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Goool.de & Co.: Innovations-Flops im Fußball

Goool.de & Co.: Innovations-Flops im Fußball
geschrieben von Philipp Ostsieker

Egal ob eSports, künstliche Intelligenz oder Virtual Reality, die Fußball-Branche beschäftigt sich intensiv mit neuen Innovationen. Ein progressiver Umgang mit neuen Ideen und Geschäftsmodellen ist lobenswert, eine Garantie auf Erfolg gibt es dennoch nicht. Klar, „nachher ist man immer schlauer“, aber wer erinnert sich noch an Goool.de oder Bundesliga bei Arena?

Goool.de: Der BVB als Textilhersteller

Zwischen 2000 und 2008 versuchte Borussia Dortmund als erster und bislang einziger Klub in der deutschen Fußball-Bundesliga, eine eigene Marke für Sportbekleidung zu etablieren. Goool sollten gegen die Platzhirschen Adidas, Puma und Nike in den Wettbewerb treten. Das Unternehmen Goool.de Sportswear ließ Sportbekleidung (insbesondere Fußball-Mannschaftstrikots und Trainingsbekleidung) sowie Handschuhe, Bälle und ähnliche Sportartikel produzieren und vertreiben..

Mit der Gründung der vereinseigenen Goool.de Sportswear GmbH mit Sitz in Dortmund und dem Vertriebsstart am 25. Mai 2000 verbanden die Geschäftsführer Willi Kühne (Leiter Merchandising BVB) und Michael Meier (Manager BVB) die Hoffnung, durch die Generierung von Umsätzen außerhalb des reinen Spielbetriebs unabhängiger vom sportlichen Erfolg der Lizenzspielerabteilung zu werden. Ein späterer Börsengang des Tochterunternehmens war geplant.

Wenn Goool im ersten Jahr zehn bis 15 Millionen Mark umsetzt, können wir den ,break-even-point‘ erreichen. (Willi Kühne)

In der Saison 2001/2002 verzeichnete Goool.de laut einem Bericht des kicker einen Umsatz von 4,9 Millionen Euro und einen Gewinn von 110.600 Euro. Das Geschäftsjahr 2005/2006 wurde mit einem Minus in Höhe von 1,3 Millionen Euro abgeschlossen.

Der BVB wurde vom 1. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2004 von Goool.de ausgerüstet. Ab der Saison 2004/2005 wurde Borussia Dortmund jedoch wieder durch Nike ausgestattet. Zeitweilig war Goool.de Ausrüster einiger unterklassiger Vereine, z.B. SCB Viktoria Köln, Kickers Offenbach, Dynamo Dresden. Die Deutsche Eishockey-Nationalmannschaft trug von Oktober 2003 bis Mai 2005 außerhalb des Spielfeldes Kleidung von goool.de.

Erwähnenswerte Marktanteile konnte Goool.de aber zu keinem Zeitpunkt erzielen.

Spannend aus heutiger Sicht: Viele Klubs sind ebenfalls auf der Suche nach neuen Wachstumsstrategien, um möglichst nachhaltige Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Die Vision des BVB, eine Leistung anzubieten, die sogar Liga-Wettbewerber in Anspruch nehmen könnten, ist nach wie vor spannend. Schalke 04 etwa will sich seinen „Payment-Chip im Trikotärmel“ patentieren lassen. Die Interessenten dürften zahlreich sein. Das Problem des BVB: Goool startete in einem bereits umkämpften Markt, ohne irgendeinen Mehrwert zu bieten.

Der Facebook-„Transfer“ des FC Bayern

Eine „spektakuläre Neuverpflichtung“ hatte der FC Bayern im Januar 2012 exklusiv auf seiner Homepage angekündigt. Kurz zuvor hatte Uli Hoeneß eine „richtige Bombe im Sturm“ gefordert. Genaueres sollte auf einer exklusiven Pressekonferenz auf der Facebook-Seite des Vereins bekannt gegeben werden. Dort hielten Manager Christian Nerlinger und Pressesprecher Markus Hörwick die Spannung weiter hoch. Ohne konkret zu werden, sprachen beide von einer „spektakulären Neuverpflichtung“. Auch Neuer, Robben und Co. freuten sich offenbar riesig über den neuen Star.

