren mehr Züge in kürzeren Abständen – und die Kapazität wird erhöht.
Darüber hinaus kommunizieren die Züge auch ihren eigenen Zustand weiter. Ist etwas kaputt oder steht eine Sicherheitskontrolle an, wird dies sofort weitergeleitet. Theoretisch können dadurch Schäden an den Zügen eher vermieden werden.
Warum fahren nicht alle Züge autonom?
Wenn die fahrerlosen Züge also so viele Vorteile haben, warum fahren dann nicht alle Züge vollautonom? Tatsächlich ist der vollautonome Schienenbetrieb im urbanen Umfeld viel einfacher. Zum einen gibt es keinen Mischverkehr aus unterschiedlichen Zügen. Zum Vergleich: Beim regionalen und überregionalen Zugverkehr gibt es allein bei den Personenzügen mehrere Hundert Eisenbahnunternehmen. In der Stadt ist zudem das Schienennetz längst nicht so komplex und die Tunnelsysteme weniger anfällig für Pannen.
Die Deutsche Bahn formuliert ihre Pläne in diesem Bereich noch sehr vorsichtig. Klar ist, dass der Konzern ein massives, milliardenschweres Digitalisierungsprogramm für den Schienenverkehr in ganz Deutschland ausgerollt hat. „Digitale Schiene Deutschland“ heißt das Vorhaben, bei dem bis 2033 33.000 Kilometer Schiene komplett digitalisiert werden sollen. Dazu möchte die Bahn das europäische Zugsicherungssystem ETCS einführen. Dieses regelt unter anderem den ICE-Verkehr auf der neuen Schnellstrecke zwischen Berlin und München.
Zu Zügen ohne Lokführer hält sich die DB allerdings noch recht bedeckt. Wenn auch – gerade angesichts von immer wiederkehrenden Streiks – nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten das Thema durchaus auf der Tagesordnung steht.
Wir werden also ganz sicher schon bald die ersten vollautonomen Güterzüge sehen. Bei Personenzügen wird dies – auch aufgrund der Sicherheitsbedenken – trotzdem sicherlich noch eine Weile dauern. Auch wer den Berufstraum Lokführer hat, muss sich keine Sorgen machen. Nach Angaben der Allianz pro Schiene fehlen den Eisenbahnunternehmen über 1.500 Lokführer.
Nur mal soviel: Durch ETCS rollt kein Zug ohne Lokführer. Das würde erst durch ATO funktionieren und das ist nicht digital. Das Güterzüge automatisiert fahren ist natärlich ebenso an den Haaren herbeigeholt wie die Frage wann denn das Fahren automatisiert werden würde. Denn 1 ist sicher, dass in naher Zukunft kein Zug im Nah- oder Fernverkehr vollautomatisch fährt. Mit autonomen U Bahnen gibt es genug Ärger und das ist keine „richtige“ Eisenbahn! Im großen Stil lässt sich das für Deutschland nicht vollständig umsetzten. Das kann mir auch keine schlecht informierte, wohnsitzlose Reporterin verkaufen.
Ich finde immer: alles genau lesen hilft unglaublich, bevor man kritisiert 😉 Niemand sagt, dass durch ETCS ein Zug ohne Lokführer rollt. Es wird ebenfalls erklärt, warum der Vergleich zw. vollautonomen Schienenfahrzeugen in der Stadt und auf der „großen“ Schiene schwierig ist. Wie schnell oder langsam etwas umgesetzt wird, hängt schließlich weniger von unseren Meinungen ab, sondern eher davon, wie viele Gelder und politischer Willen in solche Vorhaben fließen und natürlich vom Technologie-Stand. Beim konkreten Projekt von Alstom sind das einige und Autonomie-Level 2 ist schon mal recht beachtlich. Ob das im großen Stil kommt? Weiß ich nicht, habe ich nie behauptet (es sei denn „erste Züge“ heißt für dich im großen Stil). Fazit: Bleiben wir doch erstmal alle entspannt und warten ab.
Ich finde den Beitrag bzw. das Thema genauso fragwürdig!
Das fängt an bei „fahrerlos“ und endet bei der Pünktlichkeit.
Wenn ein Rzwg fahrerlos ist, dann ist das nicht positiv, sondern schlecht, wenn es nicht gerade eine Sperrfahrt oder Leerfahrt ist! Will sagen: Sie meinen wahrscheinlich „führerlos“!
Kleinigkeiten, die viel ausmachen 😉
Zur Pünktlichkeit: Lassen Sie nur einen Zug eine Unregelmäßigkeit miterleben, ob Signal, Bü, Unregelmäßigkeiten im oder am Gleis, Befehle, die geschrieben werden müssen, La´s
und und und…. werden sämtliche Züge nicht pünktlich sein, da wie viele im letzten Streckenblock ebenfalls stehen werden! Da ist die Zeit durch „schlechtes Abbremsen“ noch uninteressant gegen!
Auch die Beschleunigung muss nicht unbedingt konstanter sein beim Autonomen fahren.
