Voyage heißt das Start-up, das eine der ersten autonomen Taxiflotten der Welt in einem ungewöhnlichen Umfeld testet: in Rentnersiedlungen in den USA.
The Villages, Forida ist wohl nicht unbedingt der Ort, an dem man bahnbrechende technische Innovationen erwartet – und das liegt nicht nur an der antiquierten Musikwahl der Webseite. Auf 83m² leben hier etwa 125.000 Bewohner – von denen beinahe 60% über 65 Jahre alt sind.
The Villages ist damit ein typisches Rentnerparadies in Florida, und ein recht konservatives noch dazu. 98,4% der Bewohner sind weiß und zwei Drittel wählen traditionell die Republikaner. Und doch ist es gerade hier, inmitten von seniorengerechten Häusern, manikürten Rasenflächen und grünen Golfplätzen, wo gerade eine der fortschrittlichsten Technologien getestet wird: fahrerlose Autos.
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Das Ziel sind vollautonome Taxis für Senioren
Seit dem 10. Januar schickt das kalifornische Start-up Voyage eine Flotte von fahrerlosen Taxis durch The Villages. Dies ist nach einem Feldversuch in San Jose, Kalifornien bereits die zweite selbstfahrende Taxiflotte, die Voyage mit Senioren testet. Aktuell fahren lediglich einige wenige Autos die Straßen von The Villages mit älteren Fahrgästen ab.
Denn noch geht es darum, die Straßen digital zu erfassen und die Technologie Schritt für Schritt fortzuentwickeln. Die Autos sind auch noch nicht fahrerlos. Sie nutzen zwar autonome Technologien, haben aber noch einen Fahrer hinterm Lenkrad, der im Notfall eingreifen kann. In den kommenden Monaten soll das Angebot mit einem Door-To-Door-Service erweitern werden, sodass die Taxis von den Bewohnern per App bestellt werden können. Langfristig zielt Voyage auf ein Automatisierungslevel 4 ab, also einem vollautonomen Fahrzeug, ohne Fahrer und noch dazu mit On-Demand-Service.
Voyage entstand aus einer Mitarbeiter-Challenge von Udacity
Voyage ist ein Start-up, das 2017 als Spin-off der Onlinelernplattform Udacity entstanden ist. In einem Kurs für autonome Fahrzeuge hatten Mitarbeiter sich selbst eine Aufgabe gestellt. Sie wollten eine rund 50 Kilometer lange Strecke zur Hauptverkehrszeit in einem Auto ohne menschliche Eingriffe bewältigen. Nach fünf Monaten gelang dies endlich. Voyage war geboren. Einer der Experten im Team war damals Sebastian Thrun, einer der Köpfe hinter Googles autonomen Fahrerprojekten. Aufgrund von Interessenskonflikten ist er mittlerweile bei Voyage wieder ausgestiegen. Doch Thrun war derjenige, der die Idee der autonomen Taxiflotten in Rentnersiedlungen auf den Weg brachte. Umfragen unter Senioren schienen ihm Recht zu geben. Die Befragten wünschten sich bessere Mobilitätsangebote.
Seniorenresidenzen sind ideales Testfeld für autonome Fahrzeuge
Seniorenresidenzen in den USA sind in vieler Hinsicht ein idealer Testmarkt für fahrerlose Technologien. Zum einen ist der öffentliche Transport außerhalb der großen Städte beinahe nicht existent. Zum anderen sind die Entfernungen, gerade in Flächenstaaten wie Kalifornien oder Florida sehr weit. Ein Ausflug zum Supermarkt von der eigenen Wohnung und zurück kann da schon mal gut und gerne eine Stunde dauern. In der brütenden Hitze des südlichen Staates und voll beladen mit Einkäufen wäre das für niemanden besonders angenehm. Umso weniger natürlich für Senioren, weshalb viele von ihnen auf ein eigenes Auto angewiesen sind.
Das gilt nicht nur für den Wochenendeinkauf, sondern für so ziemlich alles. Für den Arztbesuch, den Frisör, das Restaurant und natürlich den Golfplatz – egal was man machen will, ohne eigenes Autos ist man beinahe aufgeschmissen. Doch genau hier beginnt schon das nächste Problem: Mit steigendem Alter wird das Autofahren immer mehr zur Herausforderung. Fahrerlose Flotten wie das Angebot von Voyage könnten daher eine große Erleichterung für Senioren sein.
Das Unternehmen ist überzeugt, dass ihr Service vielen älteren Menschen helfen könnte: „Ob wir nun Menschen mit Parkinson, Alzheimer, Sinnesbeeinträchtigungen oder einfach denen helfen, die sich unkomplizierter fortbewegen möchten – wir haben selbst gesehen, welch positive Auswirkungen autonomer Transport für Senioren haben kann.“
Hinzu kommt noch die Geographie dieser Seniorenresidenzen: Die Geschwindigkeit ist oft auf Tempo 30 begrenzt, und die bewachten Zonen bieten ein überschaubares Gebiet mit relativ übersichtlichen Fahrersituationen. Anders als etwa in der hektischen Innenstadt von Miami ist die Information, die ein fahrerloses Auto in einer solchen Seniorenzone verarbeiten muss, zum größten Teil auf langsame Autos, Fußgänger und Golfwagen begrenzt. Ideal also, um fahrerlose Technologien in einem kontrollierten Umfeld zu testen.
Akzeptant unter Senioren steigt langsam
Die größte Hürde ist aber die Akzeptanz von fahrerlosen Autos in dieser Altersgruppe. Denn nach einer Umfrage des Autobewertungsunternehmens Kelley Blue Book sind Senioren noch sehr skeptisch, wenn es darum geht in ein Auto ohne Fahrer zu steigen. Laut Kelley Blue Book sagten nur 9% der Befragten zwischen 51 und 64 Jahren, dass sie der Technologie trauen.
Davon lässt sich Voyage aber nicht beirren. Die Mitarbeiter erklären den Senioren vor Ort die Technologie und das Feedback scheint positiv. Eine der ersten Fahrgäste von Voyage, die 82jährige Molly Jackson sagte nach ihrer Testfahrt: „Ich fand es großartig. Ich hatte keine Angst.“