Die Auflösung: Kein neuer Top-Star für den FC Bayern, eigentlich nicht mal eine Neuigkeit. Das ganze war ein PR-Gag. Der neue Spieler waren nämlich: die Fans selbst, also „der zwölfte Mann“.

Das Video der Pressekonferenz war als Facebook-App so programmiert, dass am Ende in einem leeren Bild, das Nerlinger hochhielt, das Profilbild des jeweiligen Facebook-Nutzers erschien und sein Name auf einem Trikot stand. Der Fan sollte also sein eigenes Bild sehen, er selbst war „der neue Mann beim FC Bayern“.

Die Aktion war nett gemeint, die Reaktionen aber äußerst negativ. Zahlreiche Anhänger waren verärgert und ließen in etwa 4.500 Kommentaren ihren Frust heraus. Ein paar Stunden später entschuldigte sich der Klub bei seinen Fans.

Spannend aus heutiger Sicht: Interessanterweise gab es kurz Diskussionen um die Social-Media-Aktivitäten der Stars beim FC Bayern sowie den Stellenwert von Facebook an sich. Mittlerweile sind die Spieler-Posts aus dem Flieger, der Kabine oder noch vom Platz zum Standard geworden. 2012 waren einzelne Aktionen auf Facebook noch deutlich präsenter. Unterm Strich blieb bei der PK aber eher Aktionismus als Innovation, gepaart mit unglücklichem Erwartungsmanagement.

Die Bundesliga bei Arena

Der Pay-TV-Sender Arena Bundesliga übertrug in der Saison 2006/2007 alle 612 Spiele der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga live. Der Vertrag mit der DFL lief über drei Jahre bis Juli 2009. Die Rechte wurden aber schon mit Beginn der Saison 2007/2008 an den Sky-Vorgänger Premiere als Sublizenz weiterverkauft.

Trotz vergleichsweise günstiger Abo-Preise konnte Arena nur einen Bruchteil seiner Abonnentenziele erreichen. Beim Kauf der Bundesliga-Rechte im Dezember 2015 gab Arena sechs Millionen Abo-Kunden als Ziel aus. Mitte 2007 waren es aber nur 1,1 Millionen Abo-Kunden. Zur Refinanzierung der TV-Rechte hätte Arena mindestens 2,5 Millionen Abonnenten benötigt.

Arena hatte nicht nur die Bundesliga-Rechte an Premiere verkauft, sondern auch alle anderen Rechte (z.B. der spanischen Primera División). Daher wurde der Sender in der zweiten Jahreshälfte 2007 endgültig abgewickelt. Lediglich die Satellitenplattform „arenaSAT“ existierte weiter bis zum 30. September 2010.

Spannend aus heutiger Sicht: Aktuell wir der Markt für Sportrechte munter durchgemischt. Der große Knall ist noch ausgeblieben, aber die Tests von Facebook oder Amazon könnten ein Vorgeschmack auf größere Rechte-Pakete sein. In Deutschland hat sich zuletzt speziell DAZN einen Namen gemacht. Dennoch: Auch die Senkrechtstarter müssen langfristig die teuren Sportrechte refinanzieren. Sie kalkulieren hoffentlich besser als Arena vor etwa einem Jahrzehnt.

Jetzt seid ihr dran! Welche Beispiele habe ich vergessen? Kommentiert, welche Flops euch im Gedächtnis geblieben sind!

Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.

3 Kommentare

  • Super Beitrag, Philipp! Was ich auch noch spannend finde:

    Die Idee, den großen Sportmarken Konkurrenz zu machen, war an sich gar nicht schlecht. Under Armour wurde nur kurz vorher (1996) gegründet und macht jetzt ~ 5 Milliarden USD Umsatz. Das ist immerhin mehr als die gesamte Bundesliga.

    Allerdings glaube ich, dass die Mittel eines Bundesligisten – deren Fokus immer auf dem Fußballspielen liegen wird – dafür nicht ausreichen kann.

    Wichtig ist nur, dass daraus die richtigen Schlüsse gezogen werden: Innovation ist immer mit Risiko verbunden. Aber deshalb aufzuhören neue Ideen zu testen, wäre fatal. Scheitern gehört einfach dazu.