Die Frage scheint erstmal unsinnig. Natürlich verbrauchen Benziner und Dieselautos keinen Strom, sondern fahren mit Diesel und Benzin, während Elektroautos mit Strom betrieben werden. Klare Antwort also? Nicht ganz. Denn tatsächlich verbrauchen Autos mit Verbrennungsmotoren sehr viel mehr Strom als man denkt.
Alles begann – wie so oft in dieser Branche – mit einer Aussage von Tesla-CEO Elon Musk. In einem Interview aus dem Jahr 2011 mit dem Business Insider bestätigt Musk: „Wir haben genug Elektrizität, um alle Autos im Land anzutreiben, wenn wir aufhören würden Benzin zu veredeln.“
Ein hinkender Vergleich
Dem zugrunde liegt die Annahme, dass die Veredlung von einer Gallone Benzin (ca. 3,8 Liter) im Schnitt 5 kWh Energie benötigt. Würde diese Energie stattdessen – so die Theorie von Musk – direkt in Elektroautos gesteckt werden, würde ein Tesla Model S damit schon 20 Meilen (ca. 32 Kilometer) fahren können. Mit anderen Worten: Die Verbrennungsmotoren verbrauchen tatsächlich MEHR Strom als die Elektroautos und es wäre viel effizienter, den Energieaufwand für die Veredlung von Kraftstoff in Stromer zu stecken. Elon Musk und die Verteidiger dieser These stützen sich mit ihren Zahlen auf einen Bericht des Wissenschaftsinstituts Argonne National Laboratory aus dem Jahr 2008 – und haben für diese Aussagen auch viel Kritik einstecken müssen.
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Tatsächlich hinkt dieser Vergleich etwas. Denn erstens wird beim Veredlungsprozess tatsächlich kaum Strom genutzt, sondern Erdgas. Und zweitens beziehen sich die erwähnten 5kWh nicht auf erbrachte Leistung sondern Wärmeenergie. Die Veredlung von Erdöl hat außerdem – im Vergleich zur Stromproduktion aus einem Kohlekraftwerk – eine viel höhere Energieeffizienz. Denn beim Verbrennen von Kohle sowie beim Transportieren und Umwandeln von Strom entstehen hohe Energieverluste.
Wenn man dies alles zusammenrechnet kommt man letztlich darauf, dass der Veredlungsprozess sogar sehr viel effizienter als die Stromproduktion ist und eigentlich sehr wenig Strom verbraucht.
Vergessene Variable: Die graue Energie
Damit schien die Diskussion eigentlich beendet, für Julian Affeldt fing sie aber erst an. Affeldt ist Gründungsmitglied der Interessengemeinschaft Elektromobilität Berlin-Brandenburg und engagiert sich ebenfalls bei der Lokalen Agenda21 Kleinmachnow sowie als Energie- und Abfallberater bei BUND. In einem ausführlichen Blogeintrag, der auch in verkürzter Form im Magazin Edison erschien, stellt er nun eine neue Rechnung auf.
Denn – so die These – Verbrennungsmotoren verbrauchen, auch nach dem wir sie betanken, noch ordentlich Strom.
Grund dafür ist nach Meinung von Affeldt die sogenannte „graue Energie“. Damit meint er den Energieaufwand, der in einem Produkt steckt, bevor es überhaupt genutzt wird. Also: Wenn ein Auto mit Benzin oder Diesel fährt, braucht es neben dem Kraftstoff an sich noch viele andere Betriebsstoffe, die ein Elektroauto gar nicht oder in viel geringerem Maße benötigt. Zu diesen Betriebsstoffen gehören unter anderem Schmieröl, Ölfilter, Bremsbeläge und beim Diesel der Stickstoffneutralisierer AdBlue.
Am Beispiel AdBlue rechnet Affeldt vor, was er mit grauer Energie meint. Um nämlich AdBlue herzustellen, braucht man Harnstoff. Dieser wird, wie Affeldt es so schön formuliert, “nicht in den Millionen Toiletten der Republik gewonnen”, sondern in einem erdgasbasierten Herstellungsverfahren. Ganz ähnlich sieht es mit den anderen Betriebsstoffen aus, die Elektroautos gar nicht brauchen. Um all diese zu produzieren, braucht man fossile Energien, Rohstoffe und – ihr ahnt es schon – Strom. Um diese zum Verbraucher zu bringen, ebenfalls. Um diese einzubauen, teilweise auch.
Selbst der verfeinerte Kraftstoff, so effizient er auch gewonnen sein mag, muss von den Raffinerien transportiert werden. Dazu werden Pipelines genutzt. Für den Bau und Betrieb dieser benötigt man wiederum Strom. Und das ist erst der Anfang. Wenn man das Gedankenexperiment weiterspinnt, landet man schließlich bei den Tankstellen. Diese werden auch nachts betrieben und brauchen dafür – richtig – Strom.
Die Rechnung bleibt offen
Affeldt gibt allerdings zu, dass solche Rechnungen insgesamt sehr komplex und selten zu 100 Prozent korrekt sind, da dafür einfach exakte Daten fehlen. Dennoch wird klar: Um herauszufinden, ob Autos mit Verbrennungsmotoren oder mit Elektromotoren mehr Strom verbrauchen, müssen wir viel mehr ins Detail gehen. Ein einfacher Blick auf den Veredlungsprozess reicht nicht.
Selbst in Affeldts Auflistung fehlen wichtige Eckdaten zum Energieverbrauch von Elektroautos. Denn auch hier werden bei der Gewinnung, Produktion und dem Transport sowie der Entsorgung der Akkus ebenfalls Strom und fossile Energien genutzt.
Für ihn reicht das Gedankenexperiment aber um zu sagen: Wenn wir bis jetzt genug Strom für Verbrennungsmotoren hatten, haben wir in Zukunft auch genug Strom für Elektromotoren.
Ob jedoch Autos mit Verbrennungsmotoren oder Elektrofahrzeuge mehr Strom benötigen, bleibt weiterhin ungeklärt.
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