Fast vier Milliarden Video-Aufrufe hat Despacito schon auf YouTube generiert. Das bedeutet Platz 1 in der ewigen Rangliste. Doch wie viel Geld verdienen die Produzenten eigentlich mit dem Hit? Wir haben für euch bei Experte Tim Stickelbrucks nachgefragt.
Despacito ist mit fast vier Milliarden Aufrufen allein bei YouTube der Hit des Jahres 2017. Es gibt kaum jemanden, der den Song nicht kennt. Doch wie viel Geld lässt sich mit einem Sommerhit wie Despacito eigentlich im Digitalen durch Downloads, Streams und Co. verdienen?
Um das herauszufinden, haben wir mit Tim Stickelbrucks ein Interview geführt. Stickelbrucks ist Musikexperte und arbeitet als Managing Director bei Saint Elmo’s Entertainment in Los Angeles.
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BASIC thinking: Herr Stickelbrucks, Despacito ist nicht nur der Sommerhit des Jahres, sondern auch das erfolgreichste YouTube-Video aller Zeiten. Aktuell verzeichnet das Lied 3,9 Milliarden Aufrufe auf YouTube. Wie hoch ist der TKP (Tausenderkontaktpreis) für ein solches Video?
Tim Stickelbrucks: YouTube schüttet derzeit ungefähr 0,0007 US-Dollar pro Videoausspielung an die Musikschaffenden aus, also 0,70 US-Dollar pro 1.000 Plays.
In konkreten Zahlen: Wie viel haben die Macher des Songs also alleine ungefähr mit YouTube-Werbung verdient?
Entsprechend der Formel bewegen sich die Einnahmen der Macher des Songs ungefähr zwischen zwei und drei Millionen US-Dollar. Diese müssen aber zwischen allen Beteiligten (Label Universal Music, Verlag, Sänger, Songwriter und auch mit den Machern des populären Justin-Bieber-Remixes) geteilt werden.
Nicht nur auf YouTube ist der Song die absolute Nummer eins. Auch auf Streaming-Diensten wie Spotify gibt es keinen erfolgreicheren Song. Gibt es eine Möglichkeit, zu sehen, wie oft ein Lied dort abgespielt wurde?
Auf der Künstlerseite im Spotify-Player werden die Plays pro Song dargestellt. Aktuell sind es circa 850 Millionen für den Remix mit Justin Bieber und 675 Millionen für die Original-Version.
Zum Teil finanzieren sich die Streaming-Portale durch vorgeschaltete Werbung. Wie viel verdient der Künstler pro Abruf dabei mit?
Künstler werden bei den Streaming-Portalen üblicherweise über eine pauschale Vergütung per Play beteiligt. Bei Spotify liegt sie zum Beispiel zwischen 0,006 und 0,008 US-Dollar. Davon unabhängig gibt es aber natürlich auch Markenkooperationen zum Teil von Labels oder den Streaming-Services initiiert, die dann ganz gezielt Vorschalt-Werbung vor genau einem Künstler platzieren. Absprachen hierzu sind komplett individuell und nur schwer abzuschätzen.
Bei Spotify und anderen Diensten gibt es auch Premium-Accounts ohne Werbung.
Bei der Künstlerbeteiligung auf Spotify wird allgemein nicht unterschieden, ob ein Play auf einem Premium-Account oder im sogenannten, werbefinanzierten „free tier“ stattfindet.
Aber: Die drei großen Musikrechte-Inhaber Universal Music, Sony Music und Warner Music sind alle eher gegen Werbefinanzierung. Es kann durchaus sein, dass sich in nicht öffentlichen Absprachen – mit zum Beispiel Spotify – eine oder mehrere dieser Firmen eine andere Beteiligung an werbefinanzierten Frei-Abos hat zu sichern lassen.
Ein weiterer Vertriebsweg ist der klassische Download. Bei iTunes werden 1,29 Euro für den Download veranschlagt, bei Google ist es ähnlich. Wie viel Geld schätzen Sie wurde dadurch generiert?
Aktuell werden weltweit ungefähr zwei Millionen Downloads des Songs gezählt, die Preise variieren von Land zu Land. Generell kann man davon ausgehen, dass nach Abzug der 30 Prozent Vertriebsmarge von Apple iTunes beziehungsweise Google Play circa 90 Cent an die beteiligten Urheber (Label/Verlag/Sänger/Songwriter etc.) ausgeschüttet werden. Die jeweiligen Anteile zwischen den Beteiligten können stark variieren.
Der durchbrechende Erfolg hat auch die Werbeindustrie aufhorchen lassen. Gibt es für die Verwendung von Musik innerhalb von Werbeclips einen Festpreis?
Das wäre der Traum aller Werbetreibenden. Aber die Antwort ist leider ein schlichtes „Nein“. Im Bereich der Musik sind leider zu viele Partikularinteressen und Beteiligte am Tisch, die Rechtesituation fast immer individuell.
Es müssen Musiklabel und Verlag, die Künstler mit ihren jeweiligen Managements und Songwriter unter einem Hut gebracht. Das kann manchmal einfach sein, in der Regel ist es aber eher komplex. Zuweilen ist es eben nicht nur eine Frage des Geldes. Künstler verstehen sich selbst als eine Marke und haben in diesem Zuge durchaus auch sehr eigene Vorstellungen von der Kooperation mit einer Produktmarke.
Fallen Ihnen weitere relevante digitale Vertriebswege ein?
Da wären beispielsweise das Internet-Radio und – zumindest in den USA – digitales Satelliten-Radio wie Sirius XM.
Wenn Sie versuchen würden, einen Schätzwert für die digital generierten Einnahmen von Despacito zu nennen: Wie hoch würde dieser ausfallen?
Ich kann meine Schätzung ausschließlich auf den bekannten Streaming- und Downloadzahlen basieren – gegebenenfalls abgeschlossene direkte Markenkooperationen (deren Summe sicher auch nicht öffentlich gemacht würde) sind hier nicht berücksichtigt: Die Erlöse aus YouTube und allen übrigen Streaming-Plattformen sowie den Downloads würde ich gesamt auf circa 20 Millionen Euro schätzen.
Vielen Dank für das Gespräch.