Kein Dieselverbot, Quoten für Elektroquoten und mehr Respekt auf den Straßen. Andreas Rimkus, Bundestagsabgeordneter und stellvertretender verkehrspolitischer Sprecher der SPD im Bundestag, hat klare Vorstellungen, wenn es um Elektromobilität geht. Wir haben ihn auf dem Mobility Meetup in seiner Heimatstadt Düsseldorf getroffen.
Am 22. August wurde in Düsseldorf der erste Mobility Meetup im Coworking Space „Factory Campus“ organisiert. Für eine Stadt, die sich gerne als Smart City bezeichnet und innovative Mobilität propagiert, war es auch höchste Zeit! Neben Start-ups, Experten und Mobilitätsbegeisterten war auch Andreas Rimkus zu Gast, Bundestagsabgeordneter und stellvertretender verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Wir haben mit ihm über Elektromobilität, Dieselverbot und Rowdys auf den Straßen gesprochen.
Mobility Mag: Herr Rimkus, Sie stecken gerade mitten im Wahlkampf. Da bleibt doch eigentlich wenig Zeit für Freizeitveranstaltungen: Wieso sind Sie auf diesem Mobility Meetup?
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Andreas Rimkus: Das ist ganz einfach! Erstens kenne ich den Organisator, Ralf Neuhäuser, schon seit vielen Jahren. Und zweitens interessiert mich das Thema natürlich auch und ich hatte heute Abend Zeit. So hat es ganz gut gepasst.
Sie interessiert das Thema nicht nur politisch, Sie kommen auch beruflich aus der Energiebranche…
Ich bin Elektromeister von Hause aus und baue seit 39 Jahren für die Stadtwerke Düsseldorf die Stromnetze, also alles vom Kraftwerk bis zur Steckdose.
Und dann sind Sie davon irgendwie ins Verkehrsthema hineingerutscht?
Es geht dabei natürlich auch um Sektorenkopplung. Wir werden uns Gedanken darüber machen müssen, wie wir die Energiewelt mit der Verkehrswelt zusammenbringen können. Das kennen wir ja schon von Immobilien, wo Energie beim Häuserbau schon immer ein Thema war. Dieses Themenfeld kommt jetzt immer mehr in den Bereich der Mobilität und so ist mir angeboten worden, die Sprecherfunktion der Partei zu übernehmen – und da sagt man nicht „nein“.
Das erklärt natürlich, warum Sie Sich so sehr für Elektromobilität stark machen. Ist das ihr Steckenpferd?
Ganz genau. Denn hier spielt die Sektorenkopplung eine große Rolle und ich habe dazu auch die Vorerfahrung. Ich hatte schon vor 25 Jahren eine Brennstoffzelle im Einsatz, um zu zeigen, dass es auch anders geht. Man braucht kein Notstromaggregat, um Strom zu erzeugen und kann trotzdem sauber Energie produzieren und das auch noch extrem leise.
Der Anwendungsfall war ganz simpel. Damals mussten meine Leute bei Stromausfall nachts in die Keller. Dafür braucht man Licht. Dazu haben wir etwa mit Lampen aus dem Grubenbau gearbeitet und hatten dazu noch eine dicke Batterie. Das war viel zu schwer! So haben wir nach einer anderen Lösung gesucht, die – weil es ja nachts war – auch leise sein musste. Dafür war die Brennstoffzelle ideal. Das waren meine ersten Berührungen mit Umwandlungstechnologie. Bis zur Elektromobilität war es dann nur noch ein kleiner Schritt.
Seit vier Jahren beschäftigen Sie Sich im Bundestag mit dem Thema. Wie stehen Sie denn als Befürworter der E-Mobilität zum Dieselverbot?
Davon halte ich gar nichts! Das ist absolute Vernichtung von Privatkapital. Dazu darf es nicht kommen, sondern man muss an alternativen Möglichkeiten arbeiten.
Und was wären diese?
Wir brauchen Übergangstechnologien, beispielsweise Erdgasantriebe oder Autogas. Diese Dinge müssen einfach mitgedacht werden. Ich glaube, das ist der richtige Weg: keine Vernichtung von Kapital, sondern Anreize setzen.
Darüber hinaus, müssen wir auch an einer anderen Stelle angreifen, beim ÖPNV. Ich halte es zum Beispiel für ziemlich daneben, dass wir immer noch mit Dieselbussen fahren. In Düsseldorf sind das insgesamt vielleicht 20 Motoren, die am Tag hin und her fahren. Aber diese machen 17 Prozent der NOx-Emissionen aus. Das könnte man ändern und damit könnte man zum Beispiel auch Dieselverbote verhindern.
Das Verbot wollen Sie nicht, dafür fordern Sie aber schon eine Quote für E-Fahrzeuge…
Die werden wir auch brauchen, wenn wir das EU-Ziel für 2020 von 95 Gramm CO2 pro Fahrkilometer einhalten wollen. Da werden wir auf alternative Antriebe setzen müssen. Wir brauchen Elektroantriebe, die als abgasfreie Fahrzeuge in der Stadt unterwegs sind.
Eine viel zitierte Studie aus Schweden zur Energiebilanz von Elektromobilität kam zu dem Schluss, dass die CO2-Bilanz der aktuellen Ionen-Lithium-Akkus vom Abbau der Rohstoffe bis zum Transport in die Fabriken bis zur Produktion der Batterien schlechter sei als beim Verbrennungsmotor.
Ich kenne natürlich die Studie, komme aber zu einem anderen Ergebnis. Ich sage, dass es darauf ankommt, wie lange Bauteile haltbar sind und wie lange ein Fahrzeug fährt und wie wir den überschüssigen Strom, den wir haben, über Speichertechnologien intelligent nutzen können. So wird also dieser scheinbare Nachteil der Batterien ausgeglichen. Ich plädiere auch dafür, dass wir in Deutschland eine Lithium-Ionen-Zellfabrikation bekommen.
Sie beziehen Sich vor allem darauf, dass ab einer gewissen Anzahl von gefahrenen Kilometern – über wie viele genau gehen die Meinungen auseinander – die Elektrofahrzeuge die bessere CO2-Bilanz aufweisen. Dann gehen Sie natürlich auch davon aus, dass sich Autobesitzer nicht schon vorher ein neues Auto kaufen.
Ich sehe schon die langfristigen Vorteile der Technologie. Ich halte übrigens auch wenig davon, bei Elektrofahrzeugen mit viel Gewicht herumzufahren. Diese großen Batterien müssen nicht sein. Der neue Tesla wiegt über zwei Tonnen. Das ist ein schickes Auto, sicherlich, aber muss das wirklich sein? Ich glaube nicht, dass man das braucht, das kann man doch auch anders lösen. Eine kleinere Batterie als Plug-in-Hybrid sowie eine Brennstoffzelle und Wasserstofftank als Range-Extender ist die bessere Lösung. Solche Möglichkeiten bestehen schon und solche Fahrzeuge kommen Ende des Jahres auch von deutschen Autoherstellern auf den Markt.
Damit lösen Sie aber immer noch nicht das Reichweiten-Problem der Elektroautos…
Nun ja, einerseits verlangen die Menschen sehr viel und sagen: „Ich könnte mir ein E-Auto vorstellen, wenn die Autos billiger werden, wenn ich eine Ladesäule vor der Tür stehen habe und wenn ich die Reichweitenangst verlieren kann.“
Die Politik muss natürlich im gewissen Maße eine Infrastruktur wie Ladestationen oder finanzielle Anreize schaffen. Aber irgendwo muss man dann auch eine Grenze ziehen. Denn obwohl die meisten Autofahrer fast nur in der Stadt herumfahren und fast nie so große Reichweiten brauchen, muss ihr Auto für die eine, seltene Fahrt auf der Autobahn auch das noch können.
Ist das denn so verkehrt, dass man das als Nutzer von seinem Fahrzeug erwartet?
Es gibt doch auch andere Lösungen. Sperrige Produkte kann man sich liefern lassen und für die Urlaubsfahrt kann man den Zug oder einen Mietwagen nehmen. Also nach dem Motto „das richtige Gefährt für den richtigen Zeitpunkt.“ Auch die Sharing-Economy bietet hier sehr viele Angebote. Und lassen Sie uns auch nicht die öffentlichen Verkehrsmittel in der Stadt oder die Fahrräder vergessen. Da müssen wir auch noch sehr viel weiter ausbauen.
Ich setze mich auch noch dafür ein, dass wir die Kleinstfahrzeuge mit über 6 Kilometer pro Stunde im Verkehr zugelassen bekommen, also Segways, Hoverboards oder E-Skateboards. Das wäre doch ideal für die letzte Meile!
Was fahren Sie denn eigentlich privat?
Ich habe einen fünf Jahre alten Smart, allerdings ist das leider noch ein Benziner. Ende des Jahres werde ich mir dann aber auch einen E-Smart anschaffen. Darüber hinaus habe ich noch einen E-Golf für die Arbeit und einen Elektroscooter für die Stadt und ich nutze natürlich auch die „Öffis“, aber auch alle Sharing-Systeme, von Carsharing über Bikesharing bis hin zum Scootersharing.
Da haben Sie tatsächlich schon beinahe alles ausprobiert, oder?
In der Tat! Ich würde mir allerdings zwei Sachen wünschen.
Das erste: Mein Portemonnaie platzt langsam aus allen Nähen, da ich so viele Chipkarten für all die Systeme habe. Es wäre schön, wenn man das vereinheitlichen könnte.
Das zweite:Um alle neuen Mobilitätsformen zu ermöglichen, brauchen wir gegenseitige Rücksichtnahme, vom Radfahrer bis zum Autofahrer.
Was meinen Sie damit?
Viele Radfahrer wechseln die Spur, ohne vorher über die Schultern zu blicken. Gerade wenn man E-Roller fährt, hören die Radfahrer einen ja auch nicht. Das ist ganz schön gefährlich! Also neben allem Sharing und all der E-Mobilität wäre es schön, wenn wir alle den Paragraph 1 der Straßenverkehrsordnung nicht vergessen würden: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“
Vielen Dank für das Gespräch!