In seinen Artikeln beleuchtet Rechtsanwalt Carsten Lexa die gängisten Fehler bei Unternehmensgründungen. Diesmal: Die große Überforderung beim Start.
Im Rahmen einer Gründung kommt ziemlich schnell ziemlich viel auf den oder auf die Gründer zu: Der Steuerberater will Daten und Belege übersandt bekommen, der Notar schickt E-Mails mit Fragen und will Antworten, Behörden melden sich und vielleicht kommt plötzlich ein Brief von einem Wettbewerber, der behauptet, dass das verwendete Logo ein Recht von ihm verletzt.
Darüber hinaus machen die Mitarbeiter nicht das, was sie sollen, der Grafikdesigner kommt mit den Anzeigen nicht voran und die Lieferung des Produkts verzögert sich. Zu allem Überfluss muss noch die Umsatzsteuervoranmeldung durchgeführt werden, die Agenda für das morgige Teammeeting ist noch zu verschicken und es ist kein Kaffee mehr da…
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Die tägliche Überforderung in der Gründung
Klingt wie ein Alptraum, ist aber die Realität. Viele Gründer unterschätzen den Aufwand, den der Betrieb eines Unternehmens mit sich bringt, insbesondere wenn es sich um das erste Unternehmen handelt oder wenn man nach einer längeren Anstellung sein eigenes Unternehmen betreiben will. Denn „Unternehmen“ – das heißt für viele erst einmal „nur“ Festlegung der coolen neuen Marketingkampagne, Erzielen von Einnahmen und repräsentative Büroräume.
Was oftmals verkannt wird (und deshalb entsprechende Kosten meistens auch nicht ausreichend in einem selbstgemachten Businessplan berücksichtigt werden) sind die zusätzlichen organisatorischen und verwaltungstechnischen Leistungen, die zu erbringen sind.
Anfragen beantworten, Rechnungen schreiben, …
Ich erinnere mich noch gut an die Anfänge meiner Tätigkeit als Anwalt und insbesondere an die ersten Monate, in der ich die eigene Kanzlei startete: Ich habe damals immer erzählt, dass ich nur gut ein Drittel meiner täglichen Arbeitszeit für wirkliches anwaltliches Arbeiten aufgewandt habe (das entsprach ungefähr 4 bis 5 Stunden pro Tag).
Die restliche Zeit habe ich Anfragen beantwortet, die Kanzleiwebsite erstellt, Rechnungen geschrieben, die Kanzleiräume mit Möbeln eingerichtet, Mitarbeiter eingearbeitet, den Druck von Marketingmaterialien in Auftrag gegeben, mich auf Veranstaltungen blicken gelassen und Informationen aus den verschiedensten Bereichen gesammelt und die gewonnen Erkenntnisse möglichst für meine Kanzlei sinnvoll angewendet.
Daraus ergeben sich dann weitere Tätigkeiten. Denn bei den neuen Kontakten muss nachgefasst, potentielle Kunden müssen angerufen und das Design der neuen Visitenkarte muss noch einmal durchdacht und überarbeitet werden.
Ursachen angehen, nicht die Symptome!
Kommt dann alles zusammen, dann sind Gründer, die diese Situation nicht kennen, schnell überfordert, springen hektisch von Problem zu Problem und versuchen „schnell schnell“ eine Lösung herbeizuführen, ohne das Problem wirklich zu lösen. Oder anders: Oftmals wird, weil es schneller geht, an den Symptomen gearbeitet, aber die Ursache nicht angegangen. Bis sich dann die Probleme anhäufen, der Überblick verloren geht und man unter den Problemen begraben wird.
Gründer sollten sich also darauf vorbereiten, dass sie mehr Zeit benötigen als gedacht und dass mehr Aufgaben auf sie zukommen und mehr Entscheidungen getroffen werden müssen, als vielleicht ursprünglich angenommen – insbesondere solche, die vielleicht nicht unbedingt zum „Kern der unternehmerischen Tätigkeit“, also z.B. zur Produktentwicklung, zum Verkaufen, zu Marketingkampagnen entwickeln und Einarbeiten neuer Mitarbeiter, gerechnet werden.
Ausreichend Zeit und Sparringspartner
Ich empfehle deshalb, ausreichend Zeit einzuplanen für alles, was auf den ersten Blick nicht direkt „unternehmerisch“ anmutet, aber doch zum Unternehmen gehört, notwendig ist und auch nicht vermieden werden kann. Zudem empfehle ich dringend, sich „Sparringspartner“ zu suchen, um Themen zu besprechen, die einem auf den Nägeln brennen, insbesondere zu Prozessen, Abläufen oder Herangehensweisen.
Dieser Sparringspartner muss übrigens nicht unbedingt ein Mentor sein! Wichtig ist meiner Ansicht nach vielmehr, dass es jemand ist, der gewisse Erfahrungen hat mit Unternehmen – das kann auch ein guter Freund, die Partnerin oder Ehefrau/-mann sein. Denn viele Fragen ähneln sich, egal in welcher Branche ein Unternehmen gestartet wird.
Darüber hinaus sollte es jemand sein, der allgemein schon viel erlebt hat, damit ihn so leicht nichts aus der Ruhe bringen kann. Denn nur dann kann er oder sie mit einer gewissen Autorität den richtigen Weg aus dem Chaos weisen.
Ordnung ins Chaos bringen
Schließlich empfehle ich, konkret die verschiedenen Themen, die aufkommen, nach Prioritäten zu ordnen und dann systematisch abzuarbeiten. Hier gilt es, für sich selbst ein System zur Priorisierung und für die Abarbeitung zu entwickeln, gegebenenfalls mit externer Hilfe.
Es ist doch so: Wenn alles zusammen kommt, dann sieht man oftmals den Wald vor lauter Bäumen nicht. Geht man aber mit einem systematischen Plan die einzelnen Punkte an und arbeitet diese in Ruhe ab, dann sieht alles auf einmal nicht mehr so dramatisch aus!
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Lieber Herr Lexa,
das ist ein klasse Beitrag. Als Unternehmensberater & Coach kann ich bestätigen, dass hier die Situation bei Startups praxisnah beschrieben ist.
Nun möchte ich Ihren wertvollen Beitrag noch um ein paar Gedanken ergänzen:
Einen Businessplan zu schreiben ist üblich. Doch wird hier oft das Thema Qualifikation und persönlicher Zeiteinsatz vernachlässigt. Eine (finanzielle) Liquiditätsplanung wird zwar durchgeführt, doch keine „zeitliche Liquiditätsplanung“. Diese müsste eigentlich, insbesondere für der Anfangszeit, durchgeführt werden. Eine Qualifikationsmatrix kann auch helfen, Kompetenzengpässe, die zu Effizienzproblemen und dadurch zu zeitlichen Engpässen führen, zu antizipieren und zu vermeiden.
Des Weiteren möchte ich dringend empfehlen, auf Perfektion zu verzichten. Lieber 70 % erreichen, als 100 % nie. Es geht also NICHT darum alles was man tut richtig zu machen, sondern darum das Richtige zu tun. Doch, was ist das Richtige? Wer vor der Gründung ein solides Fundament legt (Unternehmensidentität) und weiß, was wichtig ist und worauf es ankommt (Unternehmensstrategie), kann im täglichen operativen Geschäft schnell Entscheidungen treffen, was wichtig ist und was nicht. Außerdem erleichtert dies alles ungemein die Personalführung.
Nun wünsche ich allen Gründern, die diesen Artikel hier gelesen haben, viel Erfolg mit ihrer Unternehmung und ein gutes Gelingen.
Herzliche Grüße
Gerrit Hamann
Sehr geehrter Herr Hamann,
vielen Dank für Ihren Kommentar und die wertvollen Ergänzungen. Insbesondere was Sie zu „Perfektion“ geschrieben haben, ist in meinen Augen absolut zutreffend. Ein Vorhaben muss nicht vollständig durchgeplant sein, im Vorlauf des Vorhabens ist oftmals viel Zeit zum „Nachjustieren“. Man sollte aber zumindest eine Vorstellung haben von dem, was schiefgehen kann und – ich wiederhole mich aus dem Artikel – Ansprechpartner haben, die einem als „Sparringpartner“ zur Verfügung stehen, wenn es mal „brennt“.
Mit besten Grüßen, Carsten Lexa
Stehen Gründer vor den Problemen ist meist wenig Zeit, um sich um die Ursachen zu kümmern. Im Tagesgeschäft ist man darauf fokussiert für die aktuellen Probleme Lösungen zu finden. Den Überblick zu behalten ist schwer, wenn das Adrenalin erst in den Venen ist, besonders wenn es um Rechtsstreitigkeiten geht. Ein Freund hatte vor kurzem erst einen Termin beim Rechtsanwalt, weil eine Mitarbeiterin kündigte und dem Unternehmen schaden wollte.