Tinder ist eine einzige Erfolgsgeschichte im Dating-Bereich. In wenigen Jahren hat Tinder es geschafft, das Online-Dating salonfähig zu machen – es ist jetzt nicht mehr peinlich, sondern ein Lifestyle. Wir schauen auf den Algorithmus, der über die Liebe von morgen entscheidet.
Kurz für diejenigen, die das Prinzip von Tinder (und fast allen heutigen Dating-Apps) nicht kennen: Tinder zeigt in sehr vereinfachter Form Profile kontaktfreudiger Singles (oder Nicht-Singles) in der näheren Umgebung an, die sich nach dem oberflächlichem „Hot-or-not-Prinzip“ gegenseitig bewerten.
Mit einem Links-Wisch sortiert man denjenigen aus, während mit einem Rechts-Wisch Interesse bekundet wird. Finden sich zwei übereinstimmend gut, matcht es und der Kontakt geht schriftlich in die nächste Runde. Bei Tinder findet man kein großes Drumherumreden, Schnickschnack, Firlefanz.
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Aber nach welchen Kriterien stellt Tinder Nutzer einander vor? Ist es sinnvoll, einfach so viele grüne Herzen wie möglich zu verteilen, um somit die Chancen auf ein Match zu erhöhen?
Mit Facebook wird das Tinder-Profil automatisch erstellt
Seit 2012 ist das soziale Netzwerk auf dem Markt und zählt aktuell über zwei Million Nutzer in Deutschland. Für die Anmeldung bei Tinder ist ein Facebook-Account erforderlich, wodurch die App Zugang zu allen bei Facebook hinterlegten Informationen erhält und das Profil dann automatisch erstellt.
Öffentlich einsehbar im Tinder-Account sind dann Fotos, Name, Alter, Beruf, Standort, gemeinsame Freunde sowie Gefällt-mir-Angaben – sollten sie mit denen eines anderen Nutzers übereinstimmen. Ergänzend ist es möglich, einen kurzen Profiltext und ein Lieblingslied, das mit Spotify gekoppelt ist, hinzuzufügen. Die Bilder können im Nachhinein manuell gelöscht, ergänzt und sortiert werden.
Wem die Fotos bei Tinder nicht reichen, der kann seinen Instagram-Account verknüpfen. 2015 hat sich die App um einige Bezahlfunktionen erweitert: Mit dem entsprechenden Paket können Name geändert, Alter versteckt und die Likes der anderen eingesehen werden, noch bevor man sich selbst entschieden hat.
Sonstige In-App-Käufe, wie Booster und zusätzliche Super-Likes, gibt es außerdem. Aus Datenschutz-Perspektive ist die App fragwürdig, da Identitäten quasi auf dem Silbertablett serviert werden, aber darum soll es jetzt nicht gehen. Anzunehmen ist aber, dass sich dadurch die Zahl der Fakeprofile in Grenzen hält.
Der „Elo Score“ gibt Aufschluss über die Beliebtheit der Nutzer
Ziel des ausgetüftleten Algorithmus’ ist es natürlich, möglichst viele Matches zu schaffen. Daran ist der interne „Elo Score“ maßgebend beteiligt. Er rankt die Beliebtheit der Nutzer, die wiederum an zahlreichen Faktoren gemessen wird.
Ein Teil des „Elo Scores“ ist beispielsweise der sogenannte „Desirability Score“, welcher Auskunft über die Platzierung eines Nutzers im internen Ranking anderer Nutzer gibt.
Zusätzlich wird der „Elo Score“ nicht nur mit Informationen, die Nutzer der App überlassen, gefüttert, sondern vor allem durch sie gepusht. Heißt: Wer der breiten Masse mehr Informationen zur Verfügung stellt, ist unabhängig von der Information selbst schon mal besser gestellt.
Grundsätzlich könnte man davon ausgehen, dass besonders attraktive Menschen durch ihre größere Beliebtheit bei anderen Nutzern einen höheren „Elo Score“ haben und somit wieder anderen besonders attraktiven vorgestellt werden. So soll es laut Tinder-CEO Sean Rad gegenüber der Süddeutschen Zeitung allerdings nicht ganz sein. Die berücksichtigten Faktoren seien da vielseitig.
„Mach dich rar und du bist der Star!“
Aber was genau stellt Tinder mit den Informationen nun an, die es über einen Nutzer hat und die mit in den Score einfließen? Was es mit den Hard Facts zum eigenen und gesuchten Alter sowie Interessen macht, liegt auf der Hand: Die Suchkriterien werden aufeinander abgestimmt. Aber das allein stellt natürlich noch keinen Algorithmus dar.
Entscheidend sind die Rechts- und Links-Swipes im Zusammenhang mit Uhrzeit und Standort. Dafür zählt Tinder die grünen Herzen (Rechts-Swipes), die ein Nutzer vergibt, und setzt diese dann ins Verhältnis zu den grünen Herzen, die er erhält.
Dabei erlangt das vergebene grüne Herz seine Wertigkeit auf Basis der Einschätzung der anderen Nutzer, die entweder viele oder wenige grüne Herzen zurückgeben. Es gilt also: Je weniger grüne Herzen jemand vergibt und je mehr er gleichzeitig erhält, desto wertvoller ist das einzelne Herz – um es einmal ganz pathetisch auszudrücken.
Wertigkeit lässt sich erhöhen
Es bringt also nicht viel, einfach draufloszuliken, wenn nicht viel zurück kommt. Und selbst bei einem Eins-zu-eins-Verhältnis wird das Potential des Algorithmus’ offensichtlich nicht so ausgeschöpft, als würde man einfach sparsamer mit seinen Rechts-Swipes umgehen und die Wertigkeit erhöhen, indem man ein Negativ-Verhältnis schafft.
Bei Tinder gilt also: „Mach dich rar und du bist der Star.“ Natürlich werden Nutzer, die freigiebiger mit ihren Likes sind, nicht untergraben, sie erhalten jedoch zumeist Vorschläge, die selbst nicht sehr wählerisch zu sein scheinen. Und so schließt sich der Kreis.
Standort und Zeitpunkt der Likes
Tinder bewertet außerdem die Location und die Uhrzeit, in der viele Links- oder Rechts-Swipes passieren. So ist Nutzer X am Samstagabend in seinem Lieblingsrestaurant unter Umständen gewillter, großzügiger grüne Herzen zu verteilen als Montagmorgen im Büro. Mit genauen Angaben, was dies über seine Attraktivität und den „Elo Score“ aussagt, hält sich Tinder allerdings bedeckt.
Natürlich fließen noch viele weitere Informationen und Messungen in den Algorithmus hinein, wie zum Beispiel das vermehrte Matchen mit Personen, die ein bestimmtes Interesse in einem begrenzten Zeitraum und einer besonderen Location teilen. Wie viele Varianten es davon gibt, lässt sich nicht sagen.
Öfter mal das Nutzerverhalten ändern
Zusammenfassend kann man sagen, dass der nur intern einsehbare „Elo Score“ durch Zurückhaltung steigt. Egal wann und in welchem Maß: Weniger vergebene Links-Swipes erhöhen die Attraktivität und somit den Wert.
Es kann auch nicht schaden, sein Nutzerverhalten hin und wieder etwas zu variieren und Suchkriterien zu verändern. Der Tinder-Algorithmus wird sich vielleicht mit einem größeren Spektrum an Vorschlägen revanchieren.
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