Denn da hat die Gleitschutzeinrichtung auch noch ein Wörtchen mitzureden je nach Wetterlage, Industriestaubeinwirkung, etc. Dann hat sich das was mit sekundengenau, weil ich viel feinfühliger beschleunigen muss. Erst recht bei der E-Traktion mit hohem Gesamtzuggewicht! Sonst reiße ich mir alles ab bei zu viel Zugkraft…
Was ist, wenn Hilfsfahrten durchgeführt werden müssen?
Das Thema ist fragwürdig … weil? Es ist ja eine Technologie, an der aktuell geforscht wird und die Bahn definitiv einsetzen möchte. Mit fahrerlos ist gemeint – wie beim autonomen Autofahren auch – dass die Rolle des Zugführers skuzessive von Computern übernommen wird. Die Pünktlichkeit der Züge ist in der Tat ein sehr komplexes Thema. Dazu haben wir an anderer Stelle ausführlicher geschrieben. Die Ursachen für Verspätungen werden sich möglicherweise nicht ändern – auch wenn einige Fehler, wie Befehle, Gleiseinteilungen etc. auch effizienter von Computern gesteuert werden und somit verringert werden können – wohl aber das Flottenmanagement dazu. Und das wiederum kann durchaus zu pünktlicheren Zügen führen. Immer pünktlich? Das wage ich auch zu bezweifeln, aber fließender als aktuell? Durchaus möglich.
Zitat:“dass die Rolle des Zugführers skuzessive von Compurer übernommen wird.“
Achja, der Zugführer fährt den Zug.Warum schafft das kein Journalist Zugführer und Triebfahrzeugführer zu unterscheiden??! Als Eisenbahner kann man nur mit dem kopfschütteln über diesen Beitrag. Züge startet man nicht , man rüstet die auf bzw. ab. Türen werden nicht vom Tf geöffnet oder geschloßen sondern freigegeben bzw. verrigelt!
Kein Wunder ,dass kaum einer „Lokführer“ werden will dank ach so tollen Journalisten die ja Ahnung von der Materie haben und seit über 25 Jahren Eisenbahner sind.
Hallo Daniel,
danke für dein Feedback. Wenn man selbst stark in einer Materie steckt, nimmt manauch kleine Formulierungen sehr genau, das ist verständlich. Tatsächlich hilft es für den Durchschnittsleser oft, die Begriffe zu verwenden, die die meisten von ihnen auch kennen. Nichtsdestorotz, genau sein ist immer gut! Daher sind wir z.B. auch jederzeit offen für Gatbeiträge zu solchen Themen. Wenn du also mal einen Text über den Unterschied zwischen Zugführer und Triebfahrzeugführer verfassen möchtest – sehr gerne! Kontakt: post@mobilitymag.de – wir freuen uns 🙂
Solange hier einige streiten, ob es fragwürdig ist oder nicht, wurden andere heute, am 14. Februar 2019 um 16:04 Uhr in der RE1 zwischen Köln und Aachen Zeugen der folgenden Durchsage:
„Liebe Fahrgäste, da es sich bei dieser Fahrt um eine autonome Fahrt handelt, wird dieser Zug nur in Köln Ehrenfeld, Düren, Stolberg und der Endstation im Aachener Hauptbahnhof halt machen.“
Und so etwas erfährt man erst NACH der Abfahrt… Meine Meinung dazu ist klipp und klar: Man hätte uns definitiv VOR der Fahrt darüber informieren sollen, nicht währenddessen!
Oh je! Hast du denn im Endeffekt noch dein Ziel erreicht?
Die Endstation dieser Verbindung war zum Glück mein Ziel. Die haben wir mit einer Verspätung von ca. 10 Minuten dann auch erreicht. Die Fahrt verlief mit einer deutlich niedrigeren Geschwindigkeit, als üblich (subjektives Gefühl, erklärt aber auch die Verspätung trotz weniger Halte) Im Nachhinein muss ich zugeben, dass es ein anderes Fahrgefühl war, da die Beschleunigungs- und Bremsvorgänge viel sanfter verliefen. Im Bereich der „Endgeschwindigkeit“ muss die Bahn aber noch Arbeiten, da bei Erreichen dieser es mehrfach pro Sekunde zum Wechsel zwischen Beschleunigen und Verlangsamen kam. Als Folge hatten die Fahrgäste eine Ganzkörpermassage frei Haus erhalten. Im Endeffekt fand ich es nicht gerade angenehm, gezwungen worden zu sein, ein Versuchskaninchen zu spielen, war aber froh, meine insgesamt 6 Stunden lange Reise beendet zu haben 🙂
Ganzkörpermassagen??? Wenn die DB die wohl bei allen verspäteten Fahrten verteilen würde, wäre die Bahn vielleicht etwas beliebter in der Öffentlichkeit 😉 In Sachen ÖffentlichkeitsARBEIT könnte das aber wohl, nach deiner Beschreibung, besser laufen. In den USA machen die aus sowas immer Riesen-Events, sodass garantiert jeder weiß, was kommt und man sich irgendwie auch weniger als Versuchskaninchen und wohl eher als Pionier fühlt. Ob das besser ist, keine Ahnung, aber dann weiß wenigstens jeder Bescheid! Die DB fährt da wohl eher die Undercover-Schiene 